Читать книгу Mörder-Paket Juli 2020: 10 Krimis für den Strand: Sammelband 9015 - A. F. Morland - Страница 36
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Sharon lachte laut. Das abgefahrene Stück machte ihr Spaß. Apfelschnaps hieß es. Auf der Bühne ging es zu, wie bei einer wilden Fete.
Gut zwanzig Schauspieler tummelten sich vor einer blutroten Kulisse: Abgerissene Penner, Transvestiten mit aufgedonnerten Frisuren und Klamotten, Punks, Typen in Nadelstreifentuch und so weiter, und so weiter.
Hinter ihnen, vor der Kulisse, zog sich ein Stacheldraht quer über die Bühne. Dahinter war ein Baum zu sehen. In seinem Geäst hing die Box, aus der die bekiffte Stimme von Axel Rose und die unverwechselbaren Klänge seiner entfesselten E-Gitarre drangen.
Auch ein paar nackte Männer und Frauen befanden sich unter dem bunten Volk auf der Bühne. Die ganze Gesellschaft tanzte zu Axel Rose′ Knockin on Heavens Door. Nur drei Männer nicht – sie trugen lange, schwarze Gewänder und starrten todernst ins Publikum hinunter.
Sharon beugte sich zu Mike, der neben ihr saß. „Sollen das Priester oder so was sein?‟, flüsterte sie.
Ihr Partner machte ein ähnlich versteinertes Gesicht wie die drei Figuren in den schwarzen Umhängen auf der Bühne. „Das sind Jesus, Mohammed und Buddha‟, flüsterte er.
Am wildesten tanzte eine Frau. Sie war in ein loses weißes Tuch gehüllt. Während ihres Tanzes öffnete sich das Tuch, und man sah ihre Brüste und das dunkle Dreieck zwischen ihren Beinen. Auf der Rückseite des Umhangs war ein Paar kleiner, goldener Flügel angenäht. Sharon hatte schnell begriffen, wen diese halbnackte Tänzerin darstellen sollte – den Erzengel Michael, der den Eingang zum Paradies bewachte.
„Gegen Eves Stück sind unsere Comics ja religiöse Erbauungsliteratur‟, kicherte Sharon in Mikes Ohr.
„Jetzt halt endlich mal die Klappe‟, fauchte ihr Partner.
„O Verzeihung.‟ Sharon mimte die Hochachtungsvolle. „Sir Michael Valezki will sich ungestörtem Kulturgenuss hingeben ...‟ Grinsend betrachtete sie den vierzigjährigen Griesgram. In den vier Jahren ihrer Zusammenarbeit hatte sie sich an seine chronisch schlechte Laune gewöhnt. Selbst wenn er die witzigsten Comics zeichnete, machte er ein Gesicht, als hätte man gerade seinen Hund vergiftet. Sharons Aufmerksamkeit konzentrierte sich wieder auf das chaotische Treiben auf der Bühne.
Der halbnackte Erzengel hatte sich inzwischen eine Drahtschere geschnappt und zerschnitt den Stacheldraht – den Zaun vor dem Paradies. Grölend strömte das bunte Volk durch die Lücke. Die drei schwarz Verhüllten schlossen sich der Menge an, aber der Erzengel stellte sich ihnen in den Weg und bedrohte sie mit der Drahtschere. „Ihr kommt hier nicht ′‚rein, bevor ihr nicht einige von euren Klugscheißereien zurücknehmt, mit denen ihr die arme Menschheit verwirrt habt ...‟
Sharons Blick fiel auf einen Mann, vier Reihen weiter vorne. Der Orientale mit der Hornbrille und dem Trenchcoat. Langsam erhob er sich. Tief gebeugt drängte er sich an den Zuschauern seiner Reihe vorbei zum Mittelgang. Die Hände in den Taschen seines Mantels vergraben ...