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Das Dilemma der Banken
ОглавлениеAuch die Banken leiden unter den Niedrigzinsen. Geld aus dem Nichts zu schöpfen und dann darauf Zinsen zu verlangen, ist eigentlich ein traumhaftes Geschäftsmodell. Doch wenn die Zinsen so gering sind, dass sie die Kosten nicht mehr decken, rechnet es sich nicht mehr. Die Aktiva der Banken, also im Wesentlichen die von ihnen vergebenen Kredite, werfen immer weniger Rendite ab. Viele Banken schreiben daher Verluste und zehren ihr Eigenkapital auf. Ihre Eigenkapitalquote – also ihr Eigenkapital dividiert durch ihre Aktiva – darf jedoch nicht weniger als acht Prozent betragen, da sie sonst Insolvenz anmelden müssten. Anstatt neue Kredite zu vergeben, müssen die Banken also eher Kredite abbauen – ansonsten besteht die Gefahr, dass ihre Eigenkapitalquote unter diese gesetzlich vorgeschriebene Grenze fällt. Die klassischen Programme der Zentralbanken zur Ankurbelung der Wirtschaft verpuffen somit, denn die Banken können das Geld der Zentralbank gar nicht in Kredite umsetzen. Das Erzeugen neuen Geldes aus dem Nichts hat daher nicht den gewünschten positiven Effekt. Die oben erwähnten Zombie-Unternehmen kommen immer schwerer an neue Kredite, wodurch sie insolvent zu werden drohen.
Hinzu kommt, dass die Politiker nach der Finanzkrise von 2008 eine Fülle neuer Regulierungsvorschriften erlassen haben, die höhere Kosten zur Folge haben. Viele Mitarbeiter in Banken und Finanzunternehmen arbeiten nicht produktiv, sondern sind nur dazu da, gesetzliche Vorschriften zu erfüllen, deren Wirkung fragwürdig ist. Ihr wichtigster Effekt ist die Verhinderung von Wettbewerb, denn nur wenige Start-ups im Finanzsektor können sich die hohen Kosten dieser Überregulierung leisten.
Die Banken stecken in einem Dilemma: Wenn die Zinsen weiterhin so niedrig bleiben, können sie auf Dauer kein Geld mit ihrem Kerngeschäft, der Kreditvergabe, machen. Doch wenn die Zentralbanken die Zinsen anheben, bekommen die Geschäftsbanken ebenfalls Probleme. Viele Kredite haben sie zu einem niedrigen Festzins vergeben, der für mehrere Jahre garantiert ist. Finanziert haben sie diese in der Regel über kurzfristige Kredite, was nicht sehr vernünftig, aber gängige Praxis ist. Steigen die Zinsen, können Banken in die Verlustzone schlittern – und zwar dann, wenn die Zinsen, die der Kreditnehmer zahlt, geringer sind als die nunmehr erhöhten Kreditkosten der Banken. Sollten die Zinsen nach Ablauf einer beispielsweise zehnjährigen Zinsbindung wieder ein normales Maß erreichen, würde sich die Zinsbelastung des Häuslebauers plötzlich drastisch erhöhen. Vermutlich würde so mancher Kreditnehmer dann zahlungsunfähig, was ebenfalls keine gute Nachricht für die Banken wäre.