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„So da wären wir“, meinte Lydie und parkte den Bus vor einem weiß gestrichenen Mehrfamilienhaus mit einer schmalen Rasenfläche davor.

„Ali, kannst du eigentlich genügend sehen?“, fragte Helga.

„Ich weiß nicht“, antwortete er. „Das Stoffgitter trübt meinen Blick. Außerdem ist mein Blickfeld verengt.“

„Bleib sitzen, ich helfe dir heraus – du darfst aber nichts mehr sagen!“ Helga öffnete die Schiebetüre und stieg aus. Unbeholfen krabbelte Ali mit ihrer Unterstützung hinterher.

Verkniffen beobachtete Lydie das Geschehen. „Jetzt erfährst du am eigenen Leib, wie ihr Scheißmänner eure Frauen quält“, zischelte sie ihm zu, bevor sie selbst ausstieg.

Ali war viel zu sehr mit den neuen Eindrücken beschäftigt, als dass er auf Lydies Worte achtete. Der Umhang, der seinen gesamten Körper umhüllte, schirmte ihn wie ein mobiles Nomadenzelt von der Außenwelt ab. ´Mann ist das unbequem`, dachte er bei sich. ´Kein Wunder, schließlich sind nur Frauen dazu bestimmt, eine Burka zu tragen. Hoffentlich zürnt mir Allah nicht zu sehr, dass ich gegen seine Ordnung verstoße. Aber ich habe keine andere Wahl.`

„Und kommst du zurecht?“, flüsterte Helga. „Die Burka ist sicher gewöhnungsbedürftig.“

„Was?“ sagte Ali. „Ich hör´ nicht mehr so gut.“

„Pscht, du sollst doch nicht mehr reden. Gib keinen Ton von dir!“

Ali nickte.

„Warte noch, Lydie geht erst mal vor zum Eingang!“

Neugierig sah sich Ali um. Nur verschwommen konnte er das gegiebelte Haus erkennen. Plötzlich vernahm er eine fremde Stimme: „Hei, ihr seid schon da, das ging ja schnell, kommt gleich rein!“

Die Eingangstür des Hauses hatte sich geöffnet und eine groß gewachsene, kräftige Frau mit rotbraunem Pferdeschwanz war herausgetreten. Während Lydie und die Frau sich gegenseitig bekannt machten, stupste Helga Ali an und zischelte „Das ist Erika, die Leiterin des Frauenhauses, die hat wenig Verständnis für deine Kultur, bei der musst du ganz besonders aufpassen. Bleib ruhig, wir regeln alles.“

Ohne ein Wort von sich zu geben, ließ sich Ali von Helga zur Eingangstür führen.

„Ich bin die Erika, ich glaube, wir haben uns schon mal gesehen“, sagte die Rothaarige mit strenger Stimme und begrüßte Helga per Handschlag. Dann musterte sie Ali mit ernster Mine. „Das ist also die orientalische Frau, die ihre Stimme verloren hat und ihre Burka nicht abnehmen will, obwohl ihr Mann es ihr befiehlt.“

´Mann oh Mann`, dachte Ali, ´, wenn die böse wird, ist das bestimmt kein Vergnügen. Aber als Wächterin über die schönen Jungfrauen des Frauenhauses ist sie sicher gut geeignet.`

„Ja“, antwortete Helga," sie ist eine ausgesprochen gläubige Muslimin und achtet die Gesetze ihrer Religion mehr als die Befehle ihres Mannes, der von seinem Glauben abgefallen ist.“

„Aha!“ Erika blickte Helga skeptisch an. „Und weshalb hat sie ihre Stimme verloren?“

„Ja, äh, warum denn? Wahrscheinlich durch den Schock, dass ihr Mann Christ geworden ist“.

„Es kann auch sein, dass sie ihre Stimme auf der Flucht verloren hat“, gab Lydie zum Besten.

„Wir wissen es nicht genau, schließlich konnte sie es uns nicht sagen,“ ergänzte Helga.

„Na ja, wie dem auch sei, hallo erst mal“, sagte Erika und streckte Ali die rechte Hand entgegen.

Sofort sagte Helga mit lauter Stimme. „Sie gibt keinem Ungläubigen die Hand.“

Erika zog die Augenbrauen nach oben. „So, so? Na ja, gehen wir mal ins Besprechungszimmer. Da können wir den Fall in Ruhe beleuchten.“

Sich mehrfach an Wände und Kanten stoßend folgte Ali den Frauen in das nüchtern eingerichtete Besprechungszimmer. Nachdem alle vier dort in der großen Sitzecke Platz genommen hatten, fragte Erika: „Wie heißt die Frau eigentlich?“

„Ehm, wie heißt sie? Aliette – halt, ich meine Alouette.“

„Alouette?“, wiederholte Erika und sah Helga skeptisch an.

„Wir nennen sie halt so“, ergänzte Lydie hastig. Ihren Namen hat sie uns aufgeschrieben, aber wir konnten ihn nicht lesen.“

„Aus welchem Land ist sie denn?“

„Äh, das wissen wir nicht so genau. Sie kann ja nicht sprechen!“

„Kann sie euch verstehen?“

„Ja, wir haben schon den Eindruck.“

„Wie seid ihr überhaupt zu ihr gekommen?“

„Eh, ja … eh, wie eigentlich?“ Helga warf Lydie einen fragenden Blick zu, worauf diese mit geheimnisvoller Mine antwortete: „Das behalten wir lieber für uns, wir wollen die Frau nicht gefährden.“

Erika kniff die Augen zusammen. „Ach so, ihr glaubt wohl, wir würden hier alles weiter erzählen? Dann verstehe ich aber nicht, weshalb die Frau bei uns unterkommen soll!“

„Okay, wir sagen´s!“, lenkte Lydie ein. „Ihre Nachbarn, Freunde von mir, hatten mitbekommen, dass bei ihnen im Haus eine Flüchtlingsfrau von ihren Mann schwer misshandelt wird. Da sie unsere Gruppe kennen, haben sie mich darüber informiert und sorgten dafür, dass uns Alouette einließ, als sie alleine war. Zu ihrer Sicherheit haben wir sie auf der Stelle mitgenommen.“

„Hat sie auch zugestimmt? Sie spricht doch nicht.“

„Ja, wir haben ihr eingehend verdeutlicht, dass sie im Frauenhaus Schutz finden würde und sie gefragt, ob sie dort Zuflucht finden möchte. Daraufhin hat sie mehrfach genickt. Stimmt´s Alouette? – Das war doch so, du hast genickt!“, wiederholte Helga mit lauter Stimme und blickte Ali aufs Gesichtsgitter. Gehorsam bewegte Ali seinen Kopf unter der Verhüllung auf und ab.

Erika runzelte die Stirn. „Na ja., wir werden gleich mehr wissen. Wir haben hier eine Flüchtlingsfrau wohnen, die ein ähnliches Schicksal hinter sich hat, wie angeblich diese Alouette. Sie heißt Samira und kommt aus dem ländlichen Absurdistan. Auch sie hat sich den Befehlen ihres Ehemannes widersetzt und wurde daraufhin von ihm geschlagen. Allerdings bekam sie Schläge, weil sie ihren Schleier abnahm und hier in Deutschland ein freies Leben führen wollte. Ich ruf sie mal her. Ach ja, nachdem das Ganze ziemlich kompliziert zu sein scheint, hole ich auch noch Gerda, meine Mitarbeiterin und Elke die Praktikantin dazu.“

Regungslos hatte Ali dem Gespräch gelauscht. Nur mit Mühe konnte er sich zurückhalten, gegen all die Lügen zu protestieren, die Helga und Lydie der Hausherrin erzählten. Um sich zu beruhigen, sprach er rosenkranzartig in Gedanken: ´Ich darf mich nicht verraten, sonst werde ich abgeschoben. Nur wenn ich still bin, kann ich in diesem Land bleiben und bekomme zweiundsiebzig Jungfrauen. Ich darf mich nicht verraten, sonst werde ich abgeschoben. Nur wenn ich still bin, kann ich in diesem Land bleiben und bekomme zweiundsiebzig Jungfrauen ...`

Plötzlich ertönte Erikas Stimme mit den Worten: „Darf ich vorstellen: Gerda und Elke.“ Angestrengt durch das Stoffgitter blickend, erkannte Ali, dass zwei Frauen eingetreten waren. „Das sind Lydie und Helga von der Flüchtlingsunterstützergruppe mit ihrer orientalischen Frau. Setzt euch zu uns. Wir führen gerade das Aufnahmegespräch. Es ist recht kompliziert, weil die Frau nicht sprechen kann und voll auf ihre Traditionen fixiert ist. Samira kommt auch gleich, ich hoffe, sie kann uns weiter helfen.“

Gemeinsam traten Gerda und Elke an die Sitzecke heran. Da Lydie ihnen sofort erklärte, dass die orientalische Frau ihre Stimme verloren habe und Ungläubigen keine Hand gäbe, nickten sie Ali nur kurz zu und sagten: „Hallo, herzlich willkommen in unserem Haus.“

Ali nickte artig zurück. Soviel nahm er nun wahr: Elke, die Frau mit den langen, blonden Haaren und der anmutigen Figur, musste eine der schönen Jungfrauen sein, die im Frauenhaus auf Helden wie ihn warteten. Gerda, die andere Frau, kam mit ihren kurzen Beinen und dem langen Hals als Frauenhausjungfrau jedoch nicht in Frage. Zu seiner Freude setzte sich die blonde Elke neben ihn auf die Couch und blickte interessiert auf ihn.

Erneut drang Erikas Stimme an sein Ohr. „Darf ich vorstellen: Samira. Samira, das sind Helga und Lydie von der Flüchtlingsunterstützungsgruppe der <Anti-rassistischen sozialistischen cooperativen Heilsfront>“. Ali drehte den Kopf und entdeckte eine weitere wunderschöne <Jungfrau> an der Tür stehen. Ebenso wie die erste <Jungfrau> war diese mit einer Jeans bekleidet, in der das gebärfreudige Becken anregend zur Geltung kam. Zu seinem Erstaunen glänzte die Haut dieser zweiten <Jungfrau> ähnlich dunkelbraun wie seine Eigene.

„Samira, wir brauchen dich“, sprach Erika weiter. „Diese total verhüllte Frau soll bei uns einziehen, aber Einiges ist noch unklar.“

Schnellen Schrittes ging Samira auf die Sitzenden zu. Dabei wippten ihre wohlgeformten Brüste unter dem eng anliegenden Sweatshirt so deutlich auf und ab, dass es Ali selbst durch das Gesichtsgitter hindurch wahrnehmen konnte. „Wau!“, entfuhr es ihm.

„Moment mal“, sagte Erika verdutzt, „die Frau hat was gesagt!“

„Ja, wirklich?“, versuchte Helga abzuwiegeln und Lydie ergänzte: „Ich habe sie nur tief schnaufen hören.“

„Ich bilde mir ein, dass sie mit dunkler Stimme <wau> gesagt hat“, meinte Gerda und nickte Erika zu.

„Was will diese Frau überhaupt bei uns?“, fragte Samira und setzte sich zu Erika.

„Sie musste aus ihrer Heimat flüchten, wie so viele“, erklärte Helga mit Nachdruck. „Und hier in Deutschland wurde sie von ihrem Mann brutal geschlagen, deshalb sucht sie im Frauenhaus Zuflucht.“

„Weshalb musste sie denn flüchten? Woher kommt sie?“

„Das wissen wir nicht genau“, erklärte Lydie. „Die Frau hat ihre Stimme verloren.“

„Wir wissen aber“, fügte Helga noch schnell an, „sie kam mit ihrem Mann, der zum Christentum übergetreten ist, nach Deutschland. Weil sie hier ihre Burka nicht abnehmen will, hat er sie mehrfach geschlagen.“

Samira runzelte die Stirn. „Die Frau ist mit ihrem Mann geflüchtet, obwohl sie selbst nicht zum Christentum übertrat?“

Helga nickte. „Ja, sie wollte ihrem islamischen Glauben und ihrem Ehemann treu bleiben.“

„Hm, klingt sehr seltsam. So etwas kann in einem islamischen Land eigentlich nicht vorkommen.“

Eindringlich sah Samira auf Alis Gesichtsgitter und sagte für Ali unverständlich: „Hal Aaffaa mina?“

„Hm, sie scheint mich nicht zu verstehen“, merkte Samira an, nachdem von Ali keine Reaktion kam.

„Was hast du zu der Frau gesagt?“, fragte Helga skeptisch. „Wir sollten sie nicht verunsichern, sie hat schon genug mitgemacht.“

„Ich habe nur auf Arabisch gefragt, ob sie mich verstehen kann“, erklärte Samira.

„Wie gesagt“, entgegnete Helga, „sie hat ihre Sprache verloren und ist stumm. Aber einfaches Deutsch scheint sie zu verstehen.“

„Hallo, kannst du mich jetzt verstehen?“, fragte Samira und sah auf Alis Gesichtsgitter.

Umgehend nickte dieser mit dem Kopf.

„Oh, sie versteht wirklich deutsch,“ bemerkte Erika. „Aber arabisch versteht sie nicht.“

„Das wäre wohl auch ein großer Zufall“, sagte Lydie, „bei all den Sprachen, die im Orient gesprochen werden.“

„Na ja, sehr viele Menschen im Orient sprechen arabisch“, entgegnete Samira und wandte sich wieder an Ali: „Dein Mann hat dich geschlagen?“

Dieser nickte.

„Weil er zum Christentum übergetreten ist und wollte, dass du deine Burka abnimmst?“

Ali nickte erneut.

„Aber hier kannst du die Burka abnehmen. In dem ganzen Haus sind nur Frauen - kein Mann wird je das Haus betreten.“

´Keine Männer im Haus?` dachte Ali. ´Es stimmt also tatsächlich, was mir die Verrückten im Bus erzählt haben.` Nur mit Mühe konnte er einen Freudenjauchzer unterdrücken.

„Hast du gehört, Alouette?“, drang Erikas strenge Stimme an sein Ohr. „In unserem Haus brauchst du keine Burka!“

Sofort mischte sich Helga ein: „Ich finde wir sollten die Frau nicht zwingen, unverhüllt ihren Körper zu präsentieren. So viel Respekt vor ihrer Religion muss schon bleiben.“

Samira warf Helga einen ernsten Blick zu. „Wenn weder Männer anwesend sind noch die Gefahr besteht, dass Männer hinzukommen, darf jede islamische Frau ihre Verhüllung abnehmen.“

„Sie wird es nicht wollen, wenn sie geschlagen wurde und sie sich ihrer Narben schämt“, entgegnete Helga.

„Gerade dann ist es sogar unsere Pflicht, sie anzusehen“, erklärte Erika mit ernster Mine. „In schweren Fällen schalten wir eine Ärztin ein, die die Verletzungen begutachtet, dokumentiert und medizinische Maßnahmen ergreift.“

„Das dürft ihr aber nicht gegen den Willen der geschundenen Frau tun!“

„Wir können es aber zur Voraussetzung machen, wenn sie aufgenommen werden will!“

„Fragen wir sie doch einfach selbst, meinte Samira. „Willst du deine Burka ausziehen?“

Ali, der Helgas Worte richtig gedeutet hatte, schüttelte heftig seinen Kopf.

„Schämst du dich?“, fragte Samira weiter.

Ali nickte.

„Weil du geschlagen wurdest und deine Wunden nicht zeigen willst?“

Ali schüttelte heftig seinen Kopf.

„Weil du deinen Körper aus religiösen Gründen niemanden zeigen willst?“

Ali nickte.

„Selbst Frauen nicht?“

Ali nickte erneut.

„Seltsam, seltsam, irgendwas stimmt hier nicht“, murmelte Samira.

„Wenn wir uns ihr anpassen, verliert sie vielleicht ihre Scham“, gab Elke zu bedenken. Auf das Gesichtsgitter von Ali blickend, fragte sie: „Willst du, dass wir uns auch komplett verschleiern?“

Ali nickte, um gleich darauf heftig seinen Kopf zu schütteln. Verschleiern sollten sich die Frauen schon, aber nur, wenn sie nach draußen gingen. Hier im Haus, wo sich keine Männer aufhielten, konnten zumindest die Schönen ihm ruhig ihre Reize zeigen.

„Lass den Blödsinn Elke!“, rüffelte Erika, „du machst die Frau ganz verrückt!“ Dann wandte sie sich Ali zu: „Willst du wirklich voll verschleiert unter all den unverschleierten Frauen leben?“

Wieder nickte Ali.

„Kommst du dir nicht komisch vor?“, fuhr Erika fort und verzog die Mundwinkel nach unten. „Du bist hier in Deutschland, da gibt es keinen Grund, wie eine Vogelscheuche herumzulaufen, schon gar nicht in einem Frauenhaus.“

„Akzeptiert doch die Frau, so wie sie ist und hackt nicht ständig auf ihr herum“, sagte Helga. „Wie ihr mit ihr umgeht, ist schon kulturrassistisch!“

Erika warf Helga einen geringschätzigen Blick zu und sagte dann zu Gerda. „Komm mal mit in mein Büro!“

Als die zwei Frauen das Zimmer verließen, überlegte Ali, ob die strenge Erika gemerkt hatte, was sich hier abspielte. Wenn dem so war, wollte sie sich nun bestimmt mit ihrer Kollegin im Büro besprechen, wie sie ihn aus seiner Notlage befreien konnten. Er schöpfte Hoffnung.

„Du Gerda“, meinte Erika im Büro angekommen. „Irgendwas ist faul an dieser Burkafrau. Das spüre ich!“

„Ich weiß nicht, heutzutage ist doch alles möglich.“

„Die ganze Geschichte stinkt zum Himmel. Auch Samira glaubt nichts davon.“

„Aber, was soll daran faul sein? - Freiwillig versteckt sich keine Frau in einem Frauenhaus!“

„Fast würde ich annehmen, unter der Burka befindet sich ein Mann.“

„Nur was bringt es ihm?“

„Er könnte versuchen, sich unerkannt bei uns einzuschleichen und sich an einer unserer Frauen zu rächen.“

„Das wäre ein raffinierter Plan. Aber, ein Mann ist gar nicht fähig, so ein Burkaschauspiel zu inszenieren. Außerdem lassen sich Helga und Lydie bestimmt nicht dafür einspannen.“

„Hm, da hast du recht. Moment mal Gerda! Ein Zuhälter ist eine Ausnahmeerscheinung, kein schlichtes Männergemüt! Ich glaube, ich habe die Lösung gefunden. Die voll verschleierte Frau ist Jeanettes Zuhälter! Du verstehst, was ich meine?“

„Oh ja, die Jeanette ist doch vom Straßenstrich zu uns geflüchtet und lebt in ständiger Angst, dass ihr Zuhälter sie aufspürt, verprügelt und wieder Anschaffen schickt. Du meinst, dieses Schwein hat sich als Burkafrau verkleidet?“

Erika nickte grimmig. „Ganz genau! Mit Unterstützung aus seinem Milieu hat er sich als geschlagene orientalische Frau inszeniert, die auf ihre Burka besteht. Auf raffinierte Weise ist es ihm gelungen, die Leute von der <Heilsfront> zu täuschen und als Schleuser in unser Haus einzuspannen.“

„Das Ganze ist so raffiniert, das können wir einem Mann gar nicht zutrauen!“

„Du musst bedenken, ein Zuhälter ist ein Ausnahmemann, einer, der sich genau mit der Psyche der Frau auskennt. Zuhälter umgeben sich stets mit Frauen; sie saugen regelrecht die Intelligenz von uns auf.“

Einen Augenblick saßen die beiden schweigend beieinander. Dann sah Gerda Erika bedeutungsvoll an und meinte: „Jetzt verstehe ich, durch weibliche Intelligenz ist Jeanettes Zuhälter auf den Trick mit der Burka gekommen. Am ganzen Körper verhüllt kann niemand erkennen, wer er ist und was er vorhat.“

Erika nickte. „Ganz genau! Deshalb vermeidet er auch, uns die brutale Männerhand zu reichen. Um sich mit seiner Stimme nicht zu verraten, tut er einfach so, als könnte er nicht sprechen.“

„Dieses Schwein!“

„Weiß du, was es mit dieser Burka noch auf sich haben wird?“

„Eh, hm ...“

„Denk mal nach Gerda, durch die Verhüllung sieht niemand, was er bei sich trägt.“

„Oh nein, mir wird ganz übel. Der Kerl ist bewaffnet und kann uns alle abknallen!“

„Aber das tut er nicht, zumindest nicht gleich. Momentan will er sich nur bei uns einschleichen. Erst wenn der Zeitpunkt für ihn günstig ist, wird er sein schändliches Vorhaben durchführen. Dann zieht er seine Waffe und zwingt Jeanette, mit ihm zu kommen.“

„Wir müssen sofort etwas unternehmen! Am besten wir rufen gleich die Polizei.“

„Nein, die Polizei rufen wir später. Erst erteilen wir diesem Schwein eine Lektion. Endlich können wir unseren neuen Anti-Vergewaltiger-Schocker einsetzen.“

Gerda zog die Augenbrauen nach oben. „Wenn, dann müssen wir ihn aber so schocken, dass er bewegungsunfähig ist. Nicht, dass er noch an seine Waffe kommt.“

Erika winkte lässig ab. „Keine Angst, nach dem Schocker kriegt er noch eins mit dem Knüppel drübergezogen. Du glaubst nicht, welch einen Genuss mir das bereiten wird.“

„Schlag aber nicht zu fest zu. Wenn er stirbt, werden wir noch bestraft.“

„Keine Sorge, ich schlage ihn nur bewusstlos!“

„Und was machen wir dann?“

„Wenn er am Boden liegt, informieren wir Jeanette, anschließend holen wir die Polizei. Damit wir keine Probleme bekommen, schildern wir den Vorgang bei der Polizei viel drastischer. Wir sagen übereinstimmend aus, dass er uns mit seiner Waffe bedrohte und zu Jeanette aufs Zimmer wollte. Erst nach einem harten Kampf wäre es uns gelungen, ihm die Waffe zu entreißen und ihn zu überwältigen.“

„Und was ist mit Jeanette? Die Polizei wird sie sicher auch befragen.“

„Ehm, wir erzählen ihr nur die Polizeiversion. Geschlagene Frauen halten oftmals zu ihrem Peiniger, wenn es diesem an den Kragen geht.“ Erika ballte eine kämpferische rechte Faust. „Wir verabreichen ihm eine Lektion, die er nie mehr vergisst! Nicht er schlägt Jeanette grün und blau, sondern wir ihn! Das wird ein wahres Vergnügen werden!“

Gerda runzelte die Stirn. „Hoffentlich geht das auch gut!“

„Entscheidend ist, dass der Schocker sofort wirkt und der Knüppel ihn außer Gefecht setzt. Hm, aber der Kerl ist von oben bis unten in Stoff gehüllt. Da kommt kaum Strom durch. Und wenn´s nicht auf Anhieb klappt, zieht der noch seine Waffe.“

„Ich hab´s!“, triumphierte Gerda. „Wir nehmen einen Bottich voll Wasser, in dem ein Wischtuch schwimmt. Ich trete damit an den Kerl heran und gebe vor, den Tisch abzuputzen. Du schleichst dich von hinten mit dem Schocker und dem Schläger an. Dann schütte ich das Wasser über ihn und du presst den Schocker auf seine nasse Klamotte. Anschließend schlägst du ihn noch mit dem Knüppel.“

Erika nickte grimmig. „Das ist eine super Idee. Der Typ wird jodeln wie ein oberbayerischer Lederhosenträger im Musikantenstadl! Komm, hol du den Wasserbottich, ich kümmere mich um die Behandlungsinstrumente.“

Indessen hatte sich bei Ali die Überzeugung durchgesetzt, Erika und Gerda träfen heimlich Vorbereitungen, um ihn als Mann in ihrem Haus aufzunehmen und ihm die ersten Jungfrauen zuzuführen. Als die Beiden wieder den Raum betraten, frohlockte er im Stillen und dachte: ´Sicher erklärt die Wärterin jetzt feierlich, dass sie mich als ehrenvollen Mann erkannt hat. Dann wird sie mich auffordern, die Burka abzunehmen und mir gleich Elke und Samira anvertrauen. Jetzt wird alles gut!`

Sabine trat mit einem Bottich voller Wasser an die Sitzgruppe heran, positionierte sich am Tisch neben Ali und meinte: „Kurze Störung, ich möchte mal die Tischplatte abwischen, zwecks der Sauberkeit!“

Interessiert richtete Ali seinen gegitterten Blick in den Bottich. Undeutlich nahm er das im Wasser schwimmende Wischtuch wahr. ´Ja, es soll richtig feierlich sein, wenn mir die Jungfrauen übergeben werden`, dachte er zufrieden. ´Wo ist denn die Wärterin?` Aus einem unbestimmten Gefühl heraus drehte er sich mühsam um und sah Erika, direkt hinter sich stehen, die Arme hinter dem Rücken verschränkt. ´Was sie wohl bei sich hat?`, fragte er sich. ´Sie steht so würdevoll da. Wahrscheinlich hat sie Schmuck besorgt, damit ich meinen Jungfrauen angemessen entgegen treten kann! Am meisten würde ich mich über eine goldene Halskette freuen, die mit zweiundsiebzig Diamantsteinchen bestückt ist. Ja, der Erzengel Immamuel hat mir nicht zu viel versprochen.`

Lächelnd drehte sich Ali wieder zu <Jungfrau> Elke hin. Auf einmal spürte er einen Schwall Wasser auf sich herniederprasseln und einen stechenden Schmerz durch seinen Körper schießen. Hinzu kam ein ohrenbetäubender, sirenenartiger Lärm, begleitet durch lautes Kreischen. In Todesangst bäumte sich Ali auf. Schon traf etwas Hartes seine Schädeldecke und schien diese zu spalten. Gerade noch hörte er Helga rufen: „Ihr seid doch verrückt, ihr wollt ihn wohl umbringen?“ Dann verlor er das Bewusstsein.

Vom Himmel abgewiesen

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