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I. Vorsatz

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Der Vorsatz umfasst nach herkömmlichem Verständnis ein Wissens- und Wollenselement in Bezug auf den pflichtwidrigen Erfolg. Im Rahmen des § 280 ist dies die haftungsbegründende Pflichtverletzung. Wie im Strafrecht genügt auch im Zivilrecht bedingter Vorsatz.


„Vorsatz“ meint Wissen und Wollen des pflichtwidrigen Erfolges, wobei es genügt, dass der Handelnde den als möglich erkannten pflichtwidrigen Erfolg billigend in Kauf nimmt.[1]

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Wegen seines Bezuges zum pflichtwidrigen Erfolg setzt der Vorsatz im Zivilrecht grundsätzlich auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit voraus (sog. Vorsatztheorie).[2] Jeder Irrtum über tatsächliche Umstände oder die Pflichtwidrigkeit schließt den Vorsatz aus.[3] Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Rechtsirrtum vermeidbar war – das ist vielmehr eine Frage des Fahrlässigkeitsvorwurfes.[4]

Beispiel

Fa. V mit Sitz in Hamburg verkauft dem K eine Hochseesegelyacht für den Einsatz an der Nordsee in Holland. 2 Monate nach Übergabe stellt sich ein produktionsbedingter Mangel heraus. K verlangt von V Nacherfüllung durch Reparatur in Amsterdam, dem derzeitigen Standort der Yacht. V erklärt sich dazu bereit, wenn K die Yacht zu ihm nach Hamburg transportieren lasse. K meint, dies sei Sache des V und mahnt die sofortige Reparatur an.

V kann sich mit seiner Pflicht zur Nacherfüllung aus §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 nur dann in Verzug befinden, wenn er die Nichtleistung trotz Mahnung zu vertreten hat, § 286 Abs. 4. Ein vorsätzliches Verschulden scheidet hier aus, da V davon ausging, die Nacherfüllung nur an seinem Sitz vornehmen zu müssen. Ob V die Rechtslage richtig beurteilt hat, richtet sich nach § 269. Danach wäre die Reparatur nur dann in Hamburg durchzuführen, wenn sich aus den Umständen nichts anderes ergibt. Hier ergeben die besonderen Umstände, dass die Yacht für den Hochseeeinsatz bestimmt war. Somit war der Leistungsort für die Nacherfüllung dort angesiedelt ist, wo sich die Sache nach ihrem vertraglich vorausgesetzten – sonst gewöhnlichen – Gebrauch befindet – hier also der Liegeplatz der Yacht.[5]

V befand sich daher in einem Rechtsirrtum. Es kommt daher allenfalls ein Verschulden in Form der Fahrlässigkeit in Betracht.[6]

Anmerkung: Anders hat der BGH mit Urteil vom 19.12.2012 entschieden.[7] In dem Fall wohnten beide Parteien in Berlin. Das gekaufte Boot war nicht für den Hochseeeinsatz bestimmt und war nur über den Winter in Usedom untergestellt. Hier hatte der Verkäufer sich zu Recht geweigert, die Reparatur in Usedom auszuführen.

Hinweis

Damit steht der zivilrechtliche Ansatz („Vorsatztheorie“) im Widerspruch zur strafrechtlichen „Schuldtheorie“. Bei einer Haftung aus § 823 Abs. 2 wegen Verletzung eines strafrechtlichen Schutzgesetzes erfordert der Vorsatz aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsordnung ausnahmsweise kein Bewusstsein der Rechtswidrigkeit (sog. „Schuldtheorie“).[8]

2. Teil VertretenmüssenC. Vertretenmüssen wegen Verschuldens des Schuldners › II. Fahrlässigkeit

Schuldrecht Allgemeiner Teil II

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