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2. Korrektur bei bestimmten Personengruppen

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Bei Jugendlichen, hilfsbedürftigen und behinderten Menschen wird das Vertretenmüssen für eigenes Verschulden nicht nur über die Zurechnungsfähigkeit nach § 276 Abs. 1 S. 2 i.V.m. §§ 827, 828 korrigiert. Vielmehr ist anerkannt, dass diese Personen sozusagen „besondere Verkehrskreise“ bilden, bei denen abgeschwächte Sorgfaltsanforderungen gelten. Diese Personen schulden nur die Sorgfalt, die andere Personen ihres Alters bzw. ihres geistigen und physischen Zustands vernünftigerweise beobachten.[23] Auch das ist kein individueller, sondern ein objektiver Maßstab, der jedoch den Sorgfaltsmaßstab zugunsten dieser Personen erheblich abschwächt.

JURIQ-Klausurtipp

Auf der Ebene „Fahrlässigkeit“ fragen Sie, ob der – objektive – Sorgfaltsmaßstab eingehalten wurde. Auf der Ebene der Zurechnungsfähigkeit nach § 276 Abs. 1 S. 2 ist dann zu fragen, ob die Person – individuell – die Einsichtsfähigkeit hatte, die Sorgfaltsmaßstäbe zu erkennen.

Beispiel[24]

Der 9 Jahre alte A und der 12 Jahre alte B beteiligen sich mit Gleichaltrigen an einem „Ritterspiel“, bei der eine Gruppe eine Mauer („Burg“) erstürmen soll, die von der anderen Gruppe verteidigt wird. Die Kinder „bewaffnen“ sich mit Holzlatten und spitzen Stöcken. A schleudert seinen Stock in den Rücken des ihm abgewandten und weglaufenden B. Als der Stock bereits durch die Luft fliegt, dreht sich der B plötzlich um und wird vom Stock im Auge getroffen. Ein Fahrlässigkeitsvorwurf im Rahmen einer Haftung des A aus § 823 Abs. 1 kommt nicht in Betracht, da Kinder im Alter des A nicht erkennen können, dass durch ein solches Spiel derartige Verletzungen hervorgerufen werden können. Gleiches gilt für das Werfen von Stöcken in den Rücken weglaufender Personen. Minderjährige in diesem Alter können üblicherweise nicht vorhersehen, dass durch plötzliches Umdrehen weglaufender Personen und dem damit verbundenen Überraschungseffekt die Gefahr besonders schwerer Schäden durch Wurfgeschosse besteht. Auf die individuelle Einsichtsfähigkeit des A nach § 828 Abs. 3 kommt es deshalb nicht mehr an. Zu denken ist aber an eine Haftung aus § 829.

2. Teil VertretenmüssenC. Vertretenmüssen wegen Verschuldens des Schuldners › III. Eigenes Verschulden bei „unnatürlichen“ Schuldnern

Schuldrecht Allgemeiner Teil II

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