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a) Formnichtigkeit beim Grundstückskaufvertrag (§ 311b Abs. 1 S. 1)

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Nach § 311b Abs. 1 S. 1 bedarf ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung. Ein ohne Beachtung dieses Formgebots geschlossener Vertrag ist nach § 125 S. 1 grundsätzlich nichtig. Allerdings kann der Formmangel dadurch geheilt werden, dass der Vertrag durch Auflassung und Eintragung im Grundbuch (vgl. § 873) erfüllt wird, § 311 Abs. 1 S. 2. Die Heilung wirkt ex nunc.[71]

Die Formvorschrift des § 311b Abs. 1 S. 1 gilt demnach für solche Kaufverträge, mit denen sich der Verkäufer zur Übereignung eines Grundstücks (Sachkauf) verpflichtet. Die Formvorschrift findet weiter auch dann Anwendung, wenn sich der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer (nur) einen Miteigentumsanteil (ebenfalls Sachkauf[72]) an dem Grundstück zu übertragen.[73] Sie gilt schließlich kraft gesetzlicher Verweisung auch für die Verpflichtung zur Übertragung bzw. zum Erwerb von Wohnungseigentum (§ 4 Abs. 3 WEG) und Erbbaurechten (vgl. §§ 1, 11 Abs. 2 ErbauRG).

Hinweis

Denken Sie daran, dass § 311b Abs. 1 zur Verwirklichung der mit dieser Vorschrift zugleich verfolgten Warn- und Beratungsfunktion[74] auf solche Verträge entsprechend angewendet wird, die zwar selbst nicht die Verpflichtung zur Übertragung oder zum Erwerb eines der vorstehend genannten Rechte zum Gegenstand haben, aber eine solche Verpflichtung indirekt begründen.[75]

Indirekte Veräußerungs- oder Erwerbspflichten begründet beispielsweise ein Vorvertrag, der die Parteien unter bestimmten Bedingungen zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages verpflichtet, oder ein Vertrag, mit dem eine Partei ein Vorkaufsrecht in Bezug auf ein Grundstück erwirbt (s. dazu §§ 463, 464).

Außerdem findet § 311b Abs. 1 entgegen § 167 Abs. 2 auf die Erteilung einer Vollmacht zum Abschluss eines unter § 311b Abs. 1 fallenden Verpflichtungsvertrages Anwendung, wenn die Vollmacht unwiderruflich erteilt wurde oder nach dem Grundverhältnis unverzüglich genutzt werden darf.[76]

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Keine Anwendung findet § 311b Abs. 1 hingegen auf solche Kaufverträge, mit denen sich der Verkäufer lediglich verpflichtet, Grundstückszubehör oder (unwesentliche) Bestandteile (vgl. §§ 93 ff.) an einem Grundstück auf den Käufer zu übertragen.[77]

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Zu den typischen Klausurproblemen an dem Prüfungspunkt „Formwirksamkeit eines Grundstückskaufvertrages“ gehört einmal die irrtümliche Falschbezeichnung („falsa demonstratio“) eines Grundstücks in der notariellen Urkunde.

Beispiel

A und B einigen sich darüber, dass A dem B eines seiner Grundstücke (Flurstück X) verkauft. Im notariell beurkundeten Kaufvertrag und in der gleichzeitig erklärten Auflassung wird das Grundstück versehentlich als „Flurstück Y“ bezeichnet, das ebenfalls dem A gehört. B wird als neuer Eigentümer des Flurstücks Y eingetragen.

In diesem Beispiel kommt eine Nichtigkeit des Kaufvertrages nach § 125 S. 1 i.V.m § 311b Abs. 1 S. 1 in Betracht, weil die objektiv beurkundete Vereinbarung (Verkauf von Flurstück Y) nicht gewollt ist und der tatsächlich vereinbarte Kaufgegenstand (Flurstück X) in der Urkunde noch nicht einmal andeutungsweise aufgeführt ist. Im Ergebnis[78] gilt aber das übereinstimmend Gewollte (Verkauf von Flurstück X), sofern immerhin das objektiv Erklärte (Verkauf von Flurstück Y) dem Formerfordernis genügt. Unterstellt man im vorhergehenden Beispiel eine im Übrigen ordnungsgemäße Beurkundung durch den Notar, ist das Flurstück X formwirksam verkauft. Der tatsächliche Wille setzt sich nach der „falsa demonstratio“-Regel also gegenüber der Bezeichnung in der Urkunde durch.

Hinweis

Auf eine Heilung gem. § 311 Abs. 1 S. 2 kommt es mangels Formnichtigkeit nicht an. Diese wäre im Übrigen auch gar nicht eingetreten, da die Eintragung beim Flurstück Y erfolgt ist und nicht beim verkauften Flurstück X!

Beachten Sie auch, dass B am Flurstück Y durch Eintragung kein Eigentum erworben hat. Insoweit fehlt eine korrespondierende Auflassung (vgl. §§ 873, 925). Denn die von A und B erklärte Auflassung bezieht sich aus den gleichen Gründen wie der Kaufvertrag wegen der falsa demonstratio-Regel auf das Flurstück X und nicht auf das Flurstück Y.

Lesen Sie bitte die Vorschriften in den §§ 19, 20, 28, 29 der Grundbuchordnung durch!

Im Beispiel kann B deshalb von A aus dem Kaufvertrag gem. § 433 Abs. 1 noch die Verschaffung von Eigentum (durch korrigierte Auflassungserklärung und Eintragungsbewilligung, vgl. §§ 19, 20, 28(!), 29 GBO) und Besitz am Flurstück X verlangen. Umgekehrt muss B dem A nach § 894 und § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 seine Buchposition am Flurstück Y durch Abgabe einer Löschungsbewilligung (§§ 19, 28, 29 GBO) wieder herausgeben.

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Die zweite klausurrelevante Konstellation betrifft die Heilung eines formnichtigen Grundstückskaufvertrages durch Auflassung und Eintragung im Grundbuch. Dieser Problemkreis ist Gegenstand des ersten Übungsfalls am Ende dieses Kapitels (s. Rn. 93 f.).

Schuldrecht Besonderer Teil I

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