Читать книгу Der Wohlstand der Nationen - Адам Смит, Adam Smith - Страница 4
Erstes Buch
Von den Ursachen der Zunahme in der Ertragskraft der Arbeit und von den Regeln, nach welchen ihr Ertrag sich naturgemäß unter die verschiedenen Volksklassen verteilt
Zweites Kapitel
Über den Trieb, der die Teilung der Arbeit veranlasst
ОглавлениеDiese Teilung der Arbeit, aus der so viele Vorteile gezogen werden, ist ursprünglich nicht das Werk menschlicher Weisheit, welche die allgemeine Wohlhabenheit, zu der es führt, vorhergesehen und bezweckt hätte. Sie ist die notwendige, obwohl sehr langsame und allmähliche Folge eines gewissen Hanges der menschlichen Natur, der keinen so ausgebreiteten Nutzen erstrebt: des Hanges zu tauschen, sich gegenseitig auszuhelfen und ein Ding gegen ein anderes zu verhandeln.
Ob dieser Hang einer jener ursprünglichen Triebe in der menschlichen Natur ist, von denen sich weiter keine Rechenschaft geben lässt, oder ob er, was wahrscheinlicher ist, die notwendige Folge des Vernunft- und Sprachvermögens ist, das zu untersuchen gehört nicht hierher. Er ist allen Menschen gemeinsam und bei keiner anderen Gattung von Tieren zu finden, die weder diesen noch irgendeine andere Art von Verträgen zu kennen scheinen. Zwei Windhunde, die den nämlichen Hasen hetzen, erwecken zuweilen den Anschein, als handelten sie in einer Art von Einverständnis. Jeder treibt ihn seinem Gefährten zu, oder sucht ihn abzufangen, wenn sein Gefährte ihn ihm zutreibt. Dies ist jedoch nicht die Folge eines Vertrages, sondern der zufälligen Konkurrenz ihrer zu gleicher Zeit auf dasselbe Ziel gerichteten Leidenschaften. Niemand hat je einen Hund mit einem andern einen gütlichen und überlegten Tausch eines Knochens gegen einen andern machen sehen. Niemand hat je ein Tier durch seine Gebärden und Naturlaute einem anderen andeuten sehen: »dies ist mein, dies dein; ich bin willens, dies für jenes zu geben.« Wenn ein Tier entweder von einem Menschen oder einem anderen Tiere etwas erlangen will, so hat es keine anderen Mittel der Überredung, als die Gunst derer zu gewinnen, deren Dienst es begehrt. Ein Junges liebkost seine Alte, und ein Hund sucht durch tausend Bewegungen die Aufmerksamkeit seines bei Tische sitzenden Herrn zu erregen, wenn er von ihm etwas zu fressen haben will. Der Mensch bedient sich bisweilen derselben Künste seinen Mitmenschen gegenüber, und wenn er kein anderes Mittel hat, sie seinen Wünschen geneigt zu machen, so sucht er durch jede mögliche knechtische und schweifwedelnde Aufmerksamkeit ihre Willfährigkeit zu gewinnen. Er hat jedoch keine Zeit, dies bei jeder Gelegenheit zu tun. In einer zivilisierten Gesellschaft bedarf er allezeit der Mitwirkung und des Beistandes vieler Menschen, während sein ganzes Leben kaum hinreicht, die Freundschaft einiger weniger Personen zu gewinnen. In fast allen anderen Tiergattungen ist jedes einzelne Tier, wenn es zur Reife gelangt ist, ganz unabhängig und bedarf in seinem Naturzustande keines anderen lebenden Wesens Beistand. Der Mensch braucht die Hilfe seiner Mitmenschen fast immer, und würde diese vergeblich von ihrem Wohlwollen allein erwarten. Er wird viel leichter Erfolg haben, wenn er ihre Eigenliebe zu seinen Gunsten interessieren und ihnen zeigen kann, dass es ihr eigener Vorteil ist, für ihn zu tun, was er von ihnen fordert. Wer einem anderen einen Handel irgendeiner Art anträgt, verfährt auf diese Weise. Gib mir dies, was ich brauche, und du sollst das haben, was du brauchst – ist der Sinn jedes solchen Anerbietens; und auf diese Weise erhalten wir voneinander den bei weitem größten Teil der guten Dienste, deren wir benötigt sind. Nicht von dem Wohlwollen des Fleischers, Brauers oder Bäckers erwarten wir unsere Mahlzeit, sondern von ihrer Bedachtnahme auf ihr eigenes Interesse. Wir wenden uns nicht an ihre Humanität, sondern an ihre Eigenliebe, und sprechen ihnen nie von unseren Bedürfnissen, sondern stets von ihren Vorteilen. Nur ein Bettler will lieber ganz vom Wohlwollen seiner Mitbürger abhängen. Und selbst ein Bettler hängt nicht völlig davon ab. Die Mildtätigkeit gutherziger Leute verschafft ihm allerdings den ganzen Fonds seiner Unterhaltsmittel. Aber obgleich diese Triebfeder ihn schließlich mit allen seinen Lebensbedürfnissen versorgt, versieht sie ihn doch nicht und kann sie ihn nicht so damit versehen, wie es sein Bedürfnis erheischt. Der größere Teil seines gelegentlichen Bedarfs wird ebenso wie der anderer Leute beschafft, durch Übereinkommen, Tausch und Kauf. Mit dem Gelde, was ihm der eine gibt, kauft er Nahrung. Die alten Kleider, die ihm ein anderer schenkt, vertauscht, er gegen andere alte Kleider, die ihm besser passen, oder gegen Wohnung, Lebensmittel oder Geld, mit dem er je nach Bedarf ebenso wohl Lebensmittel, wie neue Kleider oder Wohnung kaufen kann.
Wie wir durch Übereinkommen, Tausch und Kauf voneinander den größten Teil der gegenseitigen guten Dienste, deren wir bedürfen, gewinnen, so gibt dieselbe Neigung zum Tauschen ursprünglich Veranlassung zur Teilung der Arbeit. In einem Jäger- oder Hirtenstamm macht z. B. irgendeiner Bogen und Pfeile schneller und geschickter als ein anderer. Er vertauscht sie oft gegen zahmes Vieh oder Wildbret mit seinen Gefährten und findet schließlich, dass er auf diese Weise mehr Vieh und Wildbret gewinnen kann, als wenn er selbst auf die Jagd ginge. Aus Rücksicht auf sein eigenes Interesse macht er daher das Verfertigen von Bogen und Pfeilen zu seinem Hauptgeschäft, und wird eine Art Waffenschmied. Ein anderer zeichnet sich im Bau und in der Bedachung ihrer kleinen Hütten oder transportabel Häuser aus. Er pflegt auf diese Weise seinen Nachbarn nützlich zu sein, die ihn dafür ebenso mit Vieh und Wildbret belohnen, bis er es zuletzt in seinem Interesse findet, sich gänzlich dieser Beschäftigung zu widmen und eine Art Zimmermann zu werden. Auf dieselbe Art wird ein dritter ein Schmied oder Kupferschmied, ein vierter ein Gerber oder Zubereiter von Häuten oder Fellen, dem Hauptteil der Bekleidung wilder Völker. Und so spornt die Gewissheit, allen Überschuss seiner Arbeit, der über seinen eigenen Verbrauch hinausgeht, für solche Erzeugnisse anderer, wie er sie gerade braucht, austauschen zu können, einen jeden an, sich einer bestimmten Beschäftigung zu widmen und das Talent oder Genie, das er für diesen bestimmten Erwerbszweig besitzt, auszubilden und zur Vollkommenheit zu bringen.
Die Verschiedenheit der natürlichen Talente bei den verschiedenen Menschen ist in Wahrheit viel geringer, als wir glauben, und der sehr verschiedene Geist, welcher, wenn er zur Reife gelangt ist, Leute von verschiedenem Beruf zu unterscheiden scheint, ist in vielen Fällen nicht sowohl der Grund als die Folge der Arbeitsteilung. Die Verschiedenheit zwischen den unähnlichen Charakteren, wie z. B. zwischen einem Philosophen und einem gemeinen Lastträger, scheint nicht sowohl ihrem Wesen, als der Gewöhnung und Erziehung zu entspringen. Als sie auf die Welt kamen, und in den ersten sechs bis acht Jahren ihres Daseins waren sie einander vielleicht sehr ähnlich, und weder ihre Eltern noch ihre Gespielen konnten eine merkliche Verschiedenheit gewahr werden. Etwa in diesem Alter oder bald darauf wurden sie zu sehr verschiedenen Beschäftigungen angehalten. Dann wird die Verschiedenheit ihrer Talente bemerkt und erweitert sich nach und nach, bis zuletzt die Eitelkeit des Philosophen kaum noch irgendeine Ähnlichkeit anzuerkennen bereit ist. Aber ohne den Hang zum Tausch und Handel würde sich jedermann die Notwendigkeiten und Annehmlichkeiten des Lebens selber haben verschaffen müssen. Alle hätten dieselben Obliegenheiten zu erfüllen und dasselbe zu tun gehabt, und es hätte keine solche Verschiedenheit der Beschäftigung eintreten können, wie sie allein eine irgend bedeutende Verschiedenheit der Talente herbeiführen konnte.
Wie nun dieser Hang jene unter den Menschen verschiedenen Berufs so merkliche Verschiedenheit der Talente bildet, so ist es derselbe Hang, der jene Verschiedenheit nutzbringend macht. Viele Tierarten, die anerkannter Weise zu derselben Gattung gehören, haben von Natur weit verschiedenere Anlagen, als sie vor der Gewöhnung und Erziehung unter den Menschen platzzugreifen scheinen. Von Natur ist ein Philosoph an Anlagen und Neigungen nicht halb so sehr von einem Lastträger verschieden, als ein Bullenbeißer von einem Windhund, oder ein Windhund von einem Jagdhund, oder dieser von einem Schäferhunde. Gleichwohl sind diese verschiedenen Tierarten, obschon alle derselben Gattung angehören, einander kaum irgendwie nützlich. Die Stärke des Bullenbeißers wird nicht im Geringsten durch die Schnelligkeit des Windhundes oder die Spürkraft des Jagdhundes oder die Gelehrigkeit des Schäferhundes unterstützt. Da diese Tiere derjenigen Fähigkeiten oder Triebe ermangeln, die zum Tausch und zu gegenseitiger Aushilfe erforderlich sind, können die Erzeugnisse jener verschiedenen Anlagen und Talente nicht zu einem Gesamtvorrat vereinigt werden und tragen nicht das Geringste zur besseren Versorgung und zum höheren Komfort der Gattung bei. Jedes Tier ist gezwungen, sich abgesondert und unabhängig seinen Unterhalt zu verschaffen und sich selbst zu verteidigen, und hat keinerlei Vorteil von den mannigfaltigen Talenten, mit denen die Natur seine Genossen ausgestattet hat. Unter den Menschen sind im Gegenteil die unähnlichsten Anlagen einander von Nutzen, indem die verschiedenen Erzeugnisse ihrer bezüglichen Talente durch den allgemeinen Hang zum Tausch und zu gegenseitiger Aushilfe in einen Gesamtvorrat vereinigt werden, woraus jedermann den Teil des Erzeugnisses der Talente anderer Menschen kaufen kann, dessen er bedarf.