Читать книгу Der Wohlstand der Nationen - Адам Смит, Adam Smith - Страница 5
Erstes Buch
Von den Ursachen der Zunahme in der Ertragskraft der Arbeit und von den Regeln, nach welchen ihr Ertrag sich naturgemäß unter die verschiedenen Volksklassen verteilt
Drittes Kapitel
Die Teilung der Arbeit hat ihre Schranken an der Ausdehnung des Marktes
ОглавлениеWie die Möglichkeit des Tauschens Anlass zur Teilung der Arbeit gibt, so muss das Maß dieser Teilung stets durch das Maß jener Möglichkeit, oder mit andern Worten, durch die Ausdehnung des Marktes begrenzt sein. Wenn der Markt sehr klein ist, kann niemand sich ermutigt finden, sich gänzlich einer Beschäftigung zu widmen, weil es an der Möglichkeit fehlt, den ganzen Überschuss des Erzeugnisses seiner Arbeit, der über seinen eigenen Verbrauch hinausgeht, für solche Teile der Erzeugnisse anderer, die er gerade braucht, auszutauschen.
Es gibt einige Gewerbszweige, selbst der niedrigsten Art, die nirgendwo anders als in einer großen Stadt getrieben werden können. Ein Lastträger z. B. kann an keinem anderen Orte Beschäftigung und Unterhalt finden. Ein Dorf ist viel zu eng für ihn; selbst ein gewöhnlicher Marktflecken ist kaum groß genug, ihm fortwährend Beschäftigung zu geben. In den einzeln stehenden Häusern und sehr kleinen Dörfern, die in einem so öden Lande, wie die schottischen Hochlande es sind, zerstreut liegen, muss ein jeder Bauer, Fleischer, Bäcker und Brauer für seine eigene Familie sein. In solchen Gegenden kann man kaum erwarten, auch nur einen Schmied, Zimmermann oder Maurer in weniger als einem Umkreise von zwanzig Meilen zu finden. Die zerstreuten Familien, die acht oder zehn Meilen von dem nächsten Handwerker entfernt leben, müssen sehr viele kleine Sachen, welche sie in volkreicheren Gegenden von solchen Handwerkern machen lassen würden, selbst zu verfertigen lernen. Dorfhandwerker sind fast überall gezwungen, sich mit all’ den verschiedenen Gewerbszweigen zu befassen, die einander durch die Verwendung gleichen Materials verwandt sind. Ein Dorfzimmermann gibt sich mit jeder Art Holzarbeit ab, ein Dorfschmied mit jeder Art Eisenarbeit. Der erstere ist nicht bloß Zimmermann, sondern Schreiner, Kunsttischler und sogar Bildschnitzer, sowie Rad-, Pflug- und Stellmacher. Die Beschäftigungen des Schmieds sind noch mannigfacher. In den entlegenen inneren Teilen der schottischen Hochlande kann unmöglich selbst ein Gewerbe wie das des Nagelschmieds bestehen. Ein solcher Handwerker würde, nach dem Satze von Tausend Nägeln des Tages und bei dreihundert Arbeitstagen im Jahr, jährlich dreimal hunderttausend Nägel machen; allein an einem solchen Orte würde er jährlich kaum tausend, d. h. die Arbeit eines einzigen Tages, absetzen können.
Da durch den Wassertransport für jede Art Industrie ein ausgedehnterer Markt eröffnet wird, als ihn der Landtransport allein gewähren kann, so sind es die Meeresküste und die Ufer schiffbarer Flüsse, wo der Gewerbfleiß jeder Art sich abzuteilen und zu vervollkommnen anfängt, und diese Vervollkommnung dehnt sich oft erst lange Zeit nachher auf die inneren Teile des Landes aus. Ein Frachtwagen, der von zwei Menschen begleitet und mit acht Pferden bespannt ist, fährt in etwa sechs Wochen mit Waren im Gewicht von ungefähr vier Tonnen zwischen London und Edinburgh hin und zurück. In etwa derselben Zeit führt ein Schiff, das mit sechs oder acht Menschen bemannt ist, und zwischen den Häfen von London und Leith segelt, oft Waren von zweihundert Tonnen an Gewicht hin und her. Sechs oder acht Mann können demnach mittelst Wassertransports in derselben Zeit dieselbe Menge Waren zwischen London und Edinburgh hin- und herfahren, wie fünfzig von hundert Menschen begleitete und von vierhundert Pferden gezogene Frachtwagen. Auf zweihundert Tonnen Waren, die mit der wohlfeilsten Landfracht von London nach Edinburgh gebracht werden, muss also der dreiwöchentliche Unterhalt von hundert Menschen und sowohl der Unterhalt, wie, was dem Unterhalt ziemlich gleichkommt, die Abnutzung von vierhundert Pferden und fünfzig Frachtwagen gerechnet werden; während bei derselben Warenmasse, wenn sie zu Wasser transportiert wird, nur der Unterhalt von sechs oder acht Menschen und die Abnutzung eines Schiffes von zweihundert Tonnen Gehalt, samt dem Werte des größeren Risikos oder des Unterschieds zwischen der Land- und Wasserversicherung gerechnet zu werden braucht. Gäbe es also keine andere Verbindung zwischen beiden Plätzen, als die durch Landtransport, so wären sie, da nur solche Waren von dem einen Ort zum andern gebracht werden könnten, deren Preis im Verhältnis zu ihrem Gewichte sehr hoch wäre, nur einen kleinen Teil des Verkehrs zu unterhalten imstande, der jetzt zwischen ihnen stattfindet, und mithin der beiderseitigen Industrie nur einen kleinen Teil der Aufmunterung zuteilwerden zu lassen, die sie jetzt einander gewähren. Zwischen den entfernten Teilen der Welt könnte nur wenig oder gar kein Verkehr stattfinden. Welche Waren vermöchten die Kosten des Landtransports zwischen London und Kalkutta zu ertragen? Oder, wenn einige so wertvoll wären, dass sie diese Kosten zu ertragen vermöchten, mit welcher Sicherheit könnten sie durch die Gebiete so vieler barbarischer Völkerschaften gebracht werden? Jetzt hingegen treiben diese beiden Städte einen sehr bedeutenden Handel miteinander und spornen, indem sie einander einen Markt bieten, die beiderseitige Industrie erheblich an.
Bei diesem großen Vorteil des Wassertransports ist es natürlich, dass die ersten Fortschritte der Kunst und Industrie da gemacht wurden, wo diese günstige Gelegenheit die ganze Welt zu einem Markte für die Produkte jeglicher Art Arbeit eröffnet, und dass sie sich immer erst viel später auf die inneren Teile des Landes ausdehnen. Die inneren Teile des Landes können lange Zeit hindurch keinen anderen Markt für den größten Teil ihrer Waren haben, als die Landschaft, die sie umgibt und die sie von der Seeküste und den großen schiffbaren Flüssen trennt. Die Ausdehnung ihres Marktes hängt daher lange Zeit von dem Reichtum und der Bevölkerungsdichtigkeit jener Landschaft ab, und ihr Fortschritt muss folglich hinter dem dieser Landschaft einherhinken. In unseren nordamerikanischen Kolonien sind die Pflanzungen beständig der Seeküste oder den Ufern der schiffbaren Flüsse gefolgt und haben sich kaum irgendwo beträchtlich von beiden entfernt.
Die Völker, welche nach den glaubwürdigsten Geschichtsschreibern am frühesten zivilisiert gewesen zu sein scheinen, waren diejenigen, die rund um die Küste des mittelländischen Meeres wohnten. Da dieses Meer, die bei weitem größte bekannte Bucht der Welt, keine Ebbe und Flut und mithin keine anderen Wellen hat, als die der Wind verursacht, so war es durch die Glätte seiner Oberfläche nicht minder wie durch die Menge seiner Inseln und die Nähe seiner Ufer der Schifffahrt in ihrer Kindheit außerordentlich günstig, als noch die Menschen, unbekannt mit dem Kompass, sich fürchteten, die Küste aus dem Gesicht zu verlieren, und wegen der Unvollkommenheit der Schiffbaukunst nicht wagten, sich den stürmischen Wogen des Ozeans zu überlassen. Über die Säulen des Herkules, d. h. durch die Meerenge von Gibraltar hinauszusegeln, wurde in der alten Welt lange als eine äußerst wunderbare und gefährliche Unternehmung der Schifffahrt betrachtet. Selbst die Phönizier und Karthager, die geschicktesten Seefahrer und Schiffbauer jener alten Zeiten, versuchten es erst spät und waren lange die einzigen Völker, die es wagten.
Unter allen Ländern an der Küste des mittelländischen Meeres scheint Ägypten das erste gewesen zu sein, in welchem sowohl der Ackerbau wie die Gewerbe gepflegt und zu einer hohen Stufe entwickelt wurden. Oberägypten erstreckt sich nirgends über einige Meilen vom Nil, und in Unterägypten teilt sich dieser große Strom in viele Kanäle, welche durch einige künstliche Nachhilfe eine Wasserverbindung nicht nur zwischen allen großen Städten, sondern auch zwischen allen ansehnlichen Dörfern und sogar bis zu vielen Landgütern geführt zu haben scheinen, etwa in derselben Art, wie heute der Rhein und die Maas in Holland. Der Umfang und die Leichtigkeit dieser Binnenschifffahrt war wahrscheinlich eine der Hauptursachen der frühen Kultur Ägyptens.
Ebenso scheinen in den Provinzen Bengalens in Ostindien und in einigen östlichen Provinzen Chinas die Fortschritte des Ackerbaus und der Gewerbe von sehr hohem Alter zu sein, obwohl dies Alter durch keine verlässlichen Geschichtsnachrichten, die es für diesen Teil der Welt nicht gibt, verbürgt ist. In Bengalen bilden der Ganges und einige andere große Ströme eine bedeutende Menge schiffbarer Kanäle, ganz so wie der Nil in Ägypten. In den östlichen Provinzen Chinas bilden gleichfalls einige große Flüsse durch ihre verschiedenen Arme eine Menge von Kanälen und gestatten durch Verbindung untereinander eine noch viel ausgedehntere Binnenschifffahrt als der Nil oder Ganges oder vielleicht beide zusammen. Es ist merkwürdig, dass weder die alten Ägypter, noch die Inder, noch die Chinesen den auswärtigen Handel ermunterten, sondern sämtlich ihren großen Reichtum aus dieser Binnenschifffahrt gezogen zu haben scheinen.
Alle inneren Teile Afrikas und jener ganze Teil Asiens, der weit nördlich vom schwarzen und kaspischen Meere liegt, das alte Skythien, die moderne Tartarei, und Sibirien scheinen, so lange die Welt steht, in demselben barbarischen und unzivilisierten Zustande gewesen zu sein, in welchem wir sie noch heute finden. Das Meer der Tartarei ist das Eismeer, das keine Schifffahrt zulässt, und obgleich einige der größten Ströme der Welt durch dies Land fließen, so sind sie doch zu weit voneinander entfernt, um Handel und Verkehr durch den größeren Teil von ihm herbeizuführen. In Afrika gibt es keine so großen Buchten, wie das baltische und adriatische Meer in Europa, das mittelländische und Schwarze Meer in Europa und Asien, und den arabischen und persischen, indischen, bengalischen und siamesischen Meerbusen in Asien, um den Seehandel nach den inneren Teilen jenes großen Kontinents zu führen und die großen Flüsse Afrikas sind zu weit voneinander entfernt, um zu einer bedeutenderen Binnenschifffahrt Gelegenheit zu bieten. Überdies kann der Verkehr eines Volks auf einem Flusse, der sich nicht in eine große Menge von Armen oder Kanälen teilt, und der, ehe er das Meer erreicht, in ein anderes Gebiet fließt, niemals sehr bedeutend sein, weil die Völker, die jenes andere Gebiet besitzen, es stets in ihrer Macht haben, den Verkehr zwischen dem Oberlande und dem Meere zu hemmen. Die Donauschifffahrt ist für Bayern, Österreich und Ungarn von sehr geringem Nutzen, im Vergleich zu demjenigen, den sie haben könnte, wenn einer dieser Staaten den ganzen Lauf des Flusses bis zu seiner Mündung in das Schwarze Meer beherrschte.