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Aus der Blase für die Blase

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Nämlich so: Die Demokratie-Aktivisten wie Smári McCarthy lebten in einer Filterblase. Sie haben nicht bemerkt, dass sie eigentlich eine Minderheit bilden. Dass die Mehrheit der Isländerinnen nach dem Crash erschöpft war. Dass Existenzängste schwerer wogen als Verfassungspatriotismus. Dass Schulden abzahlen eine grössere Priorität für sie hatte als abstrakte Debatten über die Bodenreserven Islands. Dass eine Verfassungsänderung eine akademische Luxusbeschäftigung war, die vor allem von den Medien angefacht wurde.

Und sie fokussierten auf die falsche Zahl. Es stimmt, über 70 Prozent sagten im Referendum Ja zur Verfassung. Aber die Stimmbeteiligung lag bloss bei 49 Prozent.[19] Und damit ist keine Verfassung zu machen.

Über die Hälfte der Bürger Islands interessierte sich nicht für das Referendum. Oder sie wollten sich mit konkreten Fragen verfassen. Fragen wie dem wuchtig verworfenen Icesave-Referendum[20] 2010, das die Bevölkerung in Scharen an die Urne trieb, weil da die Bedingungen für die Rückzahlung der Darlehen an England und die Niederlande verhandelt wurden.

Oder sie waren, so die Meinung vieler isländischer Journalistinnen und Verfassungsexperten, verwirrt über die willkürlichen Referendumsfragen. Oder sie fanden den Dänemark-Klon eben doch nicht so schlecht.

Was die Linken und Piratinnen jedoch am meisten unterschätzten, ist die treue Stammwählerschaft der Konservativen. Zwar ist die Ära der 45-Prozent-Mehrheiten vorbei. Doch insbesondere die Senioren halten der Unabhängigkeitspartei die Treue. Und sie verpassen keine Wahl. An der Urne werden die historischen Verdienste der Konservativen regelmässig gewürdigt: die Erlangung der Unabhängigkeit und der Aufbau der wohlhabenden Nation Islands.

In dieser Geschichte gibt es keinen bösen Glámur. Nur einen Helden, der mit seinem Langboot einsam auf dem Polarmeer umherirrt.

Das Netz ist politisch – Teil I

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