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Was zum Teufel sollte diese Werbung?

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Die Methode funktioniert. Dehaye macht die Probe aufs Exempel und kommt damit dem Datenhandel des Leave.EU-Lagers[11] auf die Schliche.

Dehaye registrierte sich für den Newsletter von Leave.EU. Es vergingen einige Tage, bis die erste Ausgabe in seinem Postfach landete. Weit unten in der E-Mail sah er eine Werbe­anzeige von GoSkippy, einem Unternehmen der Eldon-Versicherungsgruppe. Dehaye wurde stutzig. Wieso zum Teufel zeigen die Brexit-Anhänger ihm – der in der Schweiz wohnhaft ist – Anzeigen für eine britische Auto­versicherung?

Dehaye hatte einen Verdacht. Er wusste, dass die Eldon-Gruppe Arron Banks gehört. Und Banks ist kein Unbekannter. Er ist der Christoph Blocher von Gross­britannien. Ein schwer­reicher, konservativer Millionär und Mitgründer der Kampagne Leave.EU.

Dehayes Vermutung war also: Das Brexit-Lager verwendet denselben Daten­satz wie die Versicherung. Mit anderen Worten: Die Brexit-Befürworter betreiben illegalen Daten­austausch.

Um seine These zu unter­mauern, spannte Dehaye mit der renommierten Journalistin Carole Cadwalladr zusammen. Er unterstützte sie bei der korrekten Ausformulierung eines subject access request, eines umfassenden Auskunfts­begehrens. Sein Verdacht bestätigte sich: Die Brexit-Kampagne bediente sich der Daten von Eldon-Versicherten. Wer versichert war, erhielt Brexit-Werbung zu Gesicht. Auf allen Plattformen.

Mit diesem Wissen[12] wurde Paul-Olivier Dehaye neben dem pink­haarigen Whistleblower Christopher Wylie zur wichtigsten Informations­quelle für das britische Parlament. Weil Facebook sich weigerte, auf die fünfzehn Fragen des Brexit-Untersuchungskomitees im Detail[13] zu antworten, griff das Komitee auf die Expertise des unabhängigen Datenschutz­experten zurück.

Der Labour-Abgeordnete Ian Lucas, einer der leitenden Köpfe bei der Untersuchung zum Brexit, sagt: «Das Wissen und die Dienste von Paul-Olivier Dehaye sind für uns von unschätzbarem Wert.»

Doch nicht nur Gross­britannien erhielt dank Dehayes Hartnäckigkeit Klarheit darüber, was da eigentlich während des Brexit-Referendums in der digitalen Sphäre passierte.

Auch die zwei Milliarden Facebook-Nutzerinnen erhielten seinetwegen mehr Transparenz. Weil das soziale Netzwerk nachgegeben hat. Und eine der sensibelsten Informationen für alle sichtbar machte: Mit ein paar wenigen Klicks in Ihren Profileinstellungen[14] erfahren Sie, ob Spotify oder Netflix Ihre persönlichen Daten an Facebook weiter­verschenkt haben.

Ein Sieg für Paul-Olivier Dehaye, den man in Wissenschafts­kreisen den «Indiana Jones des Datenschutzes»[15] nennt. Aber nur ein Etappensieg.

Das Netz ist politisch – Teil I

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