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2003-2008

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In den Jahren 2003-2007 habe ich mich noch einmal mit den Geheimnissen der hohen Priesterinnen in den tiefen Brunnenstuben der Seele beschäftigt und zwei umfangreiche Arbeiten zu diesem Thema geschrieben. Zuerst den Akron-Tarot mit den Bildern von S. O. Hüttengrund, in dem wir auch zwei neue Archetypen entwickelten, die Schwarze Göttin bzw. Scharlachrote Anima, die den Schatten der Frau beleuchten, und das Dunkle Kind, ein Verhaltensmuster, das eine Reaktion auf die Ohnmacht und die Sprachlosigkeit darstellt, denen die meisten Menschen in ihrer Kindheit oder im Zusammenspiel mit autoritären Systemen ausgesetzt sind, und das bei manchen als abgespaltener Teil ins Leben tritt und dort das ganze kommunikative Zusammenspiel zwischen den Individuen untergraben und zusammenbrechen lassen kann. Nach dessen Beendigung im Sommer 2004 machte ich mich in den Jahren 2005-07 dann zum zweiten Mal an Crowleys Tarotkarten heran und veröffentlichte meine Überlegungen unter dem Titel Akrons Crowley Tarot Führer, eine Vertiefung des schon zu Beginn dieses Kapitels erwähnten Titels, der 1991 bei Hugendubel publiziert worden war, und der mich das Thema in allen Belangen erschöpfend ausloten ließ. Dieses Werk erschien Ende 2007.

Das war die Ausgangslage. Ich hatte meinen eigenen Tarot und einen ausführlichen Kommentar über das Crowley-Deck zusammen – fehlte also nur noch das Baphomet-Set. Wie auf ein Stichwort gingen anfangs 2008 die seit dem Rauswurf aus dem Urania-Verlag gebunkerten Baphomet-Bestände zu Ende, und da lag es auf der Hand, diese frühe Arbeit noch einmal in die Finger zu nehmen. Sie hatte mir bei ihrem Erscheinen 1992 viel Freude bereitet, war es doch ein erster Schritt, mich vom esoterischen Mainstream zu befreien; und auch aus heutiger Sicht finde ich das Buch immer noch sehr mutig. Es war ein späthippiehafter, aber durchaus ernst gemeinter Versuch, die Lesegewohnheiten der Leserschaft zu irritieren und mit Themen zu konfrontieren, die tiefer in die globalen Zusammenhänge unserer sozialen Netzwerke hineinstrahlten. Auf der anderen Seite hatte ich aber auch ziemlich viel Salz in diese ganze okkulte Suppe miteingestreut, was mir aus meiner heutigen Sicht ziemlich revisionsbedürftig erschien. Besonders die mephistophelischen und hirnrissigen Geschichten, die ich zu den Skizzen Gigers beisteuerte und die mich 1991 noch begeisterten, gingen mir inzwischen gehörig auf den Geist. Es sind die Gedanken und Vorstellungen, die dem erzählenden Ich, dem Narren aus der ersten Karte der Bilderfolge, durch den Kopf gehen, in denen sich bewusste Beobachtungen und Bilder aus dem Unbewussten gegenseitig durchdringen und befruchten, und in deren steter Wandlung und Umbildung die unausgesprochenen Assoziationen und die unterbewussten Zusammenhänge als Quelle visionären Erlebens deutlich werden. Da sie andererseits das Gefüge bildeten, das Gigers wertvolle Entwürfe zusammenhielt, konnte ich sie aber auch nicht einfach entfernen. Deshalb verkürzte ich sie zu einem kleinen Leitfaden durch das Labyrinth der Karten, Die 24 Stufen zum Throne Gottes, eine eigenständige Rahmenhandlung, die das schillernd-vielschichtige Kaleidoskop der Seele in einer Verbindung orgiastischer Eruptionen und psychedelischer Gedankenkaskaden nachzeichnete. Im Weiteren galt es, die im Original-Werk bewusst vernachlässigten Deutungstexte esoterikerfreundlicher zu machen, also etwas aufzupeppen und psychologisch zu vertiefen, ohne aber den in großen Teilen ironisch hinterfragenden Denkansatz der Vorgabe zu verschieben.

So weit – so gut. Ich versuchte, meinen Hang zum Zynismus ein bisschen zu zügeln und dem unvoreingenommenen Leser nicht länger gegen die Gehirnzellen zu treten, wenn ich meinem alten Drang, die Denkgewohnheiten und Verhaltensnormen in den Köpfen der Menschen durcheinander zu wirbeln, frönte. Aber war es das wirklich – oder doch nicht ganz? Fehlte da nicht noch etwas, oder war ich am Ziel? Gewiss, im Nachhinein betrachtet fehlte noch die Krönung, das Highlight, das eine Neuauflage zwingend machte: sozusagen der entscheidende Kick – aber das war mir damals überhaupt nicht bewusst. Deshalb kam mir der Schöpfergeist in seiner Lieblingsrolle als „Freund Zufall“ zu Hilfe. Beim Redigieren dieses Buches bemerkte ich plötzlich, wie der Blick einer Bekannten, die mich gerade besuchte und namentlich nicht erwähnt werden möchte, über Gigers Baphomet1 streifte, dessen Titelbild neben meiner Tastatur lag. Da ich wusste, dass sie beruflich mit Mikroben zu tun hatte, meinte ich schmunzelnd zu ihr, dass dieses Monster auf dem Cover doch eine gewisse Ähnlichkeit mit ihren Lieblingsgeschöpfen hätte. Es entspann sich spontan eine angeregte Konversation und plötzlich war uns klar: Es schien, als wollte den vorhandenen Karten noch eine neue, zusätzliche Dimension hinzugefügt werden: Das Schöpfervirus. Zur selben Zeit nächtigte auch Patricia bei mir im Schlösschen, die junge Künstlerin aus Augsburg, die schon für meinen Crowley-Führer2 2007 einige wunderbare Illustrationen anfertigte, und war sofort bereit, ein paar Zeichnungen zu diesem schier unerschöpflichen Thema beizusteuern. Damit war die Sache beschlossen. Natürlich dauerte es noch ein paar Wochen, bis der zusätzliche Trumpf nahtlos in die vorhandene Kartenreihe eingefügt war – aber der erste Schritt war getan.

Das war der „Missing Link“, der diesem Buch noch fehlte, das Herzstück, in dem sich spirituelles Ergründen, künstlerisches Empfinden und wissenschaftliches Erkennen die Hand reichten. Deshalb möchte ich Patricia und dem unergründlichen Geist in der Maske des Zufalls eine große violette Rose schenken als Ausdruck meiner Liebe für den kreativen Umstand und schöpferischen Akt, ganz entscheidend dazu beigetragen zu haben, was dieser Neuauflage aus meiner aktuellen Sicht überhaupt erst zur Legitimation verhilft: dem Einbringen neuer Einsichten in einem neuen Archetypus – einer neuen Karte.

St. Gallen, am Ruhberg, November 2008, C. F. Frey

1 H. R. Giger’s Necronomicon, Bd. 1

2 Akrons Crowley Tarot Führer, 2007 AGM AGMüller Urania, Neuhausen/Schweiz


H. R. Gigers „Baphomet“

The Spell IV, 1977, Werk-Nr. 331, 2,40m x 4,20m

Nach Art eines Triptychons gestaltet, besitzt das Bildwerk drei Flügel, die verschiedene Sphären der Schöpfung darstellen. Zur Rechten Baphomets (links vom Betrachter) befindet sich das „Paradies“, dessen lichtvolle Sphären durch das helle, aufrechte Pentagramm verkörpert werden. Zur Linken ist die „Hölle“, symbolisiert durch das dunkle, inverse Pentagramm. Baphomet selbst in der Mitte vertritt die Daseins-Ebene des Menschen, die „Realität“, in der die Polaritäten sich gegenseitig durchdringen, bekämpfen oder ausgleichen (dargestellt durch die beiden ineinander verflochtenen Pentagramme, die die Verbindung von Mikrokosmos und Makrokosmos zum Ausdruck bringen). Die symbolischen und allegorischen Bezüge der figürlichen Darstellungen verweisen auf den Bereich des Stirb und Werde – des Todes und der Wiedergeburt.

Baphomet

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