Читать книгу Baphomet - Akron Frey - Страница 20

Das sechste Siegel

Оглавление

Man sagt, dass Krisen von Menschen ausgelöst werden, aber das ist nicht ganz präzise:

Krisen werden von den Inhalten und Systemen, die den Menschen aufoktroyiert worden sind, ausgelöst, wenn die Menschen ihre angelernten Inhalte in der Welt zu verwirklichen trachten.

Akron

Die logischen Axiome des Aristoteles, seit mehr als zweitausend Jahren das Fundament des abendländischen Denkens, sind nicht nur die sichere Grundlage, auf der unser Weltbild steht, sondern sie sind gleichzeitig auch der Preis für diese Sicherheit. Sie errichten nicht nur die hohen Mauern der rationalen Wissenschaften, die alles ausgrenzen, was sich nicht in die Gesetze der Logik eingliedern lässt, sondern sie mutieren auch zu einem Filter unserer Erkenntnis, der alles aussondert, was nicht durch Stoff und Form, Bewegung und Ziel definiert werden kann. Doch es geht auch anders. Im Gegensatz zu Aristoteles ging Platon davon aus, dass wir im sichtbaren Objekt nur das erkennen können, was dem inneren Urbild dieses Objektes entspricht, d. h. was wir an Informationen oder Vorstellungen über das betreffende Objekt in uns tragen. Das bedeutet, dass unser Bewusstsein im Objekt immer nur unsere eingegebenen Erfahrungen erkennt, und dass wir, indem wir das Objekt erkennen, im Grunde immer nur uns selbst erkennen, oder genauer: unsere Perspektive gegenüber dem Objekt.

Aus Platons Blickwinkel heraus betrachtet, ist Aristoteles’ Modell also nur eine „Vorstellung vom Leben“ – eben aus der Perspektive der Wissenschaft heraus gesehen. Denn alles, was wir in unserer Anschauung der Welt erfassen, ist eine Vorstellung von Wahrheit, ein Abbild der Wirklichkeit, abhängig von Gesetzen, die wir uns selbst geschaffen haben. Bei Letzterem beherrscht die Vorstellung bereits die Wirklichkeit, und viele Suchende glauben, dass die Vorstellung die Wirklichkeit nur ausdrückt. Wie kann die Vorstellung aber die Wirklichkeit ausdrücken, wenn sie nicht weiß, was die Wirklichkeit ist? Deshalb lässt sich im wissenschaftlichen Streben auch nicht das schöpferische Bemühen erkennen, die Natur zu verstehen, sondern höchstens das menschliche Bestreben, aus der Natur heraus das abzuleiten, was der duale Geist seinen Verständnismodellen als „zusammenhängende Erinnerungen“ dann wieder abringen kann.

Um es ein wenig bissig auszudrücken: Eigentlich spielt es keine Rolle, was wir sehen, oder wie wir das interpretieren, was wir zu erkennen glauben – was sich vor unserem Auge abspielt. Im Grunde ist es auch völlig egal, ob wir lügen oder die Wahrheit sagen, weil die Wahrheit sowieso immer ein Teil der Lüge ist. Aber nicht, weil sie unwahr, sondern weil sie immer nur die Hälfte eines unerkannten Ganzen ist, das wir nie sehen dürfen, weil sonst unser ganzes Weltbild, das die Dinge polarisiert, zusammenbricht. Deshalb ist es nur natürlich, dass unsere Welt lückenhaft und unvollkommen ist. Denn von einem Modell, das immer einen Teil seiner selbst gegen sich selbst mobilisieren muss, um den anderen Teil zu stützen, ist schlechterdings keine Vollständigkeit zu erwarten.

Baphomet

Подняться наверх