Читать книгу Die beiden Dianen - Александр Дюма - Страница 22

Viertes bis siebentes Bändchen
I.
Was ist der schlagende Beweis, den eine Frau geben kann, daß ein Mann nicht mehr ihr Geliebter ist?

Оглавление

Herr von Montmorency,« sprach der Dauphin, mit einer zornigen Traurigkeit eintretend, »wenn Ihr mich nicht beinahe mit Gewalt zurückgehalten hättet, so wäre ich minder unzufrieden mit mir und mit Euch, als ich dies bin.«

»Eure Hoheit erlaube mir, zu bemerken, daß es als junger Mensch und nicht als Königssohn sprechen heißt. Eure Tage gehören nicht Euch, sie gehören Eurem Volk, gnädigster Herr, und die gekrönten Häupter haben höhere Pflichten als die andern Menschen.«

»Warum bin ich denn gegen mich aufgebracht, warum schäme ich mich?« sagte der Prinz. »Ah! Ihr seid es, Madame,« sprach er, sich an Diana wendend, die er ohne Zweifel gerade erst bemerkte.

Und da in diesem Augenblick die verletzte Eitelkeit den Sieg über die eifersüchtige Liebe davontrug, so fügte er bei:

»Bei Euch und durch Euch ist mir die erste Beleidigung zu Theil geworden.«

»Ach! ja, bei mir, doch sagt nicht durch mich gnädigster Herr,« erwiderte Diana. »Habe ich nicht eben so sehr, und noch mehr als Ihr gelitten? Bin ich nicht unschuldig an dem Allem. Liebe ich denn diesen Menschen, habe ich ihn denn je geliebt?«

Sie verleugnete ihn, nachdem sie ihn verraten hatte; das war ganz einfach.

»Ich liebe nur Euch, gnädigster Herr,« fuhr sie fort, »meine Seele und mein Leben gehören ganz Euch, und mein Dasein beginnt erst an dem Tag, wo Ihr dieses Herz angenommen habt, das Euch ergeben ist. Früher kann es geschehen sein, und ich erinnere mich auch unbestimmt, daß ich Herrn von Montgommery einige Hoffnung in der Ferne hatte erblicken lassen. Doch jedenfalls war es nichts Bestimmtes, keine gewisse Verbindlichkeit. Als Ihr kamet, war Alles vergessen. Und seit dieser Zeit, ich schwöre es, – glaubt eher meinen Worten, als den eifersüchtigen Verleumdungen von Madame d’Étampes und ihren Anhängern! – seit dieser gesegneten Zeit hat jeder Gedanke meines Geistes, jeder Pulsschlag meines Herzens Euch gehört, gnädigster Herr. Dieser Mensch lügt, dieser Mensch handelt im Einverständniß mit meinen Feinden, dieser Mensch hat kein Recht auf diejenige, welche Euch so ganz gehört, Heinrich. Ich kenne diesen Menschen kaum, und liebe ihn nicht nur nicht, großer Gott! sondern ich hasse und verachte ihn. Seht, ich frage Euch nicht einmal, ob er noch lebt, oder ob er todt ist, ich bekümmere mich nur um Euch. Ihn hasse ich.«

»Ist das wahr, Madame?« fragte der Dauphin mit einem Ueberreste düsteren Mißtrauens.

»Die Beweisführung wird leicht und rasch sein,« versetzte Herr von Montmorency. »Herr von Montgommery lebt, Madame, doch er ist von unseren Leuten mit Banden beladen, und außer Stand, zu schaden. Er hat den Prinzen schwer beleidigt. Ihn vor die Gerichte zu bringen, ist unmöglich: die Verurtheilung wegen eines solchen Verbrechens hätte noch mehr Gefahren, als das Verbrechen selbst. Daß sich seine Hoheit der Dauphin in einen Einzelkampf mit diesem Frechen einlassen soll, ist noch viel unmöglicher. Was ist also Eure Ansicht in dieser Sache, Madame, und was sollen wir mit diesem Menschen thun?«

Es trat ein Augenblick des Stillschweigens voll innerer Bewegung ein. Perrot hemmte seinen Athem, um die Worte, welche lange nicht hervorkommen wollten, besser zu hören. Doch Frau Diana hatte offenbar bange vor sich selbst und vor dem, was sie sagen würde. Sie zögerte vor ihrem eigenen Spruch.

Endlich mußte sie sprechen, und sie sagte mit ziemlich fester Stimme:

»Herr von Montgommery hat das Verbrechen der Majestätsbeleidigung begangen. Herr von Montmorency, zu welcher Strafe verurtheilt man diejenigen, welche sich der Majestätsbeleidigung schuldig gemacht haben?«

»Zum Tode,« antwortete der Connétable.

»Meine Ansicht ist es also, daß dieser Mensch sterbe,« sprach Frau Diana mit kaltem Tone.

Alle schauerten, und erst nach einer zweiten Pause sagte Herr von Montmorency:

»In der That, Madame, Ihr liebt Herrn von Montgommery nicht, und habt ihn nie geliebt.«

»Doch ich,« versetzte der Dauphin, »ich will weniger als je, daß Herr von Montgommery sterbe.«

»Das ist auch meine Ansicht,« versetzte Montmorency, »doch ich denke, nicht aus denselben Beweggründen wie bei Euch, Hoheit: die Meinung, welche ihr aus Großmuth ausgesprochen habt, billige ich aus Klugheit. Herr von Montgommery hat mächtige Freunde und Verwandte in Frankreich und in England; man weiß überdies bei Hofe, daß er diesen Abend hier mit uns zusammentreffen mußte. Verlangt man ihn morgen laut und geräuschvoll von uns zurück, so müssen wir nicht einen Leichnam zu zeigen haben. Der Adel duldet es nicht, daß man ihn behandelt wie gemeine Menschen und ohne Umstände tödtet. Wir müssen nothwendig antworten können: »Herr von Montgommery ist auf, der Flucht . . .« oder: »Herr von Montgommery ist verwundet und krank . . .« Doch in jedem Fall: »Herr von Montgommery lebt . . .« Und wenn man uns auf das Aeußerste treibt, wenn man ihn hartnäckig von uns zurückfordert, nun! so muß es uns am Ende frei stehen, ihn aus seinem Gefängniß oder aus seinem Bett zu ziehen und ihn den Verleumdern zu zeigen. Doch ich hoffe, die Vorsichtsmaßregel wird, wenn auch gut, nichtsdestoweniger unnöthig sein. Man wird morgen und übermorgen nach Herrn von Montgommery fragen. In acht Tagen wird man weniger, und in einem Monat wird man gar nicht mehr davon reden. Nichts vergißt sich so schnell als ein Freund, und man muß wohl den Gegenstand des Gespräches verändern! Ich finde daher, daß der Schuldige weder sterben, noch leben soll: er muß verschwinden.«

»Es sei!« sagte der Dauphin, »er reise ab, er verlasse Frankreich! Er hat Güter und Verwandte in England, er flüchte sich dahin!«

»Nein, gnädigster Herr!« entgegnete Montmorency. »Der Tod ist zu viel, doch die Verbannung ist nicht genug. Wollt Ihr,« fügte er, die Stimme dämpfend, bei, »wollt Ihr, daß dieser Mensch eher in England als in Frankreich sagt, er habe Euch mit einer beschimpfenden Gebärde bedroht?«

»Oh! erinnert mich nicht hieran!« rief der Dauphin mit den Zähnen knirschend.

»Laßt mich Euch dennoch daran erinnern, gnädigster Herr, um Euch vor einem unklugen Entschluß zu bewahren. Ich wiederhole Euch, der Graf muß nichts enthüllen können, weder lebendig, noch todt. Die Leute unserer Escorte sind sicher und wußten überdies nicht, mit wem sie es zu thun hatten. Der Gouverneur des Châtelet ist mein Freund; mehr noch, taub und stumm wie sein Gefängniß, und dem Dienste Seiner Majestät ergeben. Herr von Montgommery werde noch in dieser Nacht in das Châtelet gebracht. Ein guter Kerker wird ihn uns bewahren, oder zurückgeben, wie wir wollen. Morgen ist er verschwunden, und wir verbreiten über dieses Verschwinden die widersprechendsten Gerüchte. Wenn diese Gerüchte nicht von selbst fallen, wenn die Freunde des Grafen ihn mit zu großer Beharrlichkeit zurückfordern, was nicht wahrscheinlich ist, wenn sie eine strenge Untersuchung bis aufs Aeußerste treiben, worüber ich mich wundern würde, so rechtfertigen wir uns mit einem Wort, indem wir die Register des Châtelet vorzeigen, welche beweisen, daß Herr von Montgommery des Verbrechens der Majestätsbeleidigung angeklagt, im Gefängniß den regelmäßigen Spruch des Gerichtes erwartet. Und haben wir diesen Beweis gegeben, fällt es dann uns zur Last, wenn das Gefängniß ungesund ist, wenn der Kummer und die Reue zu viel Gewalt über Herrn von Montgommery gehabt haben, und wenn er gestorben ist, ehe er vor einem Gericht erscheinen konnte?«

»Oh! Herr von Montmorency!« versetzte der Dauphin schauernd.

»Seid unbesorgt, gnädigster Herr,« sprach der Rath des Prinzen, »wir werden nicht nöthig haben, zu diesem Aeußersten zu greifen. Die durch die Abwesenheit des Grafen veranlaßten Gerüchte werden sich von selbst legen. Die Freunde werden sich trösten und rasch vergessen, und Herr von Montgommery wird, wenn er will, von dem Augenblick an, wo er für die Welt todt ist, für das Gefängniß leben.«

»Hat er nicht einen Sohn?«

»Ja, ein Kind von wenigen Jahren, dem man sagt, man wisse nicht, was aus seinem Vater geworden, und das, ist es einmal groß, seine eigenen Interessen seine eigenen Leidenschaften haben, und eine fünfzehn bis zwanzig Jahre alte Geschichte nicht mehr zu ergründen suchen wird.«

»Alles dies ist richtig und gut zusammengefaßt,« sprach Frau von Poitiers, »ich neige mich, ich billige und bewundere.«

»Ihr seid in der That zu gut,« versetzte Montmorency äußerst geschmeichelt, »ich sehe, daß wir ganz geschaffen sind, um uns zu verstehen.«

»Doch ich billige nicht und bewundere nicht!« rief der Dauphin, »ich mißbillige im Gegentheil und widersetze mich.«

»Mißbilligt, gnädigster Herr, und Ihr werdet Recht haben,« sagte Herr von Montmorency, »mißbilligt, aber widersetzt Euch nicht; tadelt, aber laßt gewähren. Alles dies geht Euch nichts an, und ich übernehme die ganze Verantwortlichkeit vor den Menschen und vor Gott.«

»Nur wird fortan ein Verbrechen zwischen uns bestehen, nicht wahr?« versetzte der Dauphin, »und Ihr werdet mehr als mein Freund, Ihr werdet mein Mitschuldiger sein.«

»Oh! solche Gedanken seien fern von mir!« rief der schlaue Minister. »Doch Ihr sollt Euch eben so wenig dadurch gefährden, daß Ihr den Schuldigen bestraft, als dadurch, daß Ihr ihn bekämpft. Wollt Ihr, daß wir dem König, Eurem Vater, Meldung machen?«

»Nein, nein; mein Vater darf von Allem dem nichts erfahren,« sagte der Dauphin rasch.

»Meine Pflicht,« erwiderte Herr von Montmorency, »würde mich jedoch verbinden, ihn davon in Kenntniß zu setzen, gnädigster Herr, wenn Ihr beharrlich glaubtet, die Zeit ritterlicher Handlungen daure noch fort. Doch übereilen wir nichts, wenn Ihr es wünscht, und lassen wir unsern Rath durch die Zeit reisen. Versichern wir uns nur der Person des Grafen, was eine nothwendige Bedingung für unsere weiteren Pläne ist, wie diese auch sein mögen, und verschieben wir auf später jede förmliche Entschließung über diesen Gegenstand.«

»Es sei!« sagte der Dauphin, dessen schwacher Wille mit Eifer diesen vorgeblichen Aufschub ergriff. »Herr von Montgommery wird so Zeit haben, von einer ersten unbedachten Aufwallung zurückzukommen, und ich werde mit Muße das überlegen können, was mir mein Gewissen und meine Würde zu thun befehlen.«

»Kehren wir also in den Louvre zurück, gnädigster Herr, und beurkunden wir dort unsere Gegenwart,« sprach Herr von Montmorency. »Ich werde ihn Euch morgen wieder schicken, Madame,« sagte er, sich mit einem Lächeln an Frau von Poitiers wendend, »denn ich konnte sehen, daß Ihr ihm in einer wahren Liebe zugethan seid.«

»Aber ist Seine Hoheit der Dauphin auch davon überzeugt?« versetzte Diana, »und hat er mir das so wenig von mir vorhergesehene Unglück dieses Zusammentreffens verziehen?«

»Ja, Ihr liebt mich . . . furchtbar, in der That, Diana!« erwiderte der Dauphin nachdenkend, »ich bedarf des Glaubens zu sehr, um zu zweifeln, und hätte der Graf auch wahr gesprochen, so sah ich doch zu sehr an dem Schmerz, der sich meiner bemächtigte, als ich Euch verloren zu haben mir einbildete, daß Eure Liebe für mein Dasein fortan nothwendig ist, und daß, wenn man Euch liebt, dies für das ganze Leben geschieht.«

»Ah! möchtet Ihr wahr sprechen,« rief Diana mit einem leidenschaftlichen Ausdrucke, indem sie die Hand küßte, die ihr der Prinz zum Zeichen der Versöhnung reichte.

»Vorwärts, gehen wir ohne Verzug,« sagte Herr von Montmorency.

»Auf Wiedersehen, Diana.«

»Auf Wiedersehen mein Herr,« sprach die Herzogin, indem sie diese beiden Worte mit einem Ausdruck voll unsäglichen Zaubers trennte.

Sie geleitete ihn bis zu der Schwelle des Zimmers zurück. Während der Dauphin die Treppe hinab stieg, öffnete Herr von Montmorency wieder die Thüre des Sprechzimmers, wo Herr von Montgommery immer noch bewacht und gefesselt lag, und sprach sich an den Anführer der Reiter wendend:

»Ich werde Euch sogleich einen von meinen Leuten schicken, der Euch von dem unterrichten soll, was Ihr mit Eurem Gefangenen zu machen habt. Bis dahin überwacht alle seine Bewegungen und verliert ihn nicht eine Minute aus dem Blick. Ihr haftet mir mit Eurem Leben für ihn.«

»Sehr wohl, gnädigster Herr,« antwortete der Reiter.

»Ueberdies werde ich wachen,« sagte von der Thüre aus, wo sie stehen geblieben war, Frau von Poitiers.

Alle entfernten sich und Perrot hörte in seinem Verstecke nichts mehr, als den regelmäßigen Tritt der im Innern des Sprechzimmers aufgestellten Wache, welche die Thüre hütete, während ihre Kameraden den Gefangenen bewachten.«

Die beiden Dianen

Подняться наверх