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Erstes bis drittes Bändchen
VII.
Die Pater noster des Herrn Connetable

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An demselben Tage, während die Ringelrennen und Feste in den Tournelles gehalten wurden, befragte der Connetable von Montmorency im Louvre, im Cabinet von Diana von Poitiers, einen von seinen geheimen Vertrauten.

Der Spion war von mittlerem Wuchse und braunem Gesicht. Er hatte schwarze Augen und Haare, eine Adlernase, ein gabelförmiges Kinn, eine hervorspringende Unterlippe und einen leicht gekrümmten Rücken. Er glich auf das Auffallendste Martin-Guerre, dem treuen Stallmeister von Gabriel. Wer sie getrennt gesehen hätte, würde den Einen für den Andern gehalten haben. Wer sie mit einander gesehen hatte, würde geschworen haben, es wären Zwillingsbrüder, so groß und scharf war die Übereinstimmung in allen ihren Theilen. Es waren dieselben Züge, dasselbe Alter, dieselbe Haltung und Bewegung.

»Und was habt Ihr mit dem Eilboten gemacht, Meister Arnauld?« fragte der Connetable.

»Gnädigster Herr, ich habe ihn umgebracht. Es mußte sein. Doch es geschah in der Nacht, im Walde von Fontainebleau. Man wird den Mord auf Rechnung der Räuber setzen. Ich bin klug.«

»Gleichviel Meister Arnauld, die Sache ist ernst, und ich tadle Euch, daß Ihr so rasch mit dem Messer spielt.«

»Ich weiche vor keinem äußersten Mittel zurück, wenn es sich in den Dienst von Monseigneur handelt.«

»Ja; noch einmal für allemal, Meister Arnault, bedenkt, daß, wenn Ihr Euch fangen laßt, ich Euch hängen lasse,« sprach mit trockenem und ein wenig verächtlichem Tone der Connetable.

»Seid unbesorgt, Monseigneur, man ist ein Mann der Vorsicht.«

»Laßt nun den Brief sehen.«

»Hier ist er Monseigneur.«

»Nun, so öffnet ihn, ohne das Siegel zu verlegen, und leset. Bei Gottes Tod! bildet Ihr Euch ein, ich könne lesen?«

Meister Arnauld du Thill nahm aus seiner Tasche eine Art von schneidendem Meißel, schnitt sorgfältig das Siegel heraus und öffnete den Brief. Er schaute zuerst nach der Unterschrift.

»Monseigneur sieht, daß ich mich nicht täuschte. Der an den Cardinal von Guise gerichtete Brief ist vom Cardinal Caraffa, wie der elende Eilbote mir alberner Weise zugestanden hat.«

»Bei der Dornenkrone! lies doch,« rief Anne von Montmorency.

Meister Arnauld las:

»Monseigneur und theurer Verbündeter, nur drei Worte von Belang. Erstens wird der Papst, Eurer Bitte gemäß, die Angelegenheit der Ehescheidung in die Länge ziehen und von Congregation zu Congregation Franz von Montmorency schicken, der gestern in Rom bei uns angekommen ist, um ihm endlich die Dispense, welche er nachsucht, zu verweigern.«

»Pater noster,« murmelte der Connetable. »Satan verbrenne alle diese Rothröcke.«

»Zweitens,« fuhr Arnauld im Lesen fort, »zweitens hält Herr von Guise, Euer erhabener Bruder, nachdem Campli genommen, Civitella im Schach. Doch damit wir uns hier entschließen, ihm, seinem Begehren gemäß Mannschaft und Mundvorräthe zu schicken, was im Ganzen ein großes Opfer für uns ist, möchten wir gern versichert sein, daß Ihr ihn nicht für den Krieg in Flandern zurückrufen werdet, wie hier die Sage gebt. Richtet es so ein, daß er uns bleibt, und Seine Heiligkeit wird sich zu einer großen Bewilligung von Indulgenzen entscheiden, obgleich die Zeiten hart sind, um Herrn Franz von Guise auf eine wirksame Weise den Herzog von Alba und seinen anmaßenden Herrn bestrafen zu helfen.«

»Adveniat regnum tuum!« brummte Montmorency. »Dafür werden wir Rath schaffen, Blutkopf! wir werden sorgen, und müßten wir die Engländer nach Frankreich rufen. Fahrt also fort, bei der heiligen Messe!«

»Drittens,« las der Spion weiter, »um Euch zu ermuthigen und Euch in Euren Bemühungen zu unterstützen, Monseigneur, melde ich Euch die nahe bevorstehende Ankunft in Paris eines Abgesandten Eures Bruders, des Vicomte d’Ermès, der Heinrich die in dem italienischen Feldzuge eroberten Fahnen überbringt. Er reist ab, und wird ohne Zweifel zu gleicher Zeit mit meinem Brief ankommen, den ich jedoch unserem gewöhnlichen Eilboten anzuvertrauen vorgezogen habe; seine Gegenwart und die glorreiche Beute, die er dem König überbringt, werden sicherlich sehr ersprießlich zur Leitung Eurer Negociationen in der nothwendigen Richtung sein.«

»Fiat voluntas tua!« rief der Connetable wüthend. »Wir werden ihn empfangen, diesen Höllengesandten! ich empfehle ihn Dir, Arnauld. Ist der Brief zu Ende?«

»Ja, es folgen nur noch die Artigkeiten und die Unterschrift.«

»Er ist gut, Du siehst, daß Du Geschäfte bekommst, Meister.«

»Ich verlange nur dieses, Monseigneur, ein wenig Geld, um meine Geschäfte zu einem guten Ziele zu führen.«

»Bursche! hier sind hundert Dukaten. Man muß bei Dir immer Geld in der Hand haben.«

»Ich gebe so viel für den Dienst des gnädigsten Herrn aus.«

»Deine Laster kosten Dich mehr als mein Dienst, Hallunke.«

»O wie sehr täuscht sich der gnädigste Herr über mich. Es wäre mein einziger Traum, ruhig und glücklich und reich in irgend einer Provinz, umgeben von meiner Frau und meinen Kindern, zu leben und hier im Frieden als ein ehrlicher Familienvater meine Tage hinzubringen.«

»Das klingt in der That ganz tugendhaft und ländlich. Nun, so bessere Dich, lege einige Dublonen bei Seite, heirathe, und Du kannst Deine Pläne häuslichen Glückes verwirklichen. Was hindert Dich daran?«

»Ah! gnädigster Herr, das Ungestüm; welche Frau würde mich wollen?«

»In Erwartung Deiner Hochzeitsfeier, Meister Arnauld, versiegle wieder auf das Pünktlichste diesen Brief und trage ihn zu dem Cardinal; Du wirst Dich verkleiden, hörst Dir wohl, und dort sagen, Du seist von Deinem sterbenden Kameraden beauftragt worden.«

»Der gnädigste Herr kann sich auf mich verlassen. Der wiedergeschlossene Brief und der ersetzte Eilbote werden wahrscheinlicher sein, als die Wahrheit selbst.«

»Ah! Gottes Tod!« rief Montmorency, »wir haben vergessen, den Namen des von Guise angekündigten Gesandten aufzufassen. Wie heißt er doch?«

»Der Vicomte d’Ermès, Monseigneur.«

»Ja, so ist es, Schurke. Nun, so behalte diesen Namen, He da! wer kommt, wer stört mich wieder?«

»Der gnädigste Herr wolle mir verzeihen,« sprach eintretend der Fourrier des Connetable. »Ein so eben aus Italien ankommender Edelmann wünscht den König im Auftrag des Herzogs von Guise zu sehen, und ich glaubte Euch um so mehr davon in Kenntniß setzen zu müssen, als er durchaus den Cardinal Von Lothringen sprechen wollte. Er nennt sich Vicomte d’Ermès.«

»Damit hast Du wohl gethan, Guillaume,« sprach der Connetable. »Laß den Herrn eintreten. Und Du, Meister Arnauld, stelle Dich hinter diesen Thürvorhang und versäume die Gelegenheit nicht, denjenigen anzuschauen, mit welchem Du ohne Zweifel zu thun haben wirst; Deinetwegen empfange ich ihn, aufgepaßt!«

»Mir däucht, gnädigster Herr,« erwiderte Arnauld, »ich habe ihn schon auf meinen Reisen getroffen. Gleichviel! es ist gut, sich Sicherheit zu verschaffen.«

Der Spion schlüpfte hinter den Vorhang. Guillaume führte Gabriel ein.

»Verzeiht,« sagte der junge Mann sich vor dem Greise verbeugend, »mit wem habe ich zu sprechen die Ehre?«

»Ich bin der Connetable von Montmorency, mein Herr, was wünscht Ihr?«

»Ich bitte noch einmal um Verzeihung,« versetzte Gabriel, »was ich zu sagen habe, muß ich dem König sagen.«

»Ihr wißt, daß Seine Majestät nicht im Louvre ist, und in seiner Abwesenheit . . .«

»Ich werde mich zu seiner Majestät begeben, oder sie erwarten,« unterbrach ihn Gabriel.

»Seine Majestät ist bei den Festen der Tournelles und wird nicht vor Abend hierher zurückkommen; ist es Euch unbekannt, daß man heute die Hochzeit Seiner Hoheit des Herrn Dauphin feiert?«

»Nein, gnädigster Herr, ich habe es unter Weges erfahren. Doch ich bin durch die Rue de l’Université und über den Pont au Change gekommen, und nicht durch die Rue Saint-Antoine.«

»Ihr hättet der Richtung der Menge folgen sollen. Sie hätte Euch zum König geführt.«

»Ich habe nicht die Ehre, von Seiner Majestät gesehen worden zu sein, bin ganz fremd am Hofe und hoffte im Louvre Monseigneur den Cardinal von Lothringen zu finden. Ich fragte auch nach Seiner Eminenz und weiß nicht, warum man mich zu Euch geführt hat.«

»Herr von Lothringen,« sprach der Connetable, »liebt die Scheinkämpfe, da er ein Mann der Kirche ist. Doch ich bin ein Mann des Schwertes, und liebe nur die wirklichen Kämpfe, und deshalb bin ich im Louvre, während sich Herr von Lothringen in den Tournelles befindet.«

»Ich werde mir die Freiheit nehmen, ihn dort aufzusuchen, gnädigster Herr.«

»Mein Gott! ruht ein wenig aus, mein Herr, Ihr scheint von fern herzukommen, von Italien, ohne Zweifel, da ihr durch die Rue de l’Université eingeritten seid.«

»In der That, von Italien. Ich habe keinen Grund, es zu verbergen.«

»Ihr kommt vielleicht im Auftrag des Herzogs von Guise. Nun, was macht er dort?«

»Erlaubt mir, es zuerst Seiner Majestät mitzutheilen und Euch zu verlassen, um diese Pflicht zu erfüllen.«

»Geht, mein Herr, da Ihr so sehr Eile habt. Ohne Zweifel,« fügte er mit einer geheuchelten Vertraulichkeit bei, »ohne Zweifel seid Ihr ungeduldig, irgend eine von unsern schönen Damen wiederzusehen. Ich wette, Ihr habt zugleich Eile und Furcht. He! nicht wahr, es ist so, sprecht, junger Mann.«

Doch Gabriel nahm seine kalte, ernste Miene an, antwortete nur mit einer tiefen Verbeugung und entfernte sich.

»Pater noster, qui es in coelis!« knurrte der Connetable, als sich die Thüre hinter Gabriel geschlossen hatte. »Bildet sich dieser verfluchte Jungfernknecht ein, ich wolle ihm entgegenkommen, ihn gewinnen, wer weiß? ihn bestechen vielleicht! Weiß ich nicht eben so gut als er, was er dem König sagen wird? Gleichviel, wenn ich ihn wiederfinde, so soll er mir seine kecke Miene und sein freches Mißtrauen theuer bezahlen. Holla! Meister Arnauld. Nun? was? wo ist der Bursche? auch entflohen? beim Kreuz! alle Leute haben sich das Wort gegeben, heute albern zu sein; Satan verwirre sie . . . Pater noster!«

Während der Connetable seiner schlimmen Laune in Schmähungen und Pater-nostern, seiner Gewohnheit gemäß, Luft machte, sah Gabriel, als er, um aus dem Louvre wegzugehen, durch eine ziemlich dunkle Gallerie schritt, zu seinem großen Erstaunen an der Thüre seinen Stallmeister Martin-Guerre, dem er im Hof zu warten befohlen hatte.

»Ihr seid es, Meister Martin,« sagte er, »Ihr seid mir also entgegengekommen? Nun gut! eilt mit Jerôme voran und erwartet mich mit den Wohleingewickelten Fahnen an der Ecke der Rue Sainte-Catherine, in der Rue Saint Antoine. Monseigneur der Cardinal will vielleicht, daß wir sie dem König auf der Stelle und vor dem versammelten Hofe im Carrousel überreichen. Christoph wird mein Pferd halten und mich begleiten. Geht! Ihr habt mich begriffen?«

»Ja, gnädigster Herr, ich weiß was ich wissen wollte,« antwortete Martin-Guerre.

Und er stieg die Treppe hinab und ging Gabriel mit einer Schnelligkeit voran, welche als ein gutes Vorzeichen für die Vollziehung seines Auftrags erscheinen mußte. Gabriel, der langsamer und gleichsam träumend aus dem Louvre wegging, war sehr erstaunt, als er im Hof seinen Stallmeister abermals traf, doch diesmal ganz bleich und erschrocken.

»Nun! Martin, was gibt es denn, was habt Ihr?« fragte er.

»Ah! gnädiger Herr, ich habe ihn gesehen, er ist so eben an mir vorübergegangen, er hat mit mir gesprochen.«

»Wer denn?«

»Wer? wenn es nicht Satan ist, das Gespenst, die Erscheinung, das Ungeheuer, der andere Martin-Guerre.«

»Abermals diese Tollheit, Martin! Ihr träumt also wachend?«

»Nein, nein, ich habe nicht geträumt. Er hat mit mir gesprochen, sage ich Euch, gnädiger Herr, er ist vor mir stehen geblieben, hat mich mit seinem Zauberblick versteinert und auf eine höllische Art lachend, sagte er zu mir: »Nun! wir sind also immer noch im Dienste des Vicomte d’Ermès?« bemerkt diese Mehrzahl, wir sind, gnädiger Herr, »und wir bringen von Italien die im Feldzug von Herrn von Guise eroberten Fahnen?« Ich antwortete ja mit dem Kopf wider meinen Willen, denn er behexte mich: woher weiß er dies Alles, gnädiger Herr? Dann fuhr er fort: »Fürchten wir uns nicht, sind wir nicht Freunde und Brüder?« Und als er sodann das Geräusch Eurer Tritte hörte, gnädiger Herr, rief er mit seiner teuflischen Ironie, die mir die Haare auf dem Kopfe sich sträuben machte: »Wir werden uns wiedersehen, Martin-Guerre.« Und er verschwand durch die kleine Thüre vielleicht oder vielmehr in der Mauer.«

»Du bist ein Narr,« versetzte Gabriel, »wie hätte er die materielle Zeit gehabt, Alles. dies Dir zu sagen und zu thun, seitdem Du mich oben in der Gallerie verlassen hast.«

»Ich, gnädiger Herr, habe mich nicht von der Stelle gerührt, wo Ihr mir Euch zu erwarten befahlet.«

»Ah! das wäre etwas Anderes, und wenn ich nicht mit Euch gesprochen habe, mit wem habe ich also eben gesprochen?«

»Sicherlich mit dem Andern, gnädiger Herr, mit dem Doppelgänger, mit meinem Gespenst.«

»Mein armer Martin,« versetzte Gabriel mitleidig, »bist Du krank? Du mußt Kopfweh haben. Wir sind vielleicht zu lange in der Sonne marschiert.«

»Ja,« sprach Martin-Guerre, »Ihr denkt aber abermals, ich habe das Delirium, nicht wahr? Doch gnädiger Herr, zum Beweis, daß ich mich nicht täusche, diene, daß ich nicht ein Wort von den Befehlen weiß, die Ihr mir gegeben zu haben glaubt.«

»Du hast sie vergessen, Martin!« sprach Gabriel mit sanftem Tone, »nun! ich will sie Dir wiederholen, mein Freund. Ich befahl Dir, mich mit den Fahnen in der Rue Saint-Antoine, an der Ecke der Rue Saint-Catherine zu erwarten. Jerôme sollte Dich begleiten, und ich würde Christoph behalten, erinnerst Du Dich nun?«

»Verzeiht, gnädiger Herr, wie soll man sich dessen erinnern, was man nie gewußt hat?«

»Nun weißt Du es aber, Martin. Nehmen wir unsere Pferde wieder an der Pforte, wo unsere Leute sie uns halten müssen, und dann rasch vorwärts. Nach den Tournelles!«

»Ich gehorche, gnädiger Herr. Im Ganzen habt Ihr dadurch zwei Stallmeister; doch es ist ein Glück für mich, daß ich nicht zwei Herren habe.«

Die beiden Dianen

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