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Erster Band
XI.
Gott lenkt

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Meine gute Mutter erwartete mich an der Thür der Sakristei. Wir kehrten mit einander, fast von dem ganzen Dorfe begleitet, nach dem Pfarrhause zurück. Dort nahmen die Kirchenvorsteher Abschied von mir, aber um ihre Bitte an den Herrn Rector aufzusetzen.

Meine Mutter und ich kehrten allein in das Innere des Pfarrhauses zurück, und ich war erstaunt, alle Schränke offen, alle Schubladen aufgezogen zu sehen.

Ich fragte Madame Snart, was das bedeutete.

– Mein Sohn, sagte sie zu mir, Sie haben mich als Ihre Mutter angenommen, es ist daher sehr natürlich, daß ich Sie als meinen Sohn anerkenne.

Bevor Sie wußten, ob ich reich oder arm wäre, haben Sie zu mir gesagt: »Sie werden dieses Zimmer behalten, in welchem Sie glücklich und unglücklich gewesen sind, in welchem Sie gelächelt und geweint haben, in welchem Sie Mutter geworden, und in welchem Ihre Kinder gestorben sind.« Ich habe es angenommen; nehmen Sie daher jetzt auch das an, was ich Ihnen anbiete, das heißt das Haus so wie es ist, mit seinen Möbeln, seiner Wäsche und seinem Silberzeug. So lange ich lebe, wird Alles für uns beide sein; sobald ich gestorben bin, wird Alles Ihnen allein gehören.

Ich wollte eine Geberde der Weigerung machen.

– O! sagte sie, schützen Sie nicht das Unrecht vor, welches ich denen anthue, die auf das Wenige rechnen, was ich besitze. Zuvörderst habe ich nur entfernte Erben, die kein wirkliches Recht auf mein kleines Vermögen haben; dieses kleine Vermögen, so wie es ist, eine Gabe der Wittwe, der Heller der Mutter, gehört Ihnen, und wenn Sie mich nicht unendlich betrüben wollen, so gehen wir noch heute zu dem Notar von Wirksworth, wo ich Ihnen eine Schenkung darüber ausstellen werde.

Ich dankte dem guten Wesen mit Thränen in den Augen; ich sagte zu ihr, daß ich Alles mit demselben Herzen annähme, als dieses Alles mir angeboten wäre; aber ich bat sie inständigst, diese Schenkung auf späterhin zu verlegen, um mir nicht in den Augen meiner zukünftigen Gemeinde das Ansehen eines habsüchtigen und mißtrauischen Menschen zu geben. Nach dem Beifalle, den ich so eben erlangt hatte, nach der dringenden Forderung, welche die Leute des Dorfes mir an den Herrn Rector zu richten versprachen, war es unmöglich, daß seine Entscheidung lange auf sich warten ließe.

Höchstens in vierzehn Tagen würde ich zurückgekehrt sein, und es würde dann Zeit genug sein, diese Schenkung zu machen, die ich im Voraus annahm.

Aber ich konnte ihr nicht verweigern, mit ihr alle diese bescheidenen, während fünfundzwanzig Jahren der Arbeit und der Sparsamkeit aufgehäuften Schätze der Haushaltung zu besuchen, und, ich beeile mich es zu sagen, bei der guten und würdigen Frau glich der Ueberfluß der Einfachheit fast dem Luxus.

Gott weiß, daß ich, hätte ich sie auch mit Lumpen bedeckt an der Ecke von dem Sarge des armen Pastors, der mein Vorgänger gewesen war, sitzend gefunden, sie aufgenommen, geliebt und verehrt haben würde, wie ich es that; aber ich muß auch gestehen, daß es nicht ohne eine gewisse, von aller Liebe zum Eigenthume freie Zufriedenheit war, daß ich diese Musterung meines zukünftigen Reichthumes hielt.

Nun fielen mir diese wenigen Worte wieder ein, welche sie mir über die Wahrscheinlichkeit gesagt hatte, daß vielleicht bald eine junge Gefährtin dieses Pfarrhaus mit mir bewohnen würde; ich dachte mit Stolz, daß wenn die Prophezeiung in Erfüllung ginge, wir bei unserm Eintritte in die Ehe auf der Stelle reich sein würden, wie die Andern es erst nach Verlauf von zehn, zwanzig und dreißig Jahren sind. Meine Zärtlichkeit für diese liebe Schenkerin nahm dadurch nicht zu; aber die Dankbarkeit vereinigte sich mit ihr und machte aus ihr ein zärtlicheres, liebevolleres, und ich möchte fast sagen, – so sehr hält sich die Liebe zum Eigenthume in einem Winkel des menschlichen Herzens verborgen, – ein weit ergebeneres Gefühl.

Wir setzten uns zu Tische. Sie wissen bereits, mein lieber Petrus, daß die Natur mich mit einem vortrefflichen Appetit begabt hat; aber dieses Mal fügte der Gedanke, daß ich von einem Porzellan und mit Silbergeschirr äße, das mir eines Tages angehören würde, dem Mahle noch ein Vergnügen hinzu, und ließ es mich von dem Guten, wie es war, vortrefflich finden; dann, nach der Mahlzeit, während welcher wir, sie als eine gute Mutter, und ich als ein guter Sohn unsere Verabredungen für die Zukunft trafen, umarmte ich sie, und stieg trotz ihren Bitten, daß ich noch einen Tag langer bleiben möchte, wieder in die Carriole und schlug den Weg nach Nottingham ein.

Der wahre Grund dieser Abreise war, daß ich Eile hatte, meinem Wirthe, dem Kupferschmiede, meinen Triumph zu melden.

Als sie die Carriole vor der Thür des Pfarrhauses sahen, hatten sich ein Dutzend Landleute in der Absicht versammelt, mich beim Vorüberkommen zu grüßen. Ich nahm Abschied von ihnen, indem ich sie bat, für meine baldige Rückkehr zu beten. Sie versprachen es mir mit entblößtem Kopfe und die Hand schüchtern nach mir ausgestreckt. Ich ergriff alle diese Hände eine nach der andern, und drückte sie in die meinigen; dann umarmte ich den Aeltesten, bat ihn um seinen Segen, und stieg, wie ich gesagt habe, wieder in die Carriole, welche den Weg nach Nottingham einschlug.

In der ganzen Länge der Straße fand ich Gruppen von drei oder vier Landleuten, die sich mit einander unterhielten. Bei dem Rollen des Wagens wandten sie sich um, und als sie mich sahen, lächelten sie.

Und ich sagte mir stolzer Weise, – denn ach! mein lieber Petrus, Sie wissen nicht, welches Unkraut, welche ausdauernde Pflanze der Stolz ist! – und ich, ich sagte mir:

– Sie sprechen von meiner Predigt, und sie sind stolz einen Pastor zu haben, der beredtsamer als alle Pastoren der Nachbarschaft ist.

Dann fügte ich wieder im Stillen, in der geheimen Tiefe meiner Seele hinzu:

– Was wird es denn erst sein, wenn ich mein großes Werk geschrieben haben werde?

Denn an dieses große Werk, das ich für immer zum Nichts verdammt zu haben glaubte, dachte ich doch noch von Zeit zu Zeit wieder.

Wahr ist es, daß ich bald durch den Anblick der Gegend, dieser Häuser, dieser Kinder, dieser Thiere wieder zerstreut wurde, welche mir bei meiner Ankunft so heilsame Gedanken eingeflößt hatten. Ich lächelte Alle diesem zu und segnete es im Vorüberkommen bei Weitem vergnügter, als ich es am Tage vorher gethan hatte; denn ich hatte jetzt Ursache, das als eine Gewißheit anzusehen, was vorher nur eine ungewisse Hoffnung war.

Gegen zwei Uhr Nachmittags war ich nach Nottingham zurückgekehrt. Mein Wirth, der Kupferschmied, war ausgegangen, um Arbeit in die Stadt zu tragen; aber da man mir sagte, daß er bald nach Haus kommen würde, so erwartete ich ihn in seinem Laden.

In der That, einige Minuten nach meiner Ankunft erschien er auf der Schwelle.

– Ah! sagte er, als er mich erblickte und auf meinem Gesichte eine mit Stolz gemischte Freude las, es ist nicht nöthig, Sie zu fragen, ob Sie mit Ihrer Reise zufrieden sind . . . Die Sachen sind gut gegangen, wie es scheint?

– Vortrefflich, mein lieber Wirth, und der Erfolg hat meine Erwartung übertreffen.

– Um so besser, sagte er, um so besser! und ich freue mich, in meinen Voraussichten geirrt zu haben . . . Ich erwartete Sie mit einer gewissen Besorgniß, und ich hoffte nichts so Gutes von Ihrer Predigt . . . Aber das ist nicht meine Schuld; ich bin ein armer Mann, der nichts von allen den Dingen der Literatur, der Theologie und der Wissenschaft versteht. Ich hatte Unrecht, und Sie hatten Recht.

Ich muß Ihnen gestehen, mein lieber Petrus, daß ein Rest des alten noch nicht recht aus meiner Person ausgetriebenen Stolzes sich dazu neigte, diesen wackeren Mann glauben zu lassen, daß in der That er es wäre, der sich geirrt hätte, und ich, der unfehlbar gewesen sei; aber ich schämte mich dieser Regung des Stolzes, und indem ich sie fast sogleich verwarf, sagte ich zu ihm:

– Nein, mein lieber Wirth, nein; Sie hatten im Gegentheil Recht, und ich hatte Unrecht.

Von der alten Predigt, die ich Ihnen vorgelesen habe, und die Sie mit so vielem Rechte abscheulich gefunden, ist nichts übrig geblieben, als die Scham, sie gemacht zu haben.

Und nun erzählte ich ihm alles das, was sich zugetragen hatte; wie der Anblick aller dieser natürlichen und reizenden Gegenstände, die ich auf meinem Wege angetroffen hatte, den Gang meiner Ideen geändert; wie ich muthiger Weise meine Predigt zerrissen, und wie ich mit Hilfe Gottes eine andere aus dem Steigreife gehalten hätte.

– Nun denn, sagte er, indem er auf mich zukam und mir die Hand reichte, ich habe es wohl gedacht, Sie haben ein goldenes Herz; nur ist der Verstand zuweilen falsch; aber das rührt daher, Herr Bemrode, daß Sie zu gelehrt sind. Es giebt viele Leute, ich unter Anderen, die nöthig hätten zu lernen; Sie, lieber Herr, Sie hätten im Gegentheile nöthig zu vergessen.

Ich lächelte hochmüthiger Weise. Ich hatte eine hinlänglich gute Idee von dem Grade der Kenntnisse, die ich besaß, um fast der Meinung meines Wirthes, des Kupferschmieds, zu sein und mir im Stillen zu sagen, daß ich in der That viel vergessen und noch außerordentlich viel wissen könnte.

Ich nahm wieder Besitz von meinem kleinen Zimmer und wartete geduldig die Entscheidung des Herrn Rectors ab, zu dem ich zwei Mal ging, ohne die Ehre zu haben, von ihm empfangen zu werden.

Es war augenscheinlich, daß die würdige Madame Snart sich nicht geirrt hatte. Der Rector hatte darauf gerechnet, daß meine zweite Predigt wie die erste durchfallen würde, dann würde sein Neffe nach seiner Reihe predigen und da einen Beifall erlangen, wo ich einen Sturz erlitten hatte; die Gemeinde würde selbst diesen jungen Mann verlangen , den der Rector ihr bewilligte, indem er dabei den Schein der strengsten Unparteilichkeit erhielt, da er einen öffentlichen Wettstreit unter uns angeordnet hatte, und der Sieg, nicht er, zu Gunsten des Verdienstvolleren entschieden hätte.

Unglücklicher Weise für diesen schönen Plan und gegen alle Erwartung hatte ich statt des gehofften Durchfallens einen unerwarteten Beifall erlangt; statt daß die Landleute den Neffen des Rectors zu ihrem Pastor verlangten, hatten sie geschrieben, daß ich es wäre, den sie zu ihrem Pastor wünschten, wobei sie hinzufügten, daß ihre Wahl so fest beschlossen sei, daß es unnöthig wäre, daß ein anderer Candidat sich vorstellte. Da er nicht wagte, gegen eine solche Einstimmigkeit zu wirken, hatte der Neffe des Rectors sich entfernt gehalten, und der Onkel hatte mir in einer ersten Regung übler Laune seine Thür verschlossen.

Aber er war ein zu gewandter Mann, um mir auf diese Weise öffentlich zu schmollen; demzufolge erhielt ich drei Wochen nach dem Tage, an welchem ich mit so viel Beifall gepredigt hatte, meine Ernennung zum Pfarrer von Ashbourn.

Diese Ernennung, welche alle meine Wünsche erfüllte, machte mich um so vergnügter, als das Schweigen des Rectors anfing, mich ernstlich zu beunruhigen. Kaum hatte ich daher auch den Brief aufgebrochen, welcher sie enthielt, als ich mich zum Rector begab, um ihm zu danken. Dieses Mal empfing er mich, antwortete auf meine Danksagungen, daß er nur nach seiner Ueberzeugung handelte; daß er, um nicht durch falsche Berichte getäuscht zu werden, selbst gekommen wäre, um mich zu hören, und daß er, mit meiner Art und Weise, zu predigen, zufrieden, sich von Herzen unter die gemischt, die mir Glück gewünscht hätten. Nur glaubte er, daß die Pfarre des Dorfes Ashbourn einer Verringerung des Gehaltes unterworfen werden würde, daß die Ersparnisse immer nothwendiger würden, und daß ich mich nicht verwundern sollte, wenn die Pfarrstelle von neunzig Pfund Sterling auf achtzig und sogar auf siebzig herabgesetzt wäre.

Ich antwortete ihm, daß ich mich in dieser Beziehung auf sein Wohlwollen verließe, ein Wohlwollen, von dem er mir einen so großen Beweis gegeben hätte.

Der Rector brummte einige Worte, die weder eine Versicherung, noch eine Drohung waren; dann, als ich bemerkte, daß nach seinem Wunsche mein Besuch lange genug gedauert hätte, nahm ich Abschied von ihm und entfernte mich.

Sobald ich einmal ernannt war, hatte ich Eile, wieder zu meiner guten Adoptivmutter zu gehen und Besitz von diesem schönen Pfarrhause zu nehmen, das so gut mit allen Dingen versehen war, daß mir, da ich nichts auf der Welt zu kaufen hatte, diese Herabsetzung von zehn Pfund Sterling jährlich, angenommen, daß sie stattfände, kaum fühlbar sein würde. Demzufolge benachrichtigte ich, bevor ich zu meinem Wirthe, dem Kupferschmied, zurückkehrte, den Miethkutscher, daß er mir die Carriole mit ihrem Kutscher zu senden und es so einzurichten hätte, daß ich noch an demselben Tage um Mittag oder spätestens um ein Uhr abreisen könnte.

Um halb ein Uhr war die Carriole vor meiner Thür.

Mein Wirth, der Kupferschmied, schien zugleich traurig und vergnügt über meine Abreise: traurig, daß ich ihn verließe, vergnügt darüber, daß ich ihn für diese gute Pfarre verließe, von der ich ihm, wie von dem nec plus ultra meiner Wünsche gesprochen hatte. In dem Augenblicke, wo wir uns zu verlassen im Begriffe standen, bat er mich daher auch mit ganz gerührtem Herzen, zum Andenken von ihm drei oder vier Kasserole und einen oder zwei Kessel anzunehmen, die bestimmt wären, den Anfang meines Küchengeschirres zu bilden; aber da ich bei meine! Wittwe eine Menge von weit schöneren und weit größeren Kasserolen und Kesseln als die gesehen hatte, die mir mein Wirth anbot, so schlug ich es aus, indem ich ihm vielleicht ein wenig zu offenherzig die Ursache meiner Weigerung sagte; so daß er empfindlich wurde, seine Kasserole und seine Kessel wieder nahm, sie an ihren Nagel hing, und mit einer Kälte von mir Abschied nahm, die mich bekümmerte, aber die zu bekämpfen ich unter meiner Würde hielt.

Mein Auszug bedurfte keiner langen Vorbereitungen, alle meine Kleidungsstücke bestanden aus einem Ueberrocke, einem Fracke, zwei Paar kurzen Beinkleidern, zwei Westen, vier Paar Strümpfen, fünf oder sechs Hemden, zwei Paar Schuhen und einem Hute.

Als einziges Möbel hatte ich nur das Fernrohr meines Großvaters, des Bootsmannes.

Ich legte mein Bündel in den Wagen, stellte mein Fernrohr zwischen meine Beine, und indem ich selbst durch ein Schnalzen der Zunge das Signal zum Aufbruche gab, entfernte ich mich, ohne meinen Wirth, den Kupferschmied, zu umarmen, welche Lust ich im Grunde des Herzens auch dazu hatte.

Als ich, indem ich mich entfernte, hinter mich durch ein kleines in der Carrio^e angebrachtes Fenster blickte, schien es mir, den würdigen Mann in seinen Laden zurückkehren zu sehen, indem er den Kopf schüttelte und eine Thräne abtrocknete.

Ich hatte den Gedanken, wieder umzukehren, um mich mit ihm zu versöhnen; aber ich fürchtete mich zu irren, und demzufolge einer lächerlichen Regung nachzugeben.

Meine bereits, um die Schulter des neben mir sitzenden Kutschers zu berühren, ausgestreckte Hand sank daher wieder auf mein Knie zurück, während ich leise murmelte:

– Ah! meinetwegen! warum ist er so empfindlich!

Mein lieber Petrus, ich habe mir seitdem mehr als ein Mal gesagt, daß diese Empfindlichkeit sehr natürlich war. Was dieser wackere Mann mir anbot, bot er mir von Herzen an, und so gering ein Geschenk auch sein möge, so giebt es doch eine gewisse Art es anzubieten, welche macht, daß es immer angenommen werden muß.

Vielleicht würde ich mich mit diesem Umstande ohne das Ereigniß noch mehr beschäftigt haben, das mich auf andere Gedanken brachte, und das wichtig genug war, um plötzlich selbst die Erkaltung meines Wirthes, des Kupferschmieds, zu vergessen.

Ich hatte keine Veränderung auf der Straße gefunden; sie war immer noch heiter und lebendig; aber bei meiner Ankunft an den ersten Häusern des Dorfes schien es mir, als ob ein Trauerschleier über die Gesichter verbreitet wäre, die sich mir zeigten. Statt meiner Carriole entgegenzueilen und mich willkommen zu heißen, senkten die Landleute den Kopf und wandten die Augen ab. Bei diesem Anblicke fühlte ich etwas so Schmerzliches mir das Herz beklemmen, daß ich nicht den Muth hatte zu fragen; ich setzte, oder ließ vielmehr das Pferd den Weg fortsetzen, ohne seinen Schritt weder zu beschleunigen, noch zu mäßigen, und ich kam auf diese Weise vor der Thür des Pfarrhauses an.

Meine Augen senkten sich sogleich in den Hof, und ich sah diesen Hof voll schwarz gekleideter, alle dem Dorfe fremder, alle mir unbekannter Leute: es gab deren vor der Thür, es gab deren an den offenen Fenstern, und alle sprachen unter einander voller Eifer und schienen sehr geschäftig.

Ich fing an, ein gräßliches Unglück zu vermuthen.

Ich sprang aus der Carriole; ich drang in das Haus; ich schritt durch den Speisesaal, ich trat in das Schlafzimmer, das einzige, welches leer war, und dort sah ich auf dem Boden, auf den Steinplatten, mitten in diesem gänzlich ausgeräumten Zimmer, einen Sarg von Tannenholz, dessen nicht recht schließender Deckel andeutete, daß er noch nicht zugenagelt wäre.

Ein Schauder rollte mir durch die Adern; ich hatte Alles errathen.

Ich verschloß die Thür hinter mir; ich blieb an dieser Thür stehen, indem ich meine Hand auf mein klopfendes Herz legte, um wieder ein wenig Kräfte zu sammeln; dann, meiner weit sicherer, ging ich gerade auf den Sarg zu, dessen Deckel ich aufhob.

Meine gute Adoptivmutter lag darin in einem ganz zerrissenen Leintuche; ihr zurückgeworfener Kopf ruhte hart auf einer Querleiste von Holz.

Diese Männer und diese Frauen, welche das Haus erfüllten, waren jene Erben im zehnten Grade, von welchen sie mir als von Leuten gesprochen hatte, denen sie keine Rechenschaft von ihrem Vermögen schuldig sei.

Ich fing damit an, ein frommes Gebet neben diesem entseelten Körper zu verrichten; dann entrüstet und betrübt, daß diese würdige Frau, deren Schränke von so schöner Wäsche strotzten, in ein so armseliges Grabtuch gebettet war und ihren Kopf auf einer so harten Querleiste ausruhte, verließ ich das Zimmer, und kaufte von dem Einen dieser Erben ein Leintuch, von dem Andern ein Kopfkissen; ich kehrte zu ihr zurück und hüllte diese arme Leiche in dieses neue Betttuch, indem ich die Querleiste wegnahm, und an ihrer Stelle unter ihren Kopf, der so ruhig war, daß sie eingeschlafen schien, dieses Kopfkissen schob, auf welchem sie während der Ewigkeit ausruhen sollte.

Ich warf mich auf die Knie und betete, bis daß die Tischler, die zum Trinken gegangen waren, zurückkehrten, um den Sarg zu vernageln.

Als ich sie mit ihren Hämmern in der Hand und ihren Nägeln in ihrer Schürze eintreten sah, begriff ich, daß die Stunde gekommen wäre, dieser armen Leiche ein letztes Lebewohl zu sagen; ich kreuzte ihre Hände auf ihre Brust; ich ging in den Garten, um einen Zweig von jeder der drei Weiden zu pflücken, welche an den Geburtstag ihrer Töchter erinnerten; ich legte die drei Zweige unter ihre Hände und auf ihre Brust, und küßte sie ehrerbietig auf ihre Stirn, indem ich zu ihr sagte:

– Geh, würdige Mutter! geh, fromme Gattin! Dich in dem Himmel wieder mit allen denen zu vereinigen, die Du geliebt hast! . . . Der Mensch ist nur ein Fremdling auf Erden!

Einige Augenblicke nachher hatten sechs Nägel und vier Bretter von Tannenholz zwischen sie und mich den Abgrund der Ewigkeit gelegt.

Der Pastor von Ashbourn

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