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Das Rennen aller Rennen

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Wie, und vor allem wann und wo, sollte eine Geschichte über Marcel Hirscher beginnen? Auf der Stuhlalm, wo Marcel seine wildromantische Jugend verbrachte? Das wäre wohl der logische Weg. Die 08/15-Variante. Aber diese Geschichte handelt von einem Sportler, der nie die 08/15-Variante gewählt hat. Der die Grenzen verschoben hat, mit seinem über die Jahre aufgebauten Team neue, völlig verrückt wirkende Wege gegangen ist, sich immer am Limit bewegt hat. Und damit landet man unweigerlich am 17. Februar 2013. In Schladming. Also quasi mitten im Auge des Orkans. Nie davor und auch nie wieder danach erlebt und zeigt Marcel Emotionen wie an diesem Tag, an dem er im brodelnden Hexenkessel Planai Slalom-WM-Gold holt. Dem Tag, als er für sich selbst endgültig die Gewissheit findet, die völlig verrückten Hoffnungen und Erwartungen eines ganzen Landes stemmen zu können – eine Erfahrung, die in Zukunft eine seiner stärksten Waffen werden soll. Marcels Devise lautet ab diesem Tag: „Egal, was jetzt noch kommt, es kann nicht wilder als damals in Schladming sein.“

Die Tage davor sind fast eine Qual. Marcel erinnert sich: „Schlaflose Nächte, Nackenschmerzen, Migräne, absoluter Wahnsinn, absoluter Ausnahmezustand.“ Die Tatsache, dass Österreich in Schladming vor dem letzten Bewerb zwar mit Teamgold (das Marcel gemeinsam mit Michaela Kirchgasser, Nicole Hosp, Carmen Thalmann, Philipp Schörghofer, Marcel Mathis holt), doch noch ohne Einzelgold dasteht, trägt zur Verschärfung der Lage natürlich bei. Die Nacht vor dem Slalom verbringt Marcel nicht im ÖSV-Teamquartier Pichlmayrgut, sondern daheim mit Freundin Laura und Cockerspaniel Timon. „Die Tür daheim zuzumachen, war der einzige Weg, um diese WM wenigstens für ein paar Stunden auszublenden. Es war wirklich verrückt. Ich konnte in diesen Tagen nicht mal eine Wurstsemmel holen, ohne dass ich permanent daran erinnert wurde, dass ich Gold holen muss.“

Um 14.23 Uhr steht Marcel dann im Starthaus. Mutterseelenallein – wie so oft in seiner Karriere. Wie es eben ist, wenn man nach dem ersten Durchgang führt und der Rest der Ski-Welt schon unten im Ziel ist. „Ich fühlte mich, als würde ich mit dem Rücken zur Wand stehen. Eine Horde wilder Hunde war hinter mir her. Und es gab nur einen Weg: Ich muss da runter!“ Der „Letzte“ muss es also für Österreich richten. ER muss es richten. 1,939 Millionen Österreicher sehen via ORF zu, knapp 50.000 vor Ort. Kurz vor dem Start wird Marcel aus dem Tunnel der Konzentration gerissen. Der quälende Gedanke meldet sich: „Was passiert, wenn ich einfädle? – Sie werden mich töten.“ Doch es gibt sowieso kein Zurück mehr. 55,47 Sekunden später die Erlösung: Zieldurchfahrt, Gold für Österreich, Gold für Hirscher vor seinem Kumpel, dem Lieblings-Piefke Felix Neureuther, und Mario Matt. Wie ein Fußballer nach dem entscheidenden Tor in Minute 94 des WM-Finales läuft Marcel durch den Zielraum, kniet, rutscht auf dem Bauch durch den Schnee. „Der emotionalste, prägendste Sieg meiner Karriere.“

Danach brechen alle Dämme. Die Begeisterung rund um den Skihelden sprengt alle Grenzen. Und sprengt den Rahmen. „Ich musste die offiziellen ÖSV-Pickerl von meinem Audi runtergeben“, erzählt Marcel. Er wurde, wenn er mit dem Dienstwagen unterwegs war, unzählige Male erkannt. Menschen ließen sich dadurch zu waghalsigen Manövern auf den Straßen hinreißen, um Marcel vielleicht zum Stehenbleiben, Autogrammschreiben oder Selfiemachen zu bewegen. „Es war nicht nur für mich, sondern vor allem für die anderen auf der Straße richtig gefährlich. Die Hysterie kam so plötzlich und überraschend, ich wurde von ihr förmlich überrannt!“

Marcel Hirscher

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