Читать книгу Männer ohne Möbel - Alexandra Stahl - Страница 11
SAMSTAGABEND
IN BERLIN
ОглавлениеWeil mir nichts Besseres einfällt, lerne ich drei Männer kennen. Sie haben ähnlich viele Probleme wie die Hunde und Katzen im Tierheim.
Der erste sieht aus wie Jesus.
Er erzählt von seiner Mutter, die ihn immer wieder besuche, seit dem Tod seines Vaters sei ihr langweilig. Er erklärt, dass er Nutella liebe und seit vier Jahren keine Frau mehr gehabt habe. Zweimal sagt er, dass mein Körper sehr schön sei, während ich vollständig angezogen neben ihm sitze. Aus Gründen, die ich nicht kenne, lasse ich zu, dass er mich küsst.
Er küsst mich wie ein Siebenjähriger, mit spitzen Lippen. Ich passe mich an, denke aber bald, vielleicht muss ich zeigen, dass wir uns richtig küssen können. Ich öffne meinen Mund, doch Jesus hält die Lippen weiter aufeinandergepresst. Ich schließe meinen wieder, aber nun öffnet er seinen, wo ich meinen längst wieder zu habe. Anders als ich meinen, lässt er seinen offen und stößt seine Zunge schnell und weit heraus und zieht sie gleich darauf wieder ein. Rein, raus, rein, raus.
Den zweiten nenne ich The Britalian.
The Britalian kommt aus Mailand und versucht, britisches Englisch zu sprechen, weil er einst in seine Englischlehrerin verliebt war. Das Problem ist, dass er zu der Zeit mit einer zusammenkam, die zwölf Jahre seine Freundin bleiben sollte. Sie waren schon verlobt, da träumte sich The Britalian in ein anderes Leben. Von Schuldgefühlen geplagt, schlief er sich zwei Jahre durch Matratzen ohne Bettgestelle und bekommt jetzt, da ich vor ihm sitze, immer noch leuchtende Augen, wenn er von Clubs erzählt, die freitags öffnen und montags noch voll sind. Mehrfach erklärt er, sein Herz klopfe, wenn er meine Stimme höre, dann fährt er nach Italien und mistet den Keller seiner Eltern aus.
Reisen in die Heimat sind fatal.
Die Menschen müssen sich dann damit auseinandersetzen, wer sie früher waren, werden unzufrieden und projizieren das auf die, mit denen sie angebandelt haben. Oder sie rennen in Ex-Partner. Oder Ex-Partner in sie. Oder: Sie räumen den Keller ihrer Eltern aus.
Zurück in Berlin berichtet The Britalian, er habe sein altes Skateboard gefunden, und außerdem könnten wir uns nicht mehr treffen, er habe Angst vor der Liebe. Ich lache, aber er beharrt, es sei die Wahrheit, nichts als die Wahrheit. Außerdem sagt er: If I sleep with you I might cry afterwards.
Der dritte ist Schlagzeuger.
Er hat ein Gesicht wie ein Gemälde, vor dem man den Kopf schief hält. Man könnte ihn in jedes Jahrhundert stellen, er wäre immer der Schönste. Wir küssen uns vor seiner Haustür.
– Willst du wirklich nicht mit reinkommen?
– Nein, aber wir könnten morgen einen Kaffee trinken gehen?
– Weißt du, in meinem Leben gibt es kein Morgen. Es gibt immer nur den Moment.
– Aha. Ich geh’ jetzt aber trotzdem.
– Aber du riechst so gut!
– Ja. Danke …
– Also, willst du wirklich gehen? Ich meine, es ist Samstagabend. In Berlin!
– Ich glaube ja, ich bin eher Dienstagabend. In Hannover.
– Oh.
Auf dem Heimweg muss ich lachen. Vielleicht ist das etwas.