Читать книгу Männer ohne Möbel - Alexandra Stahl - Страница 24
INSALATA
ОглавлениеDas Restaurant am Hermannplatz ist so klein, dass man mit langen Haaren aufpassen muss. Wir tragen beide einen Dutt.
Der Japaner mit den roten Lippen nickt, als er Ria sieht. Nicht unbedingt erfreut, eher mit der Zufriedenheit eines Menschen, der den Lebenssinn in seiner Arbeit sieht. Und Ria ist Arbeit. Ohne zu bestellen, bekommt sie ein Tablett voll glänzender Stückchen und Schwänzchen. Der Fisch scheint sich besonders hübsch gemacht zu haben für ihren Mund. Ich zähle durch, während sie fotografiert. Es sind achtzehn Stück.
Sie habe sich das Fotografieren angewöhnt, ihre Familie habe zwar Internet, kenne aber kein Sushi, und sie verstehe sich als Brücke zwischen den Welten. Das sagt sie so nicht, aber sinngemäß.
– Know it’s stupid. But they don’t know Sushi. They just go online!
Sie kommt aus einem kleinen Dorf bei Krakau, aber mich interessiert viel mehr, wie sie das alles essen kann.
– It looks a lot, but it’s the only thing I have today!
Ohne Scham und ohne dass es nach einer Rechtfertigung klingt, beschreibt sie ihre Essgewohnheiten. Freitags und samstags die Deluxe-Sushi-Platte, montags bis donnerstags Walnüsse und das 9er-Sake, sonntags zwei Croissants mit französischem Weichkäse.
– The most important thing is Omega three and that you drink enough!
Ich nicke. Omega 3, das liest man immer wieder, ist wichtig. Und trinken. Wir bestellen einen zweiten Reisschnaps, obwohl mein Gesicht schon heiß ist. Rias Gesicht sieht aus, als wäre der Schnaps Wasser. Ihr Gesicht sieht immer aus, als wäre Schnaps Wasser.
Sie erzählt von ihrem Exfreund. Er habe sich nach einer verdrogten Nacht insalata auf den linken Unterarm tätowieren lassen. Sie hatten beschlossen, das sei der absolute Liebesbeweis.
– Isn’t that stupid?, ruft sie über den Tisch, dabei wollte ich gerade sagen, dass das ziemlich lässig klingt.
Nur, warum Salat?
Es sei darum gegangen, das erste Wort zu nehmen, das ihm am Morgen einfiel.
– Of course I thought he would choose my name!
Ich lache laut, Ria gar nicht.
Überhaupt finde ich oft witzig, was sie sagt, aber sie meint die meisten Dinge irgendwie ernst. Und so schaut sie auch. Wenn sie länger überlegt, kneift sie ihre dunklen Augen zusammen, öffnet den Mund leicht und schaut in die Ferne. Es hat etwas Hypnotisches und Seltsames. Als würde sie jemanden spielen, der nachdenkt, und gar nicht wirklich nachdenken. Als würde sie die Zeit verlängern wollen, in der ich ihr ins Gesicht schaue.