Читать книгу Männer ohne Möbel - Alexandra Stahl - Страница 25
MEIN HAPPY END
BIN ICH!
ОглавлениеHappy End scheint Frauensache. Mit mir sind vier andere gekommen.
Miriam, die eines von diesen Batik-Gewändern trägt, die man nur in Läden kriegt, in denen es nach Räucherstäbchen riecht. Ihre Stimme ist sanft, ständig nickt sie verständnisvoll. Ich vermute, dass sie die Schlafzimmertür wieder schließen würde, um nicht zu stören, wenn sie ihren Mann mit einer anderen Frau erwischen würde.
Schwieriger ist Beate. Ich weiß, dass man nicht vom Aussehen eines Menschen auf sein Können schließen soll, aber diese Frau ist keine Schriftstellerin. So wie ich keine Handwerkerin bin. Sie hat kurze Arme, kurze Beine und drei vollgepackte Plastiktüten dabei. Vielleicht hat sie nasses Laub gesammelt? Alles an ihr signalisiert Stress, und ihr erster Satz ist: Ich schreibe an meiner Autobiographie, hab schon 450 Seiten und Knausgård gelesen, aber bei mir ist alles Kraut und Rüben!
Da lacht Vera auf. Kurzhaarschnitt, russischer Akzent. Sie hat etwas Unverschämtes, auf eine gute Art. Das Problem ist, dass sie alles mit Herr der Ringe vergleicht.
Und neben mir sitzt Patrizia, komplett in Weiß, als wäre das hier eine Tennisstunde oder ein Krankenhaus. Patrizia arbeitet als Lebensberaterin in Prenzlauer Berg und hat schon eine Geschichte mitgebracht, die sie zum Einstieg vortragen möchte. Es ist ein modern interpretiertes Märchen, in dem eine Frau namens Cinderella sich nach anfänglichen Hindernissen in einen geschiedenen Lebensberater verliebt.
Die Kursleiterin verhindert das. Sie trägt eine rotgerahmte Brille und heißt Agatha. Ich glaube, das ist ein Künstlername, obwohl sie keine Künstlerin ist. Deswegen bringt sie uns jetzt Erzählmodelle bei. Wenn wir unser Leben wie ein Lieblingsbuch aufschreiben wollen, brauchen wir nämlich einen Plot.
– Plot?, fragt Miriam.
Vera lacht wieder.
– Den Aufbau der Handlung, sag ich mal, antwortet Agatha.
– Verstehe, aha, verstanden, nickt Miriam.
– Plot ist doch total überschätzt, mault Beate. Schaut euch die Russen an, da passiert auf tausend Seiten gar nix.
– Bei Tolstoi passiert schon was, sagt Vera.
Die beiden schauen einander an. Zwei Hunde, die gleich bellen.
– Jedenfalls, sagt Agatha, gibt es verschiedene Arten, eine Geschichte zu erzählen.
– Also gibt es kein Richtig oder Falsch?, fragt Patrizia.
– Nein, nur schlecht, sagt Vera.
– Also, du stinkst mir jetzt schon, motzt Beate.
– Keine Diskussionen untereinander, bitte!, ruft Agatha.
Miriam schreibt eifrig mit.
– Jedenfalls, erklärt Agatha, ist zunächst das Thema entscheidend. Ihr müsst wissen, was ihr erzählen wollt, sag ich mal. Und der Stoff dafür umgibt euch ja die ganze Zeit.
– Geht’s ein bisschen konkreter?, blafft Beate und Agatha blafft zurück.
– Naja, ihr wollt doch über euer Leben schreiben. Deswegen seid ihr doch hier, oder nicht?
– Und wenn da nicht so viel passiert?, fragt Patrizia.
– Tja, das ist dann schlecht, sagt Vera.