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Wir stiegen aus.

Die Villa war von einem schmiedeeisernen Zaun umgeben. Wir traten ans Tor, und uns traf ein unangenehm kalter Wind, der durch die großzügig angelegte Allee fegte, die auf Ugarimovs Villa zuführte. Eine gute Adresse, eine feine Gegend...

Irgendwo verschluckte der Wind das Knurren eines Hundes.

Ein Mann wie Ugarimov musste sein Haus natürlich vor ungebetenen Gästen schützen.

Das Tor war gusseisern und so massiv, dass man einen Panzer brauchte, um durchzukommen. Ein Blick zwischen den Gitterstäben hindurch zeigte ein paar nervös wirkende Männer in dunklen Anzügen. Walky Talkys verbeulten die Jackettaußentaschen und hier und da sah ich offen getragene Maschinenpistolen vom Typ Uzi. Es war kein Wunder, dass man nicht versucht hatte, Ugarimov hier, in dieser Privatfestung umzubringen.

Das wäre schwierig geworden.

Selbst für ein professionelles Killer-Kommando.

Dass wäre höchstens etwas für die Navy Seals gewesen, so wie bei der Sache mit Osama bin Laden. Aber so wichtig, dass Ugarimov auf der Todesliste unseres Präsidenten stand, war er wohl nicht. Es gibt eben unterschiedliche Klassen von Schurken.

Ich drückte auf den Knopf neben der Gegensprechanlage.

Eine Männerstimme knurrte ein launiges: „Sie wünschen?“

Ich sagte: „Special Cases Field Office.“

„Mister Ugarimov ist nicht zu Hause.“

„Wir hätten gerne Mrs. Ugarimov gesprochen.“

Lew und mir war bekannt, dass er mit einer beinahe dreißig Jahre jüngeren Frau verheiratet war.

Am anderen Ende der Gegensprechanlage herrschte einige Augenblicke lang Schweigen.

Dann bekamen wir eine Antwort.

„Einen Moment!“

Es war eine metallisch klingende Männerstimme. Kalt wie Eis. Abweisend wie der Anwalt einer Versicherung. Fies wie ein Gangster.

Eine, die man in den Disney-Trickfilmen immer den Bösewichten gibt, sodass auch der Blödeste gleich merkt, mit wem er es zu tun hat.

In der Welt, die wir die Realität nennen, hat man es da leider nicht immer so einfach.

In diesem Fall aber schon.

Gut so, dachte ich.

Man musste ja schließlich immer das Positive sehen, auch wenn das in unserem Job nicht immer leicht fällt.

Erstmal geschah gar nichts.

Alles wirkte wie erstarrt.

Eingefroren.

Dann registrierte ich, wie einer der Wächter in den gut sitzenden Beerdigungsanzügen zu seinem Funkgerät griff. Kurz darauf kam er in Begleitung eines bulligen Kerls am Tor an. Dieser hielt einen Rottweiler ziemlich kurz an der Leine. Das Tier fletschte die Zähne und wollte nach uns schnappen. Ein mannscharfes Biest, das speziell auf Menschen abgerichtet war.

Der bullige Hundeführer grinste schief und tätschelte dem Tier am Hals herum. „Er tut nichts. Er mag nur keine Cops“, knurrte er dabei.

„Was Sie nicht sagen“, erwiderte ich kühl.

„Ist aber so.“

„Kann ja sein, dass der Köter nichts tut“, sagte ich. „Für mich gilt das aber nicht.“

„Wie?“

„Wenn er sich bewegt, schieße ich ihm eine Ladung Blei ins Hirn und den Rest können Sie dann an eine Garküche in Chinatown geben!“

Es gibt nur wenige Dinge, die noch weniger politisch korrekt sind, als ein Muslim zu sein. Ich meine jetzt nicht, ein rothaariger Muslim mit irischer Mutter zu sein. Ist auch schlimm, aber nicht wirklich verachtenswert.

Wirklich schlimm ist es, unfreundlich zu Hunden zu sein.

Wer das wagt, hat keine Gnade verdient und steht auf einer Ebene mit den Terroristen des 11. September.

Genau das schien der Gesichtsausdruck des Leibwächters auszusagen, als er mich jetzt anstierte, als wäre ich ein Kannibale.

Lew Parker sah mich tadelnd an.

„Was ist, du schwuler Gutmensch?“, fragte ich.

Lew zog eine Grimasse.

„War das nötig?“

Ich zuckte die Schultern.

„Etwas Spaß muss doch sein.“

„Spinner!“

„Wieso?”

„Ich meine es ernst, Murray.”

„Meistens geht es doch auf meine Kosten, Lew!“

Aber davon wollte Lew nichts hören.

Er machte eine wegwerfende Handbewegung.

Und das sehr ausdrucksstark.

„Sei nicht so ein Jammerlappen, MUHAMMAD! Nur, weil du einen Terroristen-Namen trägst, heißt das nicht, dass du immer das Opfer bist!“

Das saß.

Vor allem die Art und Weise, wie er MUHAMMAD anstatt MURRAY sagte.

Aber er hatte ja recht.

Es war mein Name.

Verbal ist Lew fast so gut wie mit seiner Dienstpistole. Und ab und zu kriege ich das eben zu spüren. Aber wenn man es genau nimmt, schenken wir uns da beide nichts.

Wirklich.

Der hundeführende Wächter, den ich mit meiner Bemerkung so verunsichert hatte, hörte uns stirnrunzelnd zu. Er kraulte seinem besten und vermutlich einzigen Freund den Nacken. Der Hund wirkte ruhig. Vielleicht machte er ja tatsächlich nichts.

Vielleicht...

Wir zeigten den Wächtern unsere Ausweise. Sie wurden eingehend geprüft und mit einem dumpfen Knurren zurückgegeben.

„Sowas gibt’s für drei Dollar auf dem Flohmarkt, wenn man’s drauf anlegt”, meinte einer der Kerle und grinste schief.

Lew grinste nicht.

„Ach, wirklich?”, fragte er und seine Stimme klang dünn und fies.

„Wirklich.”

Lew ist schwul, aber er ist ein konservativer Schwuler. Keiner von denen, die auf dem Christopher Street Day herumhampeln und es lustig finden, wie ein Papagei herumzulaufen. Keiner, der bei den Village People mitsingen würde. Und auch keiner, der in liberale College-Seminare gepasst hätte. Er war einfach ein Spießer und die können es oft auf den Tod nicht ausstehen, wenn man sich über Hoheitszeichen oder das, was man so dafür hält lustig macht.

Und deshalb hatte Lew jetzt auch plötzlich schlechte Laune.

Der Leibwächter, der so unbedacht dahergequatscht hatte, merkte das rechtzeitig.

„Schon gut”, sagte er.

„Finden Sie?”, fragte Lew.

„Folgen Sie uns!“, kam es dann kleinlaut zwischen den dünnen Lippen des Hundeführers hindurch, während der andere Wächter den kurzen Lauf seiner zierlichen Uzi in unsere Richtung zeigen ließ.

Killerland: Krimi Koffer 10 Krimis auf 1300 Seiten

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