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„Sie sollten nicht zu Hause übernachten“, sagte Director Jay Chang Lee später zu mir. Er rief mich an. Und seine Stimme hatte im Handy irgendwie einen anderen Klang, als wenn man ihm im Büro gegenübersaß. Dann kam man sich manchmal vor, als ob man in einem Eisschrank platznehmen würde und man sich beeilen musste, den Kaffee zu trinken, so lange er noch nicht kalt war.

Aber am Telefon klang unser Chef richtig menschlich.

Traute man ihm so ohne Weiteres gar nicht zu.

„Tja, eine Parkbank ist mir aber zu ungemütlich“, sagte ich.

Humor war Director Jay Chang Lees Sache aber trotzdem nicht.

Vor allem nicht meiner.

Also herrschte erstmal einige Augenblicke lang Schweigen.

Ich hatte wohl ganz deutlich im Ton daneben gegriffen.

Manchmal machte ich das mit Ansicht. Nur, um zu sehen, was passierte. Und es passierte dann eigentlich immer was.

Director Jay Chang Lee räusperte sich.

Seine Art, eine Peinlichkeit zu überspielen.

„Was ich sagen wollte ist: Sie sollten nach dem Anschlag auf Ihre Person nicht zu Hause übernachten, Murray.“

„Ja, das habe ich schon verstanden.“

„Nehmen Sie eine der Wohnungen, die wir bereithalten, um gefährdete Zeugen unterzubringen. Rufen Sie unseren Innendienst an, der koordiniert das.“

„Hm.“

„Sie sind ein Dickkopf, das weiß ich, Murray. Aber ich will nicht, dass Sie in Ihren Dickschädel auch noch ein dickes Loch kriegen. Also hören Sie auf mich.“

„Gut“, sagte ich.

Mir war schon klar, dass der Chef eigentlich recht hatte. Und trotzdem widerstrebte es mir, mich gewissermaßen von diesem Irren, der es auf mich abgesehen hatte, aus meinen eigenen vier Wänden vertreiben zu lassen.

Aber so war nun einmal die Lage.

Ich hatte wohl nüchtern betrachtet gar keine andere Wahl.

Also rief ich bei unserem Innendienst-Kollegen an und ließ mir eine Wohnung raussuchen. Es sollte wenigstes eine einigermaßen angenehme Gegend sein.

Allerdings fuhr ich trotzdem nochmal zu meiner Wohnung, um ein paar Sachen zu holen.

„Zahnbürste kann man im Supermarkt rund um die Uhr kaufen“, meinte Lew Parker, bevor ich ihn an der bekannten Ecke absetzte. „Also, was kann so wichtig sein, dass du es jetzt unbedingt holen musst? Jetzt, da sich dieser Irre dort vielleicht auf die Lauer gelegt hat, nur um darauf zu warten, dass du genau das tust, was du jetzt vorhast!“

„Lass mich einfach in Ruhe, Lew.“

„Es ist doch vollkommen offensichtlich!“

„Wenn es wirklich so offensichtlich wäre, dann frage ich mich, wieso nicht längst zwei Dutzend unserer Leute in der Nähe meiner Wohnung auf der Lauer liegen und den Kerl einzufangen versuchen.“

Lew zuckte die Schultern.

„Personalmangel.“

„Quatsch.“

„Soll ich mitkommen?“

„Nein, danke, Lew. Das ist nicht nötig.“

Er grinste breit. „Du willst ja nur nicht, dass deine Nachbarn anfangen, über uns zu reden!“

Ich verzog das Gesicht.

„Wäre mir egal, Lew. Und davon abgesehen und auch, wenn es für dich eine bittere Pille sein sollte...“

„Was?“

„Du siehst nicht besonders schwul aus, Lew.“

„Du siehst auch nicht aus wie ein Araber.“

„Siehst du, das ist das Problem: Nichts sieht aus, wie es aussehen sollte. Und wahrscheinlich sieht der Scheißkerl, der mich ausknipsen will, nicht wie ein Scheißkerl aus, sondern...“

„...hat Titten“, sagte Lew.

Ich sah ihn erstaunt an.

Beinahe hätte ich vergessen an der Ampel zu halten.

„Redet ihr Hetero-Männer nicht so?“, fragte er. Er grinste dabei.

„Ich nicht.“

„Ach, komm schon.“

„Wirklich!“

„Zu mir solltest du ehrlich sein, Murray.“

„Bin ich.“

„Ich bin dein Partner.“

„Vergesse ich nie, Lew! „

„Naja, du nimmst vielleicht wirklich so ein Wort wie 'Titten' nicht in den Mund. Wahrscheinlich deshalb nicht, weil du immer denkst, dass deine gestrenge katholische irische Mutter zuhört.“

Ich verdrehte die Augen.

„Amateurpsychologe“, sagte ich.

„War nur ein Beispiel“, grinste er. „Aber du sprichst immer von einem KERL und dabei hast du nur einen Schatten gesehen. Mehr nicht. Wir haben alle unsere Vorurteile und sie machen uns regelmäßig auf irgendeinem unserer zwei Augen blind, wenn du verstehst, was ich meine.“

Ich setzte ihn schließlich ab.

'Macht dir das eigentlich nichts aus, einen Schwulen als Partner zu haben?', hat mich mal ein Cousin väterlicherseits gefragt. 'Also das muss doch ekelhaft sein.' Ich hatte geantwortet: 'Schwul oder Nicht-schwul ist beim Dienstpartner nicht so wichtig. Humor oder kein Humor, das ist schon wesentlicher, bei all den Stunden, die wir zwangsweise zusammengepfercht in einem Büro oder einer fahrenden Blechkiste verbringen.'

Mein Cousin hat nie wieder mit mir über dieses Thema gesprochen.

War vielleicht auch besser so.

Killerland: Krimi Koffer 10 Krimis auf 1300 Seiten

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