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„Guten Tag, Gentlemen“, sagte Jelena Ugarimov und bedachte die Anwesenden mit einem herausfordernden Blick. Sie hatte am Ende der langen Tafel Platz genommen, während das halbe Dutzend zumeist dunkel und sehr vornehm gekleideter Männer aufmerksam in ihre Richtung starrte. Einige von ihnen grinsten frech.

Aber das sollte ihnen noch vergehen.

Hinter Jelena hatten sich zwei baumlange Wachposten aufgestellt, beide in maßgeschneiderten grauen Sakkos und einer Uzi lässig in der Rechten.

Jelenas Blick war kühl.

Sie musterte einen nach dem anderen und langsam erstarb das Gemurmel unter den Anwesenden.

„Ich habe Sie alle hier her, zu dieser Besprechung gebeten, um mit Ihnen über die Zukunft unserer Organisation zu reden“, erklärte sie dann auf eine Art und Weise, die derart selbstbewusst und sicher klang, als hätte sie in ihrem Leben nichts anderes getan.

Ihnen soll sofort klarwerden, dass hier nicht die anschmiegsame Mafia-Braut sitzt, die sie vielleicht aus früheren Tagen in Erinnerung haben, hatte sie sich vorgenommen.

Sie atmete tief durch.

Einer der Männer runzelte die Stirn. Er hatte gelocktes Haar und einen dichten Schnurrbart. „Was wollen Sie damit sagen? Was soll dieser ganze Affenzirkus hier überhaupt! Big Vlad ist tot und...“

„...und ich werde seine Geschäfte so weiterführen, als würde er noch unter uns weilen!“, fuhr Jelena ihm kalt über den Mund.

Die Blicke, die sie dafür erntete, waren voller Unglauben.

Der Lockenkopf grinste schief.

„Sollen wir das ernstnehmen?“

Sein Grinsen wurde breiter.

Das Gesicht von Big Vlads Witwe blieb jedoch eisig und starr.

„Besser Sie tun es.“

„Ach so?“

Sie sagte: „Keiner von euch hätte es gewagt, sich mit Big Vlad anzulegen...“

Der Lockenkopf lehnte sich zurück.

„Ich schätze, diese Schuhe sind ein bisschen zu groß für Sie“, meinte er abschätzig.

„Finden Sie?“

„Allerdings.“

Die beiden Wächter mit den Uzi-Maschinenpistolen luden auf ein kaum merkliches Zeichen ihrer Chefin hin ihre Waffe durch und alles im Raum erstarrte. Für einige Sekunden sagte keiner im Raum ein Wort.

„Die Spielregeln haben sich nicht geändert“, erklärte sie mit dem Charme eines Gefrierschranks. „Und wenn jemand aussteigen möchte, soll er es gleich sagen. Für die Konsequenzen ist er dann allerdings selbst verantwortlich.“

Eine unbehagliche Stille hing über dem Raum. Einige der Anwesenden drehten die Köpfe und sahen sich an. Aber niemand sagte etwas.

Einige Gesichter wurden dafür ziemlich blass.

„Ich sehe, es gibt keine Einwände“, stellte Jelena befriedigt fest und erhob sich. „Meine Zeit ist kostbar und die Ihre sicherlich auch. Ich werde Sie in den nächsten Tagen erneut zusammenrufen, um Einzelheiten mit Ihnen zu besprechen.“

„Ich schlage vor, wir sollten in nächster Zeit erst einmal etwas vorsichtiger vorgehen“, meinte der Lockenkopf und erntete von Jelena dafür einen Blick tiefster Missbilligung.

Sie hob die Augenbrauen und stemmte dabei den Arm in die geschwungene Hüfte.

„Ach, ja?“

„Die Cops versuchen in der Sache herumzubohren. Habe ich jedenfalls gehört.“

Big Vlads Witwe hob die Augenbrauen, die nun zwei gerade aufsteigende Linien bildeten.

Wie bei einer kühlen Vulkanierin aus Star Trek.

„Ihr Problem sind nicht die Ohren, sondern der Mund!“, versetzte Jelena ätzend.

„Und dann ist da noch eine andere Sache...“, meldete sich jemand. Zaghaft zwar, aber immerhin sagte er es.

Jelenas Stimme klirrte wie Eis in einem Whiskyglas.

„Und was, Mister Pitaschwili?“

Der Lockenkopf sah sie scharf an. „Wir alle fragen uns, wer Big Vlad auf dem Gewissen hat!“

„So?“ Jelenas volllippiger Mund verzog sich zu einem, spöttischen Lächeln. „Von euch war es niemand? Kaum zu glauben, wenn man so hört, was alles auf der Straße so geredet wird.“

Mister Pitaschwili schluckte.

Er musste sich räuspern, ehe er sprechen konnte.

Erst kam nur ein Krächzen, dann endlich Worte.

„Hören Sie auf! Dasselbe könnten wir Sie fragen!“

„Ich würde es Ihnen nicht raten!“, sagte Jelena.

Eisige Entschlusskraft schwang in ihrem rauchigen Timbre mit.

Dies war eine Frau, die alles auf eine Karte setzen wollte. Alles, um ganz nach oben zu kommen. Sie wusste genau, was die Hunde vor diesem Treffen vorgehabt hatten. Sie hatten sie billig auszahlen wollen, um sie aus dem Weg zu haben.

Sie hatte genug Spione in der Nähe dieser ehrenwerten Herren, die sich allesamt Geschäftsleute nannten, aber in Wahrheit nichts als Gangster waren, um genau über deren Ziele informiert zu sein.

Das hast du mir beigebracht, Vlad! Immer gut informiert zu sein! Das garantiert das Überleben und entscheidet über Sieg oder Niederlage...

Der lockenköpfige Pitaschwili ging auf Jelena zu und die beiden Wächter hoben automatisch die kurzen Läufe ihrer Uzis. Pitaschwili hob beschwichtigend die Hände.

„Schon gut...“, murmelte er. Und bei sich dachte er wohl, dass er nie den Bau dieser Löwin hätte betreten sollen. Er fuhr beinahe stotternd fort: „Es gibt da so ein Gerücht...“

„Was Sie nicht sagen...“

„Ein Gerücht von einem fremden Syndikat, das seine Finger nach New York ausstreckt...“ Er schluckte. „Ich nehme an, alle hier lesen ab und zu mal Zeitung!“

„Wovon sprechen Sie eigentlich?“, fragte Jelena abweisend.

„Von den Morden an Rizzos und Dominicanez!“

„Nicht unsere Branche, Pitaschwili. Wozu sich also aufregen!“

Pitaschwili hob den Zeigefinger wie eine Waffe.

„Hier will jemand groß aufräumen!“

„Wer sollte das sein?“

„Vielleicht jemand, der groß genug ist, sich in ganz unterschiedlichen Branchen zu tummeln... Und ich finde, darüber sollten wir mal nachdenken!“

„Nachdenken schadet nie, Mister Pitaschwili“, erwiderte Jelena kühl. „Fragt sich nur, ob man dabei auch zu brauchbaren Resultaten kommt. Und damit meine ich nicht, sich vor Angst in die Hosen zu machen, wie Sie das offenbar kultiviert haben!“

Pitaschwilis Kopf wurde knallrot.

Aber er schien es vorzuziehen, darauf keine Erwiderung zu geben.

Und die Männer mit den Maschinenpistolen, die Jelena flankierten, schienen ihn in dieser Haltung zu bestärken.

Ein Blick in deren grimmige Gesichter und es musste jedem klar sein, dass die keinen Spaß verstanden.

Sie wirkten wie Dobermänner.

Bereit auf Pfiff zu töten.

Nur hatten sie nicht so ebenmäßige Schnauzen wie ihre tierischen Verwandten im Geiste.

Killerland: Krimi Koffer 10 Krimis auf 1300 Seiten

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