Читать книгу Ruhrpott, Venedig, Tanger - tot! 3 Krimis - Alfred Bekker - Страница 12
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Es waren die Sonnenstrahlen, die sie weckten. Sie hatte am Abend vergessen, die Vorhänge zuzuziehen, so müde war sie gewesen. Aber jetzt war ein neuer Tag, ein Tag den sie nutzen musste, um Patrick zu finden. Sie fragte sich, ob sie die Polizei einschalten sollte. Vielleicht kam die weiter. Andererseits - was hätte sie schon an konkreten Anhaltspunkten vorzuweisen gehabt? Dass ein Verlobter sich nicht mehr meldete kam schließlich öfter mal vor. Das konnte alle möglichen Gründe haben, die nichts mit einem Verbrechen oder anderen schrecklichen Dingen zu tun hatten. Aber sie kannte Patrick.
Sie kannte ihn gut genug, um sich sicher zu sein, dass etwas passiert sein musste, wenn er nichts mehr von sich hören ließ.
Und dann diese krakelige Karte. Natürlich hatte sie auch bei der Anwaltskanzlei angefragt, für die Patrick Allen tätig war und in deren Auftrag er nach Marokko geflogen war. Patrick hatte ein Fax geschickt Alles bestens hatte darauf gestanden.
Vielleicht bin ich tatsächlich eine Hysterikerin, dachte sie, während sie aufstand, sich mit der Hand durch Haar fuhr und dann einen Blick hinaus aus dem Fenster warf. Sie sah eine dunkelhäutige Frau in einem fließenden blauen Gewand über den Bürgersteig gehen, hinter ihr zwei Kinder. Von ihrem Gesicht war nur die Augenpartie zu sehen. Schrecklich, sich so verhüllen zu müssen, ging es ihr unwillkürlich durch den Kopf. Sie hatte natürlich NICHT OHNE MEINE TOCHTER im Kino gesehen und ihr fielen die Bilder von scheu dahinhuschenden verschleierten Frauen aus dem Iran ein. Aber deren Schleier waren schwarz nicht leuchtend blau. Und diese Frau machte auch alles andere, als einen scheuen Eindruck. Sie ging stolz daher und erinnerte Linda eher an eine Königin.
Linda brauchte nicht lange, um sich anzuziehen und für das Frühstück fertigzumachen. Sie trug praktische Jeans und ein T-shirt. Allerdings eins, das am Hals geschlossen war.
Freunde in London hatten ihr geraten, in einem islamischen Land besser nicht zu offenherzig herumzulaufen. Und daran, jemanden zu provozieren oder den Zorn von fundamentalistisch eingestellten Eiferern herauszufordern, lag ihr nun wirklich nicht. Im Speiseraum nahm sie einen Platz am Fenster. Das MARCO POLO bot seinen Gästen die Auswahl zwischen verschiedenen Frühstücken an. Sie wählte das englische Frühstück mit Egg und Bacon. Ganz wie zu Hause schmeckte das zwar nicht, aber es machte satt.
Sie hatte kaum angefangen zu essen, da kam der Portier an ihren Tisch, den sie tags zuvor nach Patrick gefragt hatte.
"Guten Morgen", sagte er. "Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen."
Sie blickte überrascht zu ihm auf.
"Ja, habe ich", sagte sie dann.
"Ich habe gute Nachrichten für Sie."
"Haben Sie etwas von diesem Schweizer gehört?"
"Ein Kollege von mir weiß, wer er ist. Der Mann heißt Harald Storm und wohnt hier in Tanger."
"Haben Sie die Adresse?"
"Ja."
Einen Augenblick lang fragte sich Linda, warum der Portier mit der Antwort zögerte.
Dann begriff sie.
Sie griff zu ihrem Portemonnaie und schob ihm einige Dirham hin. Er steckte sie diskret ein und gab ihr dafür einen Zettel mit einer Adresse.
"Soll ich Ihnen ein Taxi rufen?"
"Tun Sie das."