Читать книгу Galgen und Revolver: Cowboy Western Doppelband 2 Romane - Alfred Bekker - Страница 13

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Ein Wagen auf der Overlandstraße tauchte aus der Staubwolke auf, die ich vor mir seit ein paar Minuten beobachtet hatte. Zwei Pferde zogen das Gefährt, und zwei Männer waren auf dem Bock zu erkennen.

Ich lenkte Fox neben den Trail und zügelte ihn. Mein Blick kehrte zur Overlandstraße zurück. Infolge der Trockenheit wies der Boden Risse auf. Räder und Hufe, die über ihn hinweggingen, hinterließen, wenn überhaupt, nur oberflächliche, kurzfristig sichtbare Spuren. Die Mühe, die Spur des Frachtwagens zu finden, der vor Tagen hier gerollt sein musste, hatte ich gleich hinter Williamsons Station aufgegeben.

Das Knallen einer Peitsche ließ mich wieder zu dem Wagen schauen. Das Gefährt rückte näher. Ich konnte bereits erkennen, dass es eine Concordkutsche war. Der Begleitmann nahm sein Gewehr zur Hand und repetierte es. In der Sonne schimmerte das Messingschloss der Winchester.

Der Kutscher ließ die Pferde langsamer gehen. Aus dem Wagenfenster blickte ein Mann, der seinen breitrandigen, hellen Hut festhielt und etwas rief. Wegen der noch zu großen Entfernung verstand ich nichts, auch nicht, was der Fahrer erwiderte. Sein Transportbegleiter deutete mit dem Gewehr auf mich.

Vor mir hielt der Wagen. Der Staub hüllte ihn ein. Aus dem Wagen schaute das rosige Gesicht eines Mannes, und daneben tauchte ein schwerer Colt auf.

„Carringo. Wells Fargo Sicherheitsagent aus Prescott“, stellte ich mich vor.

„Ah, Sie sind das.“ Der Transportbegleiter schob seine Winchester in das Futteral am Bock.

Irgendwie sah der Fahrer auch erleichtert aus.

Der Mann im Wagen blaffte: „Warum wird hier gehalten? Bezahle ich eine Extrakutsche, damit sie an jedem Strauch stehenbleibt?“

„Ich sagte Ihnen doch schon in Willow, dass Sie viel schneller daheim wären, wenn Sie vier Pferde bezahlen, Sir“, erwiderte der Kutscher.

„Ich will, dass man weiterfährt“, verlangte der Reisende. „Und ich werde mich beschweren.“

„Nur zu, Mister.“ Der Kutscher fluchte verdrossen und spuckte in den Sand. „Sie sind wegen des verschollenen Wagens unterwegs?“

„Ja“, entgegnete ich.

„Merkwürdige Geschichte. Der kam auch nicht mehr in Willow an.“

„Das hatte ich eigentlich nur fragen wollen“, sagte ich. „Hätte ja sein können, dass sich der Kutscher nur verspätet hat.“

„Nein, hat er nicht. Der ist spurlos verschwunden. Der Frachtwagen ebenfalls. Und was der transportierte, hat meines Wissens noch nie einen Banditen veranlasst, auch nur eine Patrone abzufeuern.“

„Die Halunken müssen sesshaft werden, wenn sie mit dem Saatgut was anfangen wollen“, setzte der Transportbegleiter grinsend hinzu. „Kaufen wird das von ihnen kaum jemand.“

„Reicht es endlich mit dem Geschwätz?“, zeterte der Reisende.

„Danke.“ Ich tippte an meinen Hut. „Fahren Sie besser weiter, bevor der Gentleman durchdreht.“

„He, Ihnen juckt wohl das Fell?“, fuhr mich der Mann mit dem rosigen Schweinsgesicht an, öffnete den Schlag und zwängte seine zwei Zentner schwere Figur aus dem Wagen.

„Sir, es geht weiter!“ Der Kutscher knallte mit der Peitsche und löste den Fußhebel, der die Bremsklötze bewegte.

Der dicke Mann stand auf dem Trittbrett, als der Wagen anrollte.

„Auf Wiedersehen, Sir!“, rief ich freundlich.

„Warte nur, Freundchen!“, drohte er noch. Dann hüllte ihn der Staub ein, und er musste zusehen, ins Innere zu gelangen, wenn er nicht abstürzen wollte.

Ich ritt neben der Overlandstraße weiter, aber ich wusste jetzt überhaupt nicht mehr, wo ich nach dem Transportwagen suchen sollte, den offenbar die Williamsons als letzte gesehen hatten, aber eine Auskunft darüber verweigerten.

Stellenweise konnte ich Spuren von der Concordkutsche und den beiden Zugpferden entdecken. Je weiter ich jedoch ritt, desto spärlicher wurden diese Anzeichen, bis sie völlig verschwanden.

Waldgebiete schoben sich von beiden Seiten an die Straße heran.

Plötzlich zügelte ich den Hengst.

Zwischen zwei auseinandergerissenen Mesquitebüschen, vier Yards von der Overlandstraße entfernt, hatten Räder das trockene Gras niedergewalzt. Nur weil es sich wegen der Trockenheit nicht mehr aufgerichtet hatte, sah ich davon noch etwas.

Ich glitt aus dem Sattel und ging auf das Dickicht zu. Gebrochene Äste hingen noch, lediglich von Fasern gehalten, an den Büschen. Im Sand hatten sich Hufe eingeprägt. Die Spur war unscharf, weil die Ränder abgebröckelt waren. Sie konnte durchaus zwei oder drei Tage alt sein.

Mit Fox am Zügel ging ich durch das Buschwerk und folgte den Eindrücken zum Waldsaum. Auch im Gehölz entdeckte ich eine Schneise im Unterholz und nur zwanzig Yards weiter den Wagen. Er musste es sein, wie die Aufschrift an den flachen Bordwänden verriet. Die Ladefläche

enthielt nichts mehr. Auch die Pferde standen nicht im teilweise dornigen Dickicht zwischen den Krüppelkiefern.

Ich ließ Fox zurück und bahnte mir einen Weg um das Gefährt. Den Kutscher fand ich weder daneben noch darunter oder davor. Das niedergewalzte Buschwerk deutete auf den Weg, über den die Pferde weitergeführt worden waren. Doch schon ein Stück weiter wurde das Unterholz spärlicher. Moos bedeckte den Boden. Von Spuren sah ich hier nichts mehr.

Ich suchte noch fünfzig Yards weit den Boden ab, kehrte dann jedoch um. Die Sache war aussichtslos.

„Immerhin“, murmelte ich vor mich hin. Der Zufall hatte mir geholfen. Anders konnte ich es wirklich nicht nennen, die zerfetzten Büsche bemerkt zu haben.

Die Suche nach dem verschollenen Fahrer gestaltete sich so ergebnislos wie die nach den beiden Zugtieren. Auch von der Ladung fand ich absolut nichts, wie groß ich auch die Kreise um den versteckten Wagen zog. Es deutete auch nichts auf einen Kampf hin, der hier stattgefunden haben könnte. Im Gegenteil, das Gestrüpp war bis auf die Stelle, an der der Wagen stand, unversehrt. Man hatte Pete Bain also keinesfalls hier vom Bock gezerrt.

Ich führte Fox aus dem Wald, ritt am Saum des Gehölzes entlang und hoffte die Stelle zu finden, an der die Banditen mit den Pferden den Schutz des Dickichts verlassen hatten. Auch diese Mühe erwies sich als ergebnislos. Es schien, als wären die Pferde nicht aus dem Wald geführt worden, es sei denn, ganz oben im Norden. Aber dahin erstreckte sich der Wald noch meilenweit. Ich würde einen ganzen Tag, wenn nicht noch länger brauchen, wollte ich ihn umreiten.

Noch unentschlossen, umzukehren, um den Wagen mit Fox aus dem Wald zu fahren und nach Willow zu bringen, oder ob ich so in die Stadt reiten sollte, entdeckte ich Dächer über dem Buschland westlich der Straße. Im Sonnenlicht schimmerte es auf den Flachdächern, als stünde Wasser darauf.

Erst hinter den Büschen und Kakteen sah ich auch ein paar Felder vor und hinter den weißen Gebäuden. Im Hof gab es einen Korral mit einigen mageren Longhorns darin und einem schweren Wagenpferd. Abgeteilt davon lebten Ziegen und schwarze Schweine innerhalb der Umzäunung.

Aus der größeren Hütte trat ein Mann mit einer doppelläufigen Schrotflinte in der Armbeuge. Er trug einen riesigen Schlapphut, der sein Gesicht so sehr beschattete, dass ich davon nichts erkannte. Sein Arbeitshemd hatte keinen Kragen, war an den Ärmeln geflickt und aus der Hose gerutscht. Die Hosenbeine waren ausgebeult und rissig, das Schuhwerk sah nicht besser aus.

Eine Frau schaute aus dem Haus und strich sich das strähnige Grauhaar mit gespreizten Fingern hinter die Ohren. Die beiden mochten um die vierzig sein.

Ich zügelte den Hengst im Hof und glitt aus dem Sattel. „Mein Name ist Carringo, Mister. Sicherheitsagent der Wells Fargo.“

Der Mann trat an den Brunnen und lehnte das Gewehr dagegen. Offenbar lag es nicht in seiner Absicht, sich ebenfalls vorzustellen. Er bewegte die Winde, zog den Eimer herauf, hängte ihn aus und goss die Tränke voll.

„Es verdunstet wie nichts“, brummte er missmutig, hängte den Eimer an und ließ ihn in den schwarzen Schacht sinken. Die Trommel spulte sich ab.

Fox soff. Ich verkniff mir die Frage, ob es was kosten würde, während ich den Farmer musterte. Er hatte ein von Falten zerrissenes Ledergesicht, war mittelgroß und schmal. Und vielleicht war er auch älter, als ich es zuerst geschätzt hatte. „Kennen Sie die Williamsons?“

„Wieso sollte ich sie nicht kennen?“, fuhr mich der Farmer an. „Das sind schließlich meine nächsten Nachbarn.“

„Was sind das für Leute?“

Der Farmer fluchte vor sich hin. „Es handelt sich darum, dass ein Frachtwagen unserer Gesellschaft auf dem Weg von den Williamsons nach Willow vor einigen Tagen verschwunden ist. Ich fand ihn jetzt wieder. Da hinten, im Wald.“ Ich deutete über die Schulter.

Der Mann schaute mit weiterhin mürrisch verzogenem Gesicht an mir vorbei.

„Er transportierte Saatgut. Leider fand ich nur noch den leeren Wagen. Auch die Pferde und der Kutscher sind verschwunden.“

„Wie weit weg von hier?“

„Knapp zwei Meilen ungefähr.“

„Ich habe niemanden gesehen. Ist der Fahrer überfallen worden?“

„Nichts deutet auf einen Kampf hin.“

„Die Williamsons sind Schurken!“, sagte der Farmer. „Halsabschneider und Betrüger!“

Ich gewann immer mehr den Eindruck, dass dieser Farmer auch mit Vorsicht genossen werden wollte. Vielleicht lag es an der trockenen Gegend mit ihrem ziemlich unfruchtbaren Boden, der die Menschen zu solcher Bärbeißigkeit veranlasste, dass man meinen musste, sie könnten sich selbst nicht ausstehen.

„Wüstlinge und Schurken“, brummte der Farmer, der immer noch von den Williamsons redete. „Einer so schlimm wie der andere.“

„Wissen Sie etwas Konkretes?“, fragte ich und blickte abwartend zu dem Farmer.

„Was denn, Konkretes?“

„Sie geben den Leuten eine Menge gewiss nicht feiner Namen. Das muss doch einen Grund haben?“

„Und ob es den hat. Ich gebe jedem den Namen, den er verdient. Und die Williamsons sind Schurken, Halsabschneider und Tagediebe. Wüstlinge eben!“

Er wollte offenbar nicht über seine Erfahrungen mit den Leuten von der Wells Fargo Station sprechen.

„Haben Sie Angst, weil es drei Männer sind?“ Ich lächelte dünn und hoffte, ihn so beim Ehrgeiz packen und doch noch aus der Reserve locken zu können.

„Geben Sie sich keine Mühe“, erwiderte er frostig. „Ich lege mich mit denen nicht an. Wenn die erfahren, dass ich was über sie gesagt habe, ist der Teufel los!“

„Ich kriege es schon noch heraus.“ Mein Blick fiel wieder in den Korral. „Würden Sie mich nach Willow begleiten und ihr Wagenpferd vor das Gefährt spannen?“

„Ich? Warum sollte ich?“ Die Stirn des lederhäutigen Mannes furchte sich noch mehr.

„Vielleicht, weil ich dafür bezahle.“

„Wie viel?“

„Drei Dollar.“

„Für drei lumpige Dollar?“, rief der Mann verächtlich.

„Dafür reitet ein Cowboy zwei oder drei Tage lang jeweils sechzehn Stunden hinter halbwilden Rindern her und riskiert hundertmal sein Leben, Mister. Aber bitte, Sie müssen ja nicht.“

Der Farmer fluchte wieder.

Ich zog Fox den Sattelgurt nach und führte ihn von der Tränke weg. „Besten Dank für das Wasser. Es ist bei den Williamsons übrigens so teuer wie guter Whisky.“

„Sagten Sie, drei Dollar für die Fuhre nach Willow?“

„Richtig.“

„Also gut. Warten Sie ein paar Minuten.“ Der Mann nahm die Schrotflinte und wandte sich der Hütte zu.

Ich lächelte verhalten hinter ihm her.

Galgen und Revolver: Cowboy Western Doppelband 2 Romane

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