Читать книгу Galgen und Revolver: Cowboy Western Doppelband 2 Romane - Alfred Bekker - Страница 9
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Mein Inneres befand sich in Aufruhr. Das Hemd wechselte ich, ohne es richtig zu bemerken, und was ich aß, wurde mir auch nicht bewusst.
Manuela blickte fragend zu Chaco, der unmerklich den Kopf schüttelte.
Jellico, der mir gegenüber am Tisch saß, sagte auf einmal: „Es sind böse Soldaten!“
Ich schaute auf. Manuela schien nicht zu wissen, was sie tun sollte, die Bemerkung überhören oder Jellico tadeln.
„Sie sind noch schlimmer“, setzte da Chaco hinzu. „Ich erkläre sogar, sie sind hundsgemein.“
„Um was geht es denn?“, fragte Manuela.
Chaco erzählte von den Gefangenen, von denen Manuela noch nichts wusste.
„Hast du die Wagen nicht gesehen?“, fragte ich.
„Ich hatte mit den Zwillingen zu tun. Da kann man sich nicht um das kümmern, was auf der Straße passiert.“
„Sie schlagen mit Peitschen“, sagte Jellico. „Was haben die Indianer ihnen denn getan?“
„Sie verteidigten ihr Land“, erklärte Chaco. „Und nach Ansicht der Armee ist das für einen Indianer verboten.“
Ein Klopfen am Fenster unterbrach den Disput.
„Ist Carringo da?“
Ich stand auf, umging den Tisch und öffnete das Fenster. Es war einer von Duncans Stallknechten.
„Der Boss wünscht Sie zu sprechen.“
„Ja, gut.“
„Es ist besser, ihr lasst euch dort nicht sehen“, sagte Chaco. „Es regt euch nur auf. Und helfen könnt ihr den Papagos doch nicht.“
Ich schloss das Fenster und kehrte an den Tisch zurück. Hunger hatte ich keinen, aber um Manuela nicht zu beleidigen, aß ich den Rest der Suppe. Als ich aufstand, sagte Chaco, dass er mich begleiten wolle.
„Und der Spaziergang, den ich jeden Tag mit dem Kinderwagen unternehme?“ Manuela erhob sich, als ich bereits an der Tür stand.
„Es wäre wirklich besser, du bleibst heute im Haus“, erwiderte ich. „Man weiß nie, was passiert, wenn die Menschen der Zorn übermannt.“
Chaco und ich verließen das Haus und gingen über die Straße.
Die Situation zeigte sich unverändert. Von den Soldaten umstellt, hockten die ungefähr fünfzig Gefangenen auf den verdreckten Wagen und eine dichte Menschenmenge säumte die Fahrbahn. Der Offizier schien noch im Silver Bell Saloon zu weilen.
Duncan, der Agenturleiter der Wells Fargo, stand vor der Station. Bevor wir uns trennten, sagte Chaco: „Ich werde zum Fort reiten und versuchen, eine Sprechgenehmigung mit dem Indianer zu erwirken.“
„Wahrscheinlich muss ich Prescott verlassen.“
„Dann rede ich mit dem Indianer, der dich Bruder nannte. Bereite dir darum keine Sorgen.“
Wir trennten uns.
„Das ist ja eine Sauerei, wie sie im Buche steht!“, entrüstete sich Henry Duncan. „Aber leider haben wir nicht den geringsten Einfluss darauf.“ Er griff nach meinem Arm und führte mich durch die offenstehende Tür.
Im Haus war es angenehm kühl und niemand anwesend.
„Leider muss ich dich dringend wegschicken. In der Nähe von Willow ist einer unserer Transportwagen verschwunden, mitsamt der Pferde und des Fahrers.“
„Wann?“
„Ich erhielt diese Meldung eben erst. Leider keine Einzelheiten. Sicher nur eine kleine Sache. Du kannst bald wieder zurück sein.“
Ich schaute nach draußen und suchte bei den Wagen nach jenem Indianer, der mir keine Ruhe mehr ließ. Aber ich sah ihn nicht mehr. Vielleicht lag er auf der Ladefläche und wurde von den anderen und den Bordwänden verdeckt.
„Der Wagen war nach Willow unterwegs“, berichtete Duncan weiter. „Er fuhr bei einer Station vorbei, die ein gewisser Williamson mit seiner Familie bewirtschaftet. Danach tauchte er nicht mehr auf.“
„Was hatte er denn geladen?“
„Das ist ja die kuriose Sache daran. Saatgut. Nichts weiter als Saatgut.“
„Also, wenn er überfallen wurde, dann deswegen, weil jemand wegen Saatgut in Verlegenheit war?“, fragte ich erstaunt.
Duncan zuckte mit den Schultern. „Ich kann mir auch keinen Reim darauf machen.“
„Na gut, ich reite gleich weg. Da die Station südlich von Willow liegt, müsste ich sie morgen früh erreichen können.“
„Genau meine Meinung.“
Ich verließ die Agentur, blieb auf der Veranda noch einmal stehen und schaute zu den Wagen.
Der Major ritt gerade von der Plaza herüber auf die Kolonne zu.
Da sah ich den Indianer, der mich die ganze Zeit beschäftigt hatte. Er saß noch auf dem letzten Wagen, aber er blickte nicht zu mir herüber.
Chaco erschien vorm Marshal's Office. „Und?“
„Ich muss nach Norden. Wegen eines verschollenen Transportwagens.“
Major Kent ritt vor seinen Soldaten am Straßenrand heran. Als er sein Pferd zügelte, wandte ich mich ab und ging, da ich keine Lust hatte, von ihm wieder angemotzt zu werden.
Manuela und Jellico waren mit dem Abwasch beschäftigt. Jellico sagte: „Wir wollen den Gefangenen Brot bringen.“
„Es ist besser, ihr bleibt hier. Und was mich betrifft, ich muss weg. Nach Willow. Bin wahrscheinlich in zwei oder drei Tagen zurück.“
„Was ist denn passiert?“
„Auf dem Weg nach Willow ist ein Wagen mit Saatgut verschwunden.“ Ich ging in die Kammer und zog mich um. „Mehr weiß hier bis jetzt niemand.“
„Ist es wirklich gefährlich, den Indianern Brot zu bringen?“ Manuela stand auf der Türschwelle.
Ich zog das Hemd über und knöpfte es zu. „Die Soldaten wollen nicht, dass die Papagos etwas erhalten. Weder zu essen noch zu trinken.“
„Wollen sie, dass ihnen die Gefangenen unterwegs zur Eisenbahn sterben?“
„Das könnte man fast denken.“ Ich schnallte als letztes den Patronengurt um.
„Was sollte das für einen Sinn haben?“
„Das weiß ich auch nicht. Denk nicht darüber nach, Manuela. Wir können gegen die Soldaten nichts unternehmen. Keiner kann das. Leider!“
Manuela trat zurück, und ich verließ die Kammer.
„Wo ist Jellico?“
„Schon im Stall.“
„Also, bis bald.“ Ich küsste Manuela und verließ das Haus hinten hinaus.
Jellico mühte sich mit meinem schweren Sattel ab, konnte ihn aber nicht auf den Rücken des Hengstes bringen. Ich nahm ihn und legte ihn Fox auf.
„Kann ich ein Stück mitreiten? Star könnte dringend etwas Auslauf gebrauchen.“
Ich strich dem Jungen über das blonde Haar und lächelte. „Heute ist es besser, wenn du hier bleibst.“
Manuela brachte zwei volle Wasserflaschen und einen Beutel Proviant, als ich Fox aus dem kleinen Stall in unseren Hof führte. Ich nahm es ihr ab und hängte es ans Sattelhorn.
„Sei vorsichtig.“
Jellico ging mit hinaus. Unten, an der Straßenecke, stand einer der schmutzigen Karren mit den ausgemergelten Indianern darauf.
„Denke nicht daran.“ Ich schlug meinem Sohn kameradschaftlich auf die Schulter, stieg auf und ritt los.
An der Ecke zügelte ich den Hengst.
Der Indianer, an den ich beinahe pausenlos dachte, erhob sich auf dem Wagen, aber ein Kolbenhieb des Wächters daneben warf ihn auf die Ladefläche zurück.
Ganz sicher glaubte ich daran, dass dieser ausgemergelte Krieger eine Spur in meine Vergangenheit kannte.
Aber zwischen mir und dem Wagen rückten drei Reiter zusammen, grinsten gemein und richteten die Gewehre auf mich. Es bereitete ihnen Spaß, was sie da vorführten, und sie lauerten geradezu darauf, dass ich gegen sie vorging, damit sie den drohenden Gebärden Taten folgen lassen konnten.
Ich lenkte den Hengst nach rechts und ritt an ihnen vorbei, hoffend, dass es Chaco gelingen würde, eine Unterredung mit dem Papago im Fort zu erzwingen.