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Am Vormittag des nächsten Tages kam Seppl Bernrieder in den Gasthof ZUM GIPFEL. Normalerweise gehörte der vielbeschäftigte Sägemüller nicht zu den Stammgästen. Wenn er überhaupt einmal dazu kam, in Ruhe ein Glas Rotwein zu trinken, dann tat er es im Dorfgasthof in Kayserstein.

Ludwig Ramayer war um diese Zeit allein im Schankraum.

Eigentlich war noch gar nicht geöffnet. Der Wirt war um diese Zeit meistens damit beschäftigt, aufzuräumen, den Boden blank zu wienern und die Gläser zu spülen.

Um so verwunderter war er über den frühen Gast.

"Mei, Sägemüller, was führt dich denn schon um diese Zeit hier her!", stieß er überrascht hervor.

Seppl Bernrieder atmete tief durch. Sein Kopf war hochrot. Er druckste etwas herum und brachte schließlich heraus: "Wir müssen miteinander reden, Ludwig."

Ludwig Ramayer zuckte die Achseln und stellte seine Gläser zur Seite.

"Na, immer heraus damit. Worum geht es denn?"

"Um den Pachtvertrag über das Stückerl Land, das an euer Gasthaus angrenzt..."

"...und das wir Gottseidank als Parkplatz zur Verfügung haben!", vollendete der Ramayer. "Sonst könnten wir den GIPFEL wohl dicht machen. Heutzutage ist das eben so. Ohne ausreichenden Parkplatz läuft gar nix mehr."

"Ich weiß, ich weiß", nickte der Bernrieder. "Mein verstorbener Vater hat euch das Stück Land ja zu äußerst günstigen Bedingungen überlassen."

"Wofür ich ihm ewig dankbar sein werd", erklärte Ludwig Ramayer. "Für einen Außenstehenden mag es zwar so aussehen, als wäre der GIPFEL eine Goldgrube, aber die Wahrheit sieht leider ein bisserl anders aus. Wir kommen gerade rund und können uns gegen die Konkurrenz halten."

Der Sägemüller hob die Schultern und steckte etwas verlegen die Hände in die engen Taschen seiner Krachledernen.

"Ein Geschäftsmann, der net herumklagt, ist doch keiner!", meinte er, "jedenfalls hat das unser seliger Vater immer gesagt."

"Na, nun übertreibst aber ein bisserl!", fand der Wirt.

Seppl Bernrieder seufzte hörbar. "Ich will die Sach jetzt mal auf den Punkt bringen, Ludwig - so unangenehm es auch ist! Aber glaub mir, für mich ist das genauso schwierig wie es für dich sein wird!"

Der Ramayer runzelte die Stirn. Was druckste der Sägemüller so herum und brachte nicht einfach klipp und klar auf den Tisch, was er wollte.

"Nun red keinen Schmarrn, Seppl. Wir kennen uns seit frühester Jugend und können ja wohl miteinander reden wie erwachsene Männer."

Seppl Bernrieder nickte. "Woaßt unser Vater, der hat manches auf eine Art und Weise geregelt, die vielleicht net mehr so ganz zeitgemäß ist... Das gilt zum beispielsweise für den niedrigen Pachtzins, den ihr für die Parkplatz-Fläche zu bezahlen habt."

"Jetzt ist es also heraus", entfuhr es dem Wirt ziemlich ärgerlich. Er verschränkte die Arme vor der Brust. "Hast aber lange gebraucht, um mir mit vielen Verrenkungen klarzumachen, dass du mehr Pacht von mir willst!"

"Mei, es ist net persönlich gemeint, aber..."

"Net persönlich ist es gemeint!", echote Ludwig Ramayer, dessen Gesicht jetzt dunkelrot anlief. "Aber die höhere Pacht, die soll ich dann schon 'persönlich' bezahlen..."

"Geh, Ramayer, nun sei doch net so starrsinnig!"

"Starrsinnig? Ich?"

"Wir können doch vernünftig darüber reden. Ein so geringer Pachtzins, und das über Jahre... Ich muss halt auch mit spitzer Feder rechnen! Kannst das net einsehen?"

Der Wirt nickte. Seine Nasenflügel bebten. Er musste sich sehr beherrschen, um noch einigermaßen die Fassung zu wahren. "Ja, ich versteh schon, woher jetzt der Wind weht. Kaum ist der alte Bernrieder Franz Josef unter der Erde, da wirfst auch schon alles über Bord, wofür der Alte gestanden hat! Alles, was deinem Vater wichtig und teuer wahr. Zum Beispiel, dass man sich an gegebene Versprechen hält und Verträge einhält!"

"Aber dieser niedrige Pachtzins, der kann doch net bis in alle Ewigkeit weiter gelten!", ereiferte sich der Bernrieder. "Sollen in hundert Jahren deine Nachfahren auch noch die paar Groschen zahlen? Das ist dich lächerlich, Ludwig! Mei, so verbohrt kannst ja noch net einmal du sein!"

"Und was schwebt dir so als neuer Pachtzins vor?", fragte der Wirt, in dessen Seele es kochte.

"Mei, das Doppelte wäre immer noch ein günstiger Preis."

"Red doch keinen Schmarrn!"

"Ich red keinen Schmarrn! Wenn ich das Stückerl Land an einen der Bauern in der Umgebung verpachten würde, könnte ich sogar noch weit mehr herausschlagen!" Der Sägemüller nahm die Hände aus den Taschen und ballte sie zu Fäusten. Was bildete sich der Ramayer eigentlich ein?, durchzuckte es ihn.

Hatte jahrelang die Gutmütigkeit des alten Bernrieders ausgenutzt und jetzt noch net einmal den Schneid, einer Pachterhöhung zuzustimmen. "Vielleicht sollte ich das wirklich tun!", knurrte der Bernrieder dann.

"Was? An einen Bauern verpachten?"

"Wirst schon sehen, was deine feinen Touristen sagen, wenn hier regelmäßig der Dünger ausgefahren wird und man auf deiner Terrasse nur noch mit einer Wäscheklammer auf der Nase sitzen kann!"

"Ich habe mit deinem Vater einen Vertrag geschlossen", gab Ludwig Ramayer zu bedenken. "Und dieser Vertrag ist auf unbestimmte Zeit geschlossen. Er ist gültig! Sieh das ein, Seppl! Du kannst diese Fläche net einfach anderweitig verpachten!"

"Dann kündige ich eben hiermit den Vertrag", knurrte der Bernrieder. "Hast recht verstanden? Ich kündige den Pachtvertrag einfach auf."

"Zumindest bis zum Jahresende kannst gar nix machen, Bernrieder!"

Der Sägemüller hob die Augenbrauen. "Ach nein? Das werden wir ja sehen!"

Und mit diesen Worten stapfte er wutentbrannt aus dem Schankraum heraus ins Freie. Lautstark flog hinter ihm die Tür ins Schloss.

In diesem Moment trat die Ramayerin in den Schankraum. Sie kam aus der Küche. Offenbar hatte sie den lautstarken Streit der beiden Männer mitangehört.

"Was ist denn los zwischen dem Bernrieder und dir. Habt ihr euch net immer gut verstanden."

"Das ist lange her", knurrte Ludwig Ramayer düster. "Damals waren wir Schulbuben. Aber die Zeiten scheinen sich geändert zu haben."

"Geh, Ludwig, was red'st denn da!", entfuhr es der Ramayerin etwas befremdet, als sie das finster entschlossene Gesicht ihres Mannes bemerkte.

Der Wirt rang in einer Geste der Verzweiflung mit den Armen.

"Den Parkplatz will er uns wegnehmen, der Bernrieder!", stieß er dann wütend hervor. "Verstehst jetzt, warum ich so angefressen bin!"

Die Ramayerin trat zu ihrem Mann und legte ihm vorsichtig eine Hand auf die Schulter. "Mei, es wird schon net so heiß gegessen wie gekocht wird", war sie überzeugt.

Der Wirt zuckte die Achseln.

"Ich kann nur hoffen, dass du recht hast", murmelte er.

Aber er hatte das untrügliche Gefühl, dass in dieser Sache das letzte Wort noch nicht gesprochen war.


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