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Die Dämmerung hatte sich längst über die Bergwelt gelegt, als Andrea und Thomas den Gasthof ZUM GIPFEL erreichten. Der Name war Programm. Das Wirtshaus lag weit außerhalb des Dorfes auf einer Hochebene. Nach Süden hin hatte man eine fantastische Aussicht über die nahen Berggipfel.

Schneebedeckt erhoben sie sich in den dunkler werdenden Himmel. Das Sonnenlicht schimmerte nur noch als ein schwaches Leuchten hinter den Bergspitzen hervor und ließ diese in einem zauberhaften Licht erscheinen. In nördlicher Richtung lag ein Stück Wiese, das von den Gästen des Gasthofs ZUM GIPFEL als Parkplatz genutzt wurde. Ludwig Ramayer hatte es zu diesem Zweck extra gepachtet - denn was konnte schon aus aus einem Gasthaus ohne ausreichende Parkmöglichkeiten werden?

Jene Gäste, die es vorzogen, am Ende einer anstrengenden Bergwanderung hier einzukehren, waren deutlich in der Minderzahl.

Und auch der Bernrieder-Thomas hatte auf diesem Stück Land seinen Geländewagen abgestellt, denn von hier aus waren er und Andrea am Morgen zu ihrer Tour aufgebrochen.

Um diese Zeit befanden sich kaum noch Fahrzeuge auf dem behelfsmäßigen Parkplatz. Im Anschluss daran erstreckte sich der Hochwald, in dem um diese Zeit bereits ziemlich dunkel war.

Andrea war erschöpft aber glücklich, als sie die letzten Meter bis zum Gasthaus endlich hinter sich gebracht hatten.

"Komm doch noch auf ein Glasl herein", forderte sie. "Auf Kosten des Hauses natürlich!"

Der Thomas seufzte.

"Warum eigentlich net?", meinte er.

Trotz der fortgeschrittenen Tageszeit war es nämlich immer noch ziemlich warm. Die Luft stand regelrecht. Kein kühles Lüftchen wehte von den Berghängen herunter und vielleicht würde es in der Nacht sogar noch ein Gewitter geben.

"Dann komm!", forderte Andrea, nahm Thomas' Hand und zog den Sohn des Sägemüllers mit sich.

Einen Augenblick später betraten sie den Schankraum.

Resi und Vroni, die beiden noch einsatzfähigen Bedienungen rannten sich regelrecht die Hacken ab. Die Wirtin selbst stand in der Küche, während Ludwig Ramayer seinen Platz hinter dem Schanktisch hatte und dafür sorgte, dass die Krüge der Gäste stets gut gefüllt waren.

"Ah, da bist ja, Andrea!", rief der Ramayer-Ludwig seiner Tochter zu, als sie zusammen mit Thomas an den Schanktisch herantraten. "Die Mama und ich, wir haben uns schon ein bisserl Sorgen gemacht!"

"Geh, Papa! Was sollte denn schon passieren?" Sie zwinkerte dem Thomas zu und fuhr dann fort: "Schließlich war ich doch in guten Händen..."

Ludwig Ramayer nickte nun auch dem Thomas zu.

Einerseits hielt er große Stücke auf den Sohn des Sägemüllers, der sein Handwerk sicherlich gut beherrschte und einmal den Betrieb seines Vaters weiter führen würde. So hatte der Wirt im Prinzip auch gar nichts dagegen einzuwenden, dass seine Tochter sich mit ihm traf - mal davon abgesehen, dass er in seinem Innersten sehr wohl wusste, dass er Andrea auch nicht daran hätte hindern können. Das Madl hatte nämlich einen äußerst starken Willen, der sich nicht so einfach zähmen ließ. Wenn sie sich etwas wirklich in den Kopf gesetzt hatte, dann war es nahezu unmöglich, sie wieder davon abzubringen.

Andererseits dachte er aber auch mit Schrecken daran, dass seine Älteste womöglich schon bald das Elternhaus verlassen würde.

Ein bisserl, so fand er, konnte das doch noch warten.

Ludwig Ramayer wandte sich an Thomas.

Das Gesicht des eigentlich stets gutgelaunten Wirtes wirkte jetzt sehr ernst.

"Thomas, es kam vorhin ein Anruf für dich..."

"Für mich?", fragte Thomas verwundert.

"Mei, es war dein Vater. Falls ich dich sehe, soll ich dir sagen, dass du so schnell wie möglich nach Hause kommen sollst!"

"Der Vater hat net zufällig erwähnt, was los ist?"

Ludwig Ramayer schüttelte den Kopf.

"Na, das hat er net, aber es klang so, als ob es wirklich wichtig wäre..."

Thomas seufzte hörbar und wandte sich dann an Andrea.

"Dann mache ich mich jetzt mal lieber auf den Weg", meinte er. "Wer weiß, was zu Hause los ist..."

Andrea nickte. "Ich hoffe net, dass du mit irgendeiner Hiobsbotschaft konfrontiert wirst..."

"Geh, Andrea. Was soll schon geschehen sein?", sagte er scheinbar gelassen, aber Andrea kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass es in seinem Inneren wohl anders aussah.

Thomas verabschiedete sich und Andrea sah ihm noch nach, bis er durch die Tür ins Freie verschwand.

"Übermorgen möchte ich mit dem Thomas zum Dorftanz", sagte sie dann an den Vater gewandt.

"Mei, du warst heute schon den ganzen Tag weg!", seufzte der Vater. "Aber ich habe jetzt eine Vertretung für die Franzi, die sich den Fuß verstaucht hat und damit sicher noch eine ganze Weile zu tun haben wird."

"Wirklich?", freute sich das Madl.

"Es ist die Waldner-Birgit. Du kennst sie ja."

"Freilich, wir haben in der Schule zusammen in einer Bank gesessen."

"Ich weiß net warum, aber offenbar hat sich das Madl mit dem Wirt vom Dorfgasthof zerstritten und so fängt sie nun morgen bei uns an. Viel Einarbeitungszeit wird sie ja wohl net brauchen..."

In Gedanken ließ Andrea dabei noch einmal das Geschehene Revue passieren. Es war ein wunderschöner Tag, dachte sie.

Das Gefühl des Verliebtseins erfüllte sie vollkommen. Sie glaubte, in ihrem Leben noch nie so glücklich gewesen zu sein. Vor ihrem inneren Augen sah sie das Gesicht des geliebten Thomas vor sich. Seine blauen Augen, das unvergleichliche Lächeln... Es fiel ihr schwer, überhaupt noch an etwas anderes zu denken.

Dann ließ sie suchend den Blick durch den Schankraum kreisen. Sie vermisste ihre jüngere Schwester.

"Wo ist eigentlich Petra?", fragte sie den Vater.

"Bei einer Freundin im Dorf. Eigentlich wollte sie auch schon längst zurück sein." Der Wirt seufzte. "Eines net mehr allzu fernen Tages stehen die Mama und ich allein hier im Gasthaus ZUM GIPFEL und können sehen, wie wir mit dem Ansturm der Gäste fertig werden!", meinte er augenzwinkernd, aber doch mit einer leisen Spur von Tadel.

"Geh, Papa, red doch net so einen Schmarrn!"

"Ich sag doch nur wie's ist!" Er zuckte die Schultern.

"Andererseits bin ich natürlich froh, dass das Geschäft so brummt und wir keine Schwierigkeiten haben, uns über Wasser zu halten."

"Stell dir nur vor, wir hätten den Parkplatz net", gab das Madl zu bedenken. "Was meinst du wohl, wie es dann aussähe!"

Der Wirt nickte heftig. "Das kannst wohl laut sagen! Wenn der alte Bernrieder uns die zusätzliche Fläche net zu einem so günstigen Zins verpachtet hätte, hätten wir längst dichtmachen können..."


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