Читать книгу Falscher Stolz und dumme Streiche: Heimatroman Doppelband 2 Romane um Liebe, Berge, Heimat - Alfred Bekker - Страница 16
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Andrea hatte von draußen den Lärm vernommen. Zusammen mit ihrer Schwester Petra war sie gerade damit beschäftigt gewesen, den Schankraum zu wienern, damit in wenigen Stunden das Gasthaus für alle geöffnet werden konnte, die an zünftiger Küche und schöner Aussicht interessiert waren.
"Geh, was ist denn da los?", stieß Petra hervor.
Andrea sah aus dem Fenster und beobachtete gerade noch, wie der Vater auf den Parkplatz zulief. Der Wirt war in der Stadt gewesen, um dringende Besorgungen zu erledigen und einzukaufen. Jetzt stand der Lieferwagen mit offener Tür da, so eilig hatte es der Ludwig Ramayer gehabt.
Die Mutter trat aus der Küche heraus, wischte sich die Hände an der Schürze ab und blickte dann ebenfalls aus dem Fenster.
"Das gibt's doch net!", stieß sie dann hervor. "Der Bernrieder lädt Baumstämme ab - und mein Ludwig geht mit hochrotem Kopf geradewegs dorthin! Das kann nix Gutes geben!"
Kurz entschlossen lief die Ramayerin zur Tür hinaus.
Die beiden Töchter sahen sich kurz an, dann folgten sie der Mutter.
Noch bevor die Ramayerin den Ort des Geschehens erreicht hatte, holten die Töchter sie ein.
Dort war bereits alles in heller Aufregung.
Seppl Bernrieder und Ludwig Ramayerr lieferten sich ein lautstarkes Wortgefecht. Die Gehilfen des Bernrieders tauschten ratlose Blicke und warteten erst einmal ab.
Andrea erblickte zu ihrem Entsetzen den Thomas neben seinem Vater. Die beiden jungen Leute sahen sich an.
Die Ramayerin wandte sich indessen an ihren Mann, fasste ihn beim Arm. "Wir können da nix machen", meinte sie.
"Nix machen? Siehst denn net, was hier los ist? Alles mit Bäumen ausgelegt hat der Schuft! Genau so, dass kaum noch ein Auto hier stehen kann!"
"Mei, aber ihm gehört doch nun einmal dieses Stückerl Wiese! Da beißt keine Maus einen Faden ab!"
Jetzt meldete sich der Bernrieder zu Wort. "Vielleicht verstehst es ja, wenn deine Frau dir das erklärt!", höhnte er. "Dieses Grundstück gehört mir - und niemand anderem. Was mein Vater mit dir abgemacht hat, daran muss ich mich net gebunden fühlen!"
"Das musst du sehr wohl!"
"Geh doch vor Gericht, Ramayer! Oder hab ein Einsehen und zahl mir eine höhere Pacht!"
Der Ramayer deutete auf einen der dicken Stämme. "Das ist doch reine Schikane, was du hier betreibst! Nix anderes! Und soweit ich weiß, gibt es darauf in keinem Land der Welt einen Rechtsanspruch!"
Andrea wandte sich an Thomas, trat ein paar Schritte auf ihn zu und blieb dann stehen. Sie schüttelte den Kopf und öffnete halb den Mund, so als wollte sie etwas sagen. Aber innerhalb des nächsten Augenblicks brachte sie nicht einen einzigen Ton heraus.
Thomas schien es ebenso zu gehen.
Er schluckte.
"Andrea", flüsterte er.
"Mei, ich hät net gedacht, dass du so etwas mitmachst, Thomas!"
In Andreas' Augen glitzerten Tränen.
"Andrea! Ich habe ja nur versucht zu vermitteln!"
"Komm jetzt, Ludwig!", forderte unterdessen die Ramayerin ihren Mann energisch auf und fasste ihn dabei am Oberarm.
"Wir können ja juristisch dagegen vorgehen. Aber jetzt hier aufeinander loszuschimpfen wie die Rohrspatzen, das bringt doch nix!"
Der Wirt atmete tief durch.
Er sah seine Frau einige Augenblicke lang nachdenklich an, dann nickte er.
"Du hast recht", stellte er fest.
Gemeinsam drehten sie sich dann um und gingen zurück in Richtung des Wirtshauses ZUM GIPFEL. Petra folgte ihnen und schließlich Andrea.
"Andrea, warte!"
Andrea stand jetzt einfach nicht der Sinn danach, mit ihrem Thomas auch nur ein Wort zu wechseln. Zu enttäuschst war sie von ihm. Dass er seinem Vater nicht in den Rücken fallen konnte, das war auch ihr klar. Aber musste er sich wirklich an einer dermaßen schändlichen Aktion beteiligen?
Sie drehte sich nicht um, lief einfach weiter in Richtung des Wirtshauses.
Hinter sich hörte sie Schritte.
Nur Augenblicke, dann hatte Thomas sie eingeholt. Er fasste sie bei den Schultern.
"Andrea, nun warte doch! Wenn schon zwischen unseren Familien so ein Hader steht - dann müssen wir da doch net mitmachen!"
Andrea sah ihn an.
"Das habe ich bisher auch so gesehen", erwiderte sie.
"Na, dann is doch alles in Ordnung!"
"In Ordnung? Thomas, du kannst es doch net als 'in Ordnung' bezeichnen, wenn ihr hier alles mit Baumstämmen auslegt..."
"Geh, Andrea, so war das doch auch net gemeint!"
"Dann solltest du deine Worte vielleicht ein bisserl mehr abwägen!"
Sie sahen sich an.
Thomas nahm ihre Hände. Sie fühlten sich kalt an.
"Bist mir denn jetzt wieder gut, Andrea?"
Sie nickte.
"Lass uns ein anderes mal weiterreden. Im Moment ist vielleicht net gerad' der passende Zeitpunkt."
"Ich habe versucht, meinen Vater von seinem Vorhaben abzuhalten, aber ist genauso halsstarrig wie der deine!"
Andrea sah ihn ärgerlich an. "Was bitte ist mein Vater?", fuhr sie auf.
Thomas schüttelte lächelnd den Kopf. "Jetzt fangen wir net erneut an zu streiten!"
Andrea seufzte. "Naja - recht hast ja!"
"Mal sehen, vielleicht komm ich nachher noch vorbei und wir reden dann."
"Besser erst morgen", riet Andrea. "Ich hoffe, dass sich dann die Wogen bei uns etwas geglättet habe."
Thomas seufzte und nickte dann. "Wenn du meinst!"
"Ich hoffe, dass sich bald alles wieder einrenkt, Thomas", gab Andrea ihrer Hoffnung Ausdruck.
"Ja", nickte Thomas. "Das hoffe ich auch."