Читать книгу Der Beginn einer kosmischen Saga: Chronik der Sternenkrieger - Der Einstiegsband: 1200 Seiten Romanpaket - Alfred Bekker - Страница 76
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Die Einführungszeremonie des neuen Captains der STERNENKRIEGER ging kühl, sachlich und vor allem recht schnell über die Bühne.
Admiral Raimondo traf in allerletzter Minute mit seinem Sondershuttle ein. Er war dunkelhaarig und mit seinen 44 Jahren recht jung für die hohe Position, die er bekleidete. Rena Sunfrost begegnete ihm zum ersten Mal und fand, dass er im persönlichen Umgang genauso beeindruckend wirkte, wie er ihr oft in den Medien als Wortführer im Hohen Rat der Humanen Welten erschienen war.
Es war an Commodore Jackson, die offizielle Dienstorder vorzulesen, nach der Commander Rena Sunfrost zum neuen Captain des leichten Kreuzers STERNENKRIEGER bestimmt wurde. Ein militärischer Gruß, ein Händedruck und die Sache war perfekt.
Anschließend war es die Aufgabe des Ersten Offiziers, Rena zu begrüßen.
Er nahm Haltung an.
»Lieutenant Commander Wong«, stellte er sich vor. »Als Erster Offizier heiße ich den neuen Captain an Bord der STERNENKRIEGER willkommen. Glückliche Fahrt, Ma'am.«
»Danke, I.O. Ich erwarte eine gute Zusammenarbeit.«
Aus den Akten wusste Rena, dass Raphael Wong, dem man die chinesischen Vorfahren deutlich ansehen konnte, einen kometenhaften Aufstieg im Space Army Corps hinter sich hatte. Auf keiner Sprosse dieser Leiter hatte der 29jährige länger als zwei Jahre verbracht und seine Beurteilungen strotzten nur so vor Superlativen. Zweifellos hatte Wong ebenfalls darauf spekuliert, nach dem plötzlichen Tod des vorhergehenden Captain – Commander Reilly – dessen Position zu bekommen. Wong wäre zwar der jüngste Kommandant eines Überlichtraumers der Flotte geworden, aber der Jüngste und trotzdem der Beste zu sein, war in seiner Karriere nichts Neues.
Diesmal aber hat man ihm jemanden mit mehr Erfahrung vorgezogen, überlegte Rena, während der Erste Offizier ihr pflichtgemäß die Hand schüttelte.
Sein Gesicht war vollkommen unbewegt.
Er lässt sich nichts anmerken, erkannte Rena, war aber sensibel genug, um die Anspannung bei ihrem Gegenüber zu spüren. Drei Jahre ist er jünger als ich.
Jemandem drei Jahre an Lebenserfahrung voraus zu haben, bedeutete nicht unbedingt sehr viel. Aber drei Jahre länger im Space Army Corps gedient zu haben, konnte genau den Unterschied an Erfahrung ausmachen, der in diesem Fall wohl den Ausschlag gegeben hatte.
»Mit Ihrer Erlaubnis stelle ich Ihnen die Offiziere der STERNENKRIEGER vor«, kündigte Wong an.
Die innere Reserve, die der Erste Offizier gegenüber seiner neuen Kommandantin empfand, war nicht zu übersehen, auch wenn er sich mit Sicherheit keinen emotionalen Ausrutscher erlauben würde.
Die anderen Offiziere hatten ebenfalls Haltung angenommen.
Wong ging gemeinsam mit dem neuen Captain ihre Reihe ab und stellte sie einen nach dem anderen vor.
Lieutenant John Taranos war der leitende Ruder-Offizier.
Ebenso wie Rena war er erst vor kurzem befördert worden. Er galt aber als einer der begabtesten Piloten der Flotte, dem überall eine glänzende Karriere prophezeit wurde. Mit seinen 24 Jahren war er ausgesprochen jung für seinen Rang.
Waffenoffizier war Lieutenant Robert Ukasi, ein hoch gewachsener Mann mit fast schwarzer Haut.
Anschließend war die leitende Ingenieurin Catherine White an der Reihe. Die mollige 43-Jährige wirkte Sunfrost gegenüber ähnlich reserviert wie Wong. Die Ursache dafür war der Kommandantin jedoch nicht ganz klar. Die Nichtbefriedigung des eigenen Ehrgeizes konnte es in diesem Fall wohl nicht sein.
Dr. Simone Nikolaidev war die Schiffsärztin, eine rotblonde, recht zierliche Person, von der Rena gleich den Eindruck hatte, dass sie ihr offen und ehrlich gegenübertrat.
»Lieutenant David Kronstein«, stellte Wong schließlich den Ortungsoffizier der STERNENKRIEGER vor.
Blaue Augen sahen sie an.
Die Mundwinkel wirkten entspannt. Das blonde Haar war für den militärisch adretten Stil des Space Army Corps eigentlich eine Spur zu lang und setzte auf dem Kragen der Uniform auf.
»Auf gute Zusammenarbeit, Lieutenant Kronstein«, sagte Rena eine deutliche Sekunde zu spät.
»Gleichfalls, Ma'am«, war seine knappe Erwiderung.
Der sonore Klang seiner Stimme löste etwas in ihr aus, das sie zutiefst beunruhigte. Ein angenehmes Kribbeln machte sich in ihrer Bauchgegend bemerkbar. Ein Kribbeln, das sie lange vermisst hatte. Seitdem sich Rena vor Jahren von ihrem Mann, dem auf Wega IV lebenden Genetiker Tony Morton, in gegenseitigem Einvernehmen getrennt hatte, sah es in ihrem Liebesleben ziemlich trist aus. Das musste sie sich ehrlich eingestehen.
Es funktioniert als noch, meldete sich ein ironischer Kommentator in ihrem Hinterkopf, der sich manchmal nur sehr schwer zum Schweigen bringen ließ. Du siehst einen Mann, von dem du vom ersten Moment an hin und weg bist! Wann ist dir das zuletzt passiert, Rena? Als Teenager?
Rena schluckte unwillkürlich.
Ihr Blick verschmolz für einen kurzen Moment mit dem leuchtenden Blau von Kronsteins Augen.
Zwei volle Sekunden gestattete es sich Rena Sunfrost, sich diesem plötzlich aufkeimenden Gefühl hinzugeben...
Dann hatte sie sich wieder absolut unter Kontrolle. Sie wusste genau, dass sie allein den Gedanken daran, mit jemandem wie Kronstein etwas anzufangen, aus ihrem Hirn verbannen musste. Es war gegen die Vorschriften, »intime Beziehungen mit Mitgliedern derselben Befehlskette zu pflegen«. Auf die Einhaltung dieses Befehls wurde im Space Army Corps großen Wert gelegt.
Nachdem Wong seinem Captain noch Sergeant Oliver Rolfson, den Chef des zur Besatzung gehörenden Zuges von Marines vorgestellt hatte, folgte zum Schluss noch ein Mann, bei dem schon an der Kleidung anzusehen war, dass er außerhalb der militärischen Flottenhierarchie stand. Er trug eine graue Kutte. Braunes Haar umrahmte ein Gesicht mit aufmerksamen, sehr wach wirkenden braunen Augen.
»Bruder Guillermo vom Orden der Olvanorer«, stellte Lieutenant Wong den Kuttenträger vor. »Er ist als Berater an Bord und bekleidet keinen Rang in der Flotte.«
Bei den Olvanorern handelte es sich um einen religiösen Orden, dessen Mitglieder sich erstaunlich gut in die Mentalität und Kultur fremder Sternenvölker hineinzuversetzen versuchten. Sie waren häufig als reisende Forscher unterwegs und gründeten hier und da auch kleinere Kolonien auf zumeist abgelegenen Planeten. Der Rat eines Olvanorers war bei jedem gefragt, der überlichtschnelle Raumfahrt betrieb und damit in die Situation kommen konnte, auf Angehörige fremder intelligenter Spezies zu treffen.
»Es freut mich, Sie kennen zu lernen«, sagte Bruder Guillermo.
Er blickte nur kurz auf und starrte dann wieder auf seine Füße. Seine Unsicherheit war ihm deutlich anzumerken.
Hoffentlich traut er sich wenigstens, mich zu beraten, dachte Rena. »Sind Sie zufällig ein Experte für die Qriid-Kultur, Bruder Guillermo?«
Der Olvanorer schaute scheu hoch. »Ich habe mich so intensiv mit ihrer Kultur beschäftigt, wie dies zurzeit überhaupt nur möglich ist«, erklärte er zögernd. »Außerdem habe ich ein Jahr lang in der Olvanorer-Kolonie auf Bannister V gelebt, wo wir mit den Qriid ja quasi auf Tuchfühlung waren. Einen wirklichen Experten werden Sie allerdings wohl in der gesamten Menschheit derzeit nicht finden. Was wir wissen, sind nur Bruchstücke, die sich nur sehr mühsam zu einem stimmigen Bild zusammensetzen lassen.« Er schaute sie verlegen an.
Rena lächelte und hoffte, ihm so seine Scheu zu nehmen.
»Ich sehe schon, wir müssen uns bei Gelegenheit mal intensiver unterhalten, Bruder Guillermo.« In gedämpftem Tonfall fügte sie nach einer Pause hinzu: »Mein Interesse an den Qriid ist mindestens so groß wie das Ihre, Bruder Guillermo.«
»Nur ein toter Geierkopf ist guter Geierkopf – läuft es darauf hinaus?«, fragte der Olvanorer.
Bei jedem anderen hätte dies wie eine boshafte Spitze geklungen.
Bruder Guillermo brachte das Kunststück fertig, diese Bemerkung schüchtern und verhalten klingen zu lassen, sodass Rena sich nicht im Mindesten angegriffen fühlte.
Dieser junge Mann hat es faustdick hinter den Ohren!, ging es ihr durch den Kopf. Oder er ist wirklich so naiv. Wenn er seinem Orden nicht beigetreten wäre, hätte er vielleicht im diplomatischen Dienst Karriere machen können. Und das Beste ist – es scheint ihm nicht einmal bewusst zu sein, was er tut!
»Ich persönlich habe nichts gegen die Qriid«, beteuerte sie – und es war die Wahrheit. »Aber ich fürchte, dass die brüchige Waffenruhe zwischen unseren Völkern nicht ewig halten wird.«
»Mag sein, Captain.«
»Haben Sie sich je mit der Schlacht um das Tridor-System beschäftigt, Bruder Guillermo?«
»Ich bin kein Militärhistoriker, Ma'am«, wehrte er ab.
Er starrte wieder zu Boden...