Читать книгу Der Beginn einer kosmischen Saga: Chronik der Sternenkrieger - Der Einstiegsband: 1200 Seiten Romanpaket - Alfred Bekker - Страница 80

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»Seien Sie vorsichtig, Mister Wong«, sagte eine weibliche Stimme. »Mit diesem Eisbiest von Captain ist nicht gut Kirschen essen.«

Eisbiest – das war bereits Renas Spitzname an der Akademie gewesen, und er bezog sich natürlich auf ihren Nachnamen – Sunfrost...

Was lag da näher als ein paar Wortspiele, in denen Eis und Kälte eine Rolle spielten.

Sunfrost bog um die Korridorecke und erblickte ihren Ersten Offizier. Neben ihm stand eine mollige, von der Figur her sehr weiblich wirkende Frau, die Sunfrost bereits als einer der Offiziere ihres Schiffs vorgestellt worden war: Lieutenant Catherine White, die Chefingenieurin der STERNENKRIEGER.

Rena näherte sich den beiden.

»Ich weiß, dass man mich hinter meinem Rücken als Eisbiest bezeichnet, Lieutenant White«, eröffnete Sunfrost. »Dieser Name hat mich während meiner gesamten Space Army Corps-Karriere begleitet und wird es wahrscheinlich so lange tun, wie ich nun einmal meinen Namen trage. Ich bitte Sie nur um einen Gefallen.«

»Ma'am, ich...«

»Benutzen Sie diesen Namen niemals wieder in meiner Gegenwart. Haben wir uns verstanden, Lieutenant White?«

»Ja, Ma'am«, sagte die Ingenieurin kleinlaut.

»Und jetzt lassen Sie mich bitte mit Lieutenant Commander Wong unter vier Augen reden.«

Catherine White atmete tief durch. Ihr Gesicht war hochrot angelaufen. Sie konnte es gar nicht erwarten, den Ort ihrer Blamage schnellstmöglich zu verlassen.

»I.O., ich weiß, dass Sie berechtigte Ambitionen hatten, selbst das Kommando auf der STERNENKRIEGER zu übernehmen«, begann Rena. »Die Qualifikation dafür hätten Sie in jedem Fall. Es ist Ihr Pech, dass man in diesem Fall die Erfahrung dem Genie vorgezogen hat. Tut mir Leid für Sie, aber ich kann es nicht ändern! Was ich Ihnen voraus habe, sind drei Dienstjahre und der Rang des Commanders. In drei Jahren kann viel geschehen. Wenn Sie so alt sind wie ich jetzt, werden Sie wahrscheinlich auf der Erfolgsleiter an mir vorbeigezogen sein, so mustergültig wie Ihre bisherige Bilanz ist! Aber solange das noch nicht der Fall ist und Sie meinem Kommando unterstehen, erwarte ich Loyalität.«

»Das ist selbstverständlich, Ma'am«, erwiderte Wong. Eine tiefe Furche war mitten auf seiner Stirn entstanden.

Entweder ich habe genau ins Schwarze getroffen oder liege so vollkommen daneben, dass er gerade meinen Verstand anzweifelt, dachte Sunfrost.

Aber da sie sich auf ihren Instinkt für Zwischenmenschliches im Allgemeinen gut verlassen konnte, zog sie die zweite Möglichkeit gar nicht ernsthaft in Betracht.

Er weiß genau, wovon ich spreche, dachte Sunfrost. Und ich werde ihm nicht gestatten, sich irgendwie herauszureden. Die Fronten müssen jetzt ein für alle Mal geklärt werden.

»Wenn Sie eine Entscheidung treffen, die eine Verzögerung bei der Rekonfiguration des Kommunikationssystems um 48 Stunden bedeutet«, kam Rena auf den Punkt, »dann erwarte ich, dass ich darüber zumindest informiert werde und Sie nicht einfach tun, was Ihnen gefällt!«

»Es war nicht meine Absicht, Ihre Autorität in Frage zu stellen, Captain.«

»Gut, das zu wissen. Denn ansonsten hätten wir ein Problem.« Rena atmete tief durch.

Ihren Start an Bord der STERNENKRIEGER hatte sie sich wahrlich anders vorgestellt. Irgendwie schien ihr Kommandoantritt unter keinem guten Stern zu stehen. Aber sie sah keinerlei Grund dafür, sich selbst Vorwürfe zu machen. Für die Rahmenbedingungen war sie schließlich nicht

verantwortlich – und schon gar nicht dafür, dass einem Mustersoldaten, der die Rangstufenleiter bisher auf der Überholspur genommen hatte, zugemutet wurde, mal eine Stufe im Normaltempo zu nehmen.

Ihr Mitleid hielt sich in diesem Punkt in sehr engen Grenzen.

Einige Augenblicke des Schweigens folgten. Die kühle, distanzierte Art, mit der ihr Erster Offizier sie musterte, ließ Sunfrost innerlich kochen. Aber sie gab sich alle Mühe, nichts davon nach außen dringen zu lassen. Sie musste die Kontrolle behalten – und zwar zunächst und zuallererst über sich selbst.

Nur wer sich selbst beherrscht, vermag, über andere zu herrschen, drang ihr ein Zitat des chinesischen Philosophen Li Tang in die Erinnerung. Eine Weisheit, die sie sich zu Herzen genommen hatte.

Sie sah Wong direkt in die Augen.

»Was wollen Sie mit einem Winston-Feld an Bord der STERNENKRIEGER?«, fragte Rena Sunfrost geradeheraus.

Winston-Felder dienten der Sicherung kleinster organischer Partikel und fand üblicherweise bei archäologischen Grabungen und der Aufklärung von Straftaten Anwendung.

Raphael Wong verschränkte die Arme.

Er machte ein paar Schritte und vollführte dann eine ausholende Geste. »Sehen Sie das Sicherheitsschott dort? Das ist der einzige Zugang zum Sandström-Aggregat B. Dort starb Commander Willard J. Reilly, Ihr Vorgänger im Amt des Captains.«

Sunfrost runzelte die Stirn. »Ein Unfall, wie ich gehört habe.«

»Wirklich? Ich habe meine Zweifel, Captain.«

»Sie gehen davon aus, dass Captain Reilly einem Verbrechen zum Opfer fiel?«

»Sagen wir so...« Wong sammelte seine Gedanken. »Die Umstände seines Todes sind in meinen Augen noch lange nicht geklärt. Mit dem, was in dem vorläufigen Abschlussbericht der Untersuchungskommission steht, werde ich mich jedenfalls nicht zufrieden geben. Das bin ich Captain Reilly schuldig.«

Eine Pause entstand.

Wongs Tonfall hatte sich verändert. Sunfrost spürte, wie nahe ihm der Tod Captain Reillys offenbar ging. Offenbar hatte er ihm auch persönlich recht nahe gestanden.

Noch ein Grund für ihn, um den neuen Captain nicht zu mögen, überlegte sie.

»Berichten Sie mir, was Sie herausgefunden haben«, forderte sie den Ersten Offizier der STERNENKRIEGER auf.

Wong wirkte überrascht. Er hatte wohl nicht mit Verständnis gerechnet. »Captain Reilly ließ sich kurz vor seinem Tod – oder seiner Ermordung, wie ich eher glaube – mit einem Shuttle hierher bringen und ging an Bord, obwohl zu diesem Zeitpunkt die Reparaturarbeiten in einem Stadium waren, in dem der Captain hier nun wirklich nichts zu suchen hatte. In einem Großteil der Sektion war zu diesem Zeitpunkt das Lebenserhaltungssystem ausgeschaltet. Außer Wartungsrobotern und ein paar Spezialisten des Spacedock-Personals, hätte sich niemand an Bord befinden dürfen.«

»Haben Sie eine Ahnung, was Reilly an Bord wollte?«

»Nein, Captain.« Wong schüttelte den Kopf. »Dann wäre ich in meinen Ermittlungen ein ganzes Stück weiter. Allerdings weiß ich, dass ein weiteres Shuttle andockte, kurz nachdem Reilly hier eintraf. Es dockte wohlgemerkt direkt an der Außenschleuse der STERNENKRIEGER an – nicht an Spacedock 13. Leider scheinen sämtliche Computeraufzeichnungen und Datenprotokolle darüber unwiederbringlich verloren, da wir durch die Explosion an einem der Sandström-Aggregate einen Computer-Crash hatten.«

»Gibt es keine Aufzeichnung des Zentralrechners von Spacedock 13?«, hakte Sunfrost nach.

»Eigenartigerweise nicht. Für mich sieht es aus, als wären sie gelöscht worden. Leider gestattet mir niemand einen Zugriff auf die Datenbanken von Spacedock 13, der weitreichend genug wäre, um das aufklären zu können.« Er deutete auf den Boden. »Genau hier wurde Captain Reilly von der Explosion getötet. Er wurde regelrecht zerrissen. Es blieb nichts von ihm übrig, außer den paar Gramm DNA, die für eine Identifizierung ausreichten.«

»Und jetzt glauben Sie, dass hier im Kontrollraum auch der Täter seine Visitenkarte in Form seines Gen-Codes hinterlassen hat«, schloss Sunfrost.

»Richtig«, bestätigte Wong. »Ein Schweißtropfen oder paar Hautzellen, die er an einer scharfen Kante verlor, ohne es zu merken, würde schon ausreichen. In einem Winston-Feld lassen sich auch winzige oder bruchstückhafte DNA-Sequenzen sichtbar machen, sodass eine Chance besteht, sie näher unter die Lupe zu nehmen.«

Er hob den Kopf und sah Sunfrost mit einem abschätzigen Blick an.

Der Kommandantin war durchaus klar, dass jetzt alles an ihrer Reaktion abhing.

In gedämpftem Tonfall fuhr Wong fort: »Ich glaube, dass Captain Reilly hier mit seinem Mörder zusammentraf.«

Sunfrost überlegte einige Augenblicke. Was Wong ihr vortrug warf tatsächlich einige Fragen auf. »Die offizielle Untersuchung ist bereits abgeschlossen?«

»Ja, Captain. Aber die konzentrierte sich auf die technischen Gegebenheiten des explodierten Sandström-Aggregats.«

»Sie wissen, dass Sie mit Ihren Ermittlungen Ihre Zuständigkeit überschreiten. Wenn Sie Verdachtsmomente haben, sollten Sie diese an die zuständigen Stellen weiterleiten.«

»Das habe ich längst getan, Ma'am. Leider ohne Erfolg. Und ich werde nicht abwarten, bis sich keine Spuren mehr finden lassen.«

Rena Sunfrost zögerte einen Moment. Wenn sie Raphael Wong weiter ermitteln ließ, dann war das ein Verfahrensfehler.

Nichts, was ihre Karriere beenden würde, aber doch ein grauer Fleck in ihrer Personalakte, der es ihr vermutlich erschwerte, später ein größeres Kommando oder einen Stabsoffiziersposten in der Admiralität zu erhalten. Andererseits interessierte jetzt auch sie, was mit ihrem Vorgänger wirklich geschehen war.

Ihre Entscheidung entsprang schließlich einem spontanen Bauchgefühl. »Machen Sie weiter, I.O.«

Wong nahm Haltung an. »Danke, Ma'am.«

»Und halten Sie mich über Ihre Ermittlungsergebnisse auf dem Laufenden.«

»Aye, Ma'am.«

Der Beginn einer kosmischen Saga: Chronik der Sternenkrieger - Der Einstiegsband: 1200 Seiten Romanpaket

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