Читать книгу Das Super Krimi Paket Dezember 2021: 12 Romane in einem Buch - 1800 Seiten Thriller Spannung - Alfred Bekker - Страница 50

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9. Kapitel


Kriminalhauptkommissar Meinert Steen hörte Lorants Ausführungen einigermaßen geduldig zu, schob dabei allerdings immer wieder den Daumen der rechten Hand unter den Halter des Kugelschreibers, sodass es in mehr oder minder regelmäßigen Abständen ein klickendes Geräusch gab.

"So, Frau Sluiter hat Sie beauftragt, in dieser Sache zu ermitteln", wiederholte Steen gedehnt.

"Ja. Und ich ersuche Sie um Ihre Unterstützung."

"Wäre es nicht vielleicht doch angebracht, die Ermittlungen in diesem Fall den Profis zu überlassen?" Steen zeigte ein öliges Lächeln. Seine Haare begannen gerade grau zu werden. Seine Augen wirkten etwas hervorgequollen und wenn er sprach, tanzte der Adamsapfel munter auf und nieder. Er trug ein verknittertes, kleinkariertes Jackett, das aus keinem sonderlich edlen Stoff bestehen konnte.

Wahrscheinlich hundert Prozent Polyester, dachte Lorant.

Aber, wenn er Segler ist, kann er den Fetzen hinterher als Dichtungsmasse für sein Boot benutzen!

Meinert Steen lehnte sich zurück, spielte jetzt ganz offen mit seinem Kugelschreiber herum und tickte damit auf dem Tisch.

Kein Gefühl für Rhythmus!, war Lorants Überlegung dazu. So etwas störte ihn einfach.

"Ich verstehe, dass Frau Sluiter es einfach nicht wahrhaben will, dass Ihr Mann möglicherweise einfach nur verunfallt ist und nicht einem ominösen Killer zum Opfer fiel. Aber bislang haben wir keinerlei Beweise dafür, dass wirklich Fremdverschulden vorliegt."

Lorant holte den Kugelschreiber hervor, den er bei der Töpferei gefunden hatte und reichte ihn Steen.

"Was soll ich damit?"

Als Lorant dem Kriminalhauptkommissar erläuterte, wo und wann er den Stift aufgefunden hatte, war in Steens Gesicht eine Art maskenhafte Erstarrung zu registrieren.

Lorant war klar, dass er jetzt sehr vorsichtig sein musste.

Allein schon das Vorhandensein eines Beweisstückes, das die ermittelnden Beamten unter Steens Leitung ja wohl ganz offensichtlich übersehen hatten, deutete eine empfindliche Seele wie er bereits als massive Kritik. Und dann fielen bei Steen erst recht die Jalousien runter. So jedenfalls schätzte Lorant ihn ein.

Er kannte diese Typen. Zwanzig Jahre hatte er mit ihnen zusammenarbeiten müssen. Nichts war so schlimm für sie, als einmal zugeben zu müssen, dass sie sich schlicht und ergreifend geirrt hatten.

"Ich denke, dass Herr Sluiter bei der Töpferei gestorben sein könnte", sagte Lorant.

Steen hob die Augenbrauen hoch.

"Und wie kam er dann zum Boot?"

"Durch Handarbeit. Er ist hingeschleift oder hingetragen worden, was weiß ich?"

"Und hat dabei den Kuli verloren, darauf soll's doch wohl hinausgehen, was?"

"Erraten."

Steen legte den Kugelschreiber auf den Tisch.

"Aber sonst haben Sie keinen Anhaltspunkt für Ihre Theorie."

Lorant hob die Schultern. "Nein."

"Na, sehen Sie!"

"Aber..."

"Für das Vorhandensein dieses Kugelschreibers an der von Ihnen angegebenen Stelle gibt es eine Reihe anderer möglicher Erklärungen, von denen ich behaupten würde, dass sie erheblich näherliegend sind!"

"Und die wären?"

Steen seufzte. Er verdrehte die Augen, nahm einen Schluck aus der Mineralwasserflasche, die er neben seinem Schreibtisch stehen hatte. Dass er Lorant nichts zu trinken -—nicht einmal Tee! - angeboten hatte, nahm Lorant nicht persönlich.

Wahrscheinlich wollte Steen das Gespräch mit der lästigen privaten Konkurrenz ganz einfach so kurz wie möglich halten.

Aus seiner Sicht war das verständlich.

Steen sagte: "Woher kommen Sie, Lorant?"

"Im Moment wohne ich in Köln."

"Sie kennen die Verhältnisse einfach nicht gut genug, um den Sachverhalt klar erkennen zu können."

"Aber Sie können das."

"Ich denke schon."

"Dann beantworten Sie mir doch bitte eine Frage, Herr Steen."

"Ausnahmsweise, Lorant."

Nicht einmal für den 'Herrn' ist bei ihm noch Zeit!, registrierte Lorant. Deutlich klang die Herablassung aus Steens Worten heraus. Lorant beschloss, sich nicht das Geringste anmerken zu lassen. Gnadenlos konstruktiv bleiben!, wies er sich selbst an. Eine andere Chance hatte er auch nicht, als diesem trockenen Brötchen namens Meinert Steen irgendetwas an Informationen herauszukitzeln.

"Sie sind doch auch beim Boßeln aktiv, oder?"

"War das schon Ihre Frage, Lorant?"

"Nur der erste Teil."

"Ja, ich boßel hin und wieder, wenn ich die Zeit erübrigen kann."

"Dann können Sie mir vielleicht sagen, was eine Boßel-Kugel an Bord der JERRY zu suchen hatte?"

"Der was?"

"Das ist der Name von Sluiters Jollenkreuzer."

"Ach so."

"In der Kajüte lag eine Boßel-Kugel, und ich fand, dass sie irgendwie nicht dorthin passte!"

"Meine Güte, jetzt habe ich aber die Nase voll! Die Hälfte der Sachen, die hier im Büro herumliegt, gehört gar nicht hier hin! Und eine Bootskajüte hat nun mal die Eigenschaft, dass sich da über kurz oder lang alles mögliche an Krempel ansammelt!"

"Dürfte ich die Bilder vom Tatort mal sehen? Kommen Sie, Herr Steen, das können Sie mir eigentlich nicht abschlagen.

Vielleicht bin ich danach ja auch überzeugt, dass Frau Sluiter etwas übertreibt..."

"Und... und geben Ihren vermutlich lukrativen Auftrag wieder zurück?" Steen lachte schallend auf. "Das glauben Sie doch wohl selber nicht, Lorant!"

Lorant zuckte die Achseln.

Steen zögerte einige Augenblicke lang, bedachte Lorant mit einem nachdenklichen Blick und stieß sich dann mit dem Fuß vom Schreibtisch ab, sodass er mitsamt seinem Rollstuhl dem Aktenschrank entgegenrollte.

Zielsicher griff er einen bestimmten Ordner heraus, legte ihn vor Lorant auf den Tisch und schlug ihn auf.

Für Sekundenbruchteile konnte Lorant die Zeile GERICHTSMEDIZINISCHES GUTACHTEN lesen, aber dann hatte Steen die Seite umgeschlagen. Das gerichtsmedizinische Gutachten hätte Lorant natürlich ebenso brennend interessiert wie die Bilder vom Tatort. Aber der Detektiv wollte den Bogen nicht überspannen.

"Hier sind die Bilder", sagte Steen und deutete mit den Fingern auf die sorgfältig einsortierten Fotos.

Lorant konnte sich gut vorstellen, dass einer wie er die Urlaubsfotos von 1976 mit einem Griff zur Hand hatte und alle sechs Wochen einen Dia-Abend mit einer kleinen Auswahl von etwa sechstausend Bildern aus seinem großen Bildbestand zur Vorführung brachte. Jedem Tierchen sein Pläsierchen, dachte Lorant, während er die Bilder betrachtete.

Mit einem Fuß hing Gretus Sluiter im Netz der Reling fest.

Wie dahindrappiert sah das in Lorants Augen aus.

Ein inszenierter Tod...

Ein inszenierter Mord!

Auf keinen Fall ein Unfall.

Lorant hatte in all den Jahren, in denen er sich schon mit ungeklärten Mordfällen auseinandersetzte, eine Art sechsten Sinn dafür entwickelt. Und meistens hatte er mit seinen ersten Ahnungen richtig gelegen.

Lorant schluckte.

Da war sie.

Die Boßel-Kugel.

Lorant beugte sich so nahe an das Bild heran, wie es möglich war.

"Brauchen Sie eine Brille?", fragte Steen ätzend.

"Kann das sein, dass da Blut an dieser Boßel-Kugel klebte?"

"Ja, das kann nicht nur sein, das WAR auch so."

"Was hat die Kugel neben der Leiche zu suchen?"

"Den, der sie da hingelegt hat, können wir leider nicht mehr fragen."

"Sie meinen den Mörder!"

Steen lächelte dünn. "Nein, ich meine Gretus Sluiter. Denn wem sollte die Kugel sonst gehört haben?" Er seufzte. "Wie ich schon sagte, auf so einem Boot liegt immer eine Menge Zeug herum. Sluiter hat ja auch zwei Enkelkinder, die ab und zu mitgefahren sind.... Haben Sie Kinder?"

"Nein."

"Dann haben Sie auch keine Ahnung, was die einem alles an Bord schleppen. Ich spreche da aus eigener Erfahrung."

"Aber Boßel-Kugeln sind kein Kinderspielzeug."

Steen nahm Lorant die Akte wieder ab. "Jetzt ist Schluss", bestimmte er. "Ich habe Ihnen schon mehr zugestanden, als ich eigentlich dürfte. Aber jetzt haben Sie den Bogen schlichtweg überspannt."

Lorant nahm den Zeitungsartikel über die Leiche in Huntetal aus dem Jackett und breitete ihn vor Steen aus.

"Schon gelesen?"

Steen überflog rasch die wenigen Zeilen.

"Was soll das mit dem Fall Sluiter zu tun haben?"

"Die Boßel-Kugel..."

"Jetzt werden Sie nicht albern, Lorant. Und wenn Sie nichts weiter vorzubringen haben, wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mich jetzt meine Arbeit machen ließen."

Lorant erhob sich aus dem quietschenden Bürostuhl, in dem er Platz genommen hatte. Das war nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein offener Rauswurf. Okay, dachte Lorant, dann ist die Kooperation damit wohl erst mal beendet.

Lorant wandte sich zur Tür.

Er drückte die Klinke hinunter, dann drehte er sich noch einmal herum.

"Was gibt's denn noch?", nörgelte Meinert Steen.

"Sluiter hatte Ärger mit einer Russengang", sagte Lorant.

"RusslandDEUTSCHE waren das. Betonung auf DEUTSCHE, denn die haben alle einen deutschen Pass."

"Wie auch immer. "

"Sie sehen natürlich gleich einen Zusammenhang zwischen den Schwierigkeiten mit dieser Gang und Sluiters Tod. Aber da muss ich Sie enttäuschen, Lorant."

"So?"

Steen lächelte gezwungen.

"Wir haben denen auf den Zahn gefühlt. Sluiter war nicht der einzige Geschäftsmann, bei dem die Ärger gemacht haben. Jetzt laufen ein paar Jugendgerichtsverfahren und ich denke, damit ist die Sache erledigt."

"Meinen Sie?"

"Viel Erfolg bei Ihren Ermittlungen, Lorant. Aber sorgen Sie hier bitte nicht für unnötigen Stress, ja?"

Lorant nickte und dachte dabei: Das wird sich möglicherweise nicht vermeiden lassen, Herr Steen!

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