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Einhundertsiebzig Meilen nördlich befand sich die größte Forschungsstation der Imrix-Corporation, dem weltumspannenden Luftfahrtkonzern mit mehr als vierhunderttausend Mitarbeitern.

Die riesige, weitläufige Anlage mit Dutzenden von mehrstöckigen Gebäuden und gigantischen Hallen erstreckte sich fast dreißig Kilometer entlang der Küste des galpagischen Meeres, besaß den größten privaten Flughafen des Planeten und gab jeden Tag vierzigtausend Menschen Arbeit.

Jorik trat aus der Tür des vierstöckigen Hauptkomplexes und ließ seinen Blick über die unzähligen Rollfelder gleiten. Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne warfen ein rötliches Licht auf den gesamten Komplex und ließen seine vielfach metallischen Oberflächen scheinbar pulsieren.

Jorik atmete einmal tief durch, dann setzte er sich in Bewegung und schritt auf ein Hovercraft zu, in dem bereits ein Fahrer saß.

Die Fluguniform, die er trug, passte wie angegossen und verlieh ihm einen schneidigen Ausdruck.

Sein Gesicht war unbeweglich, als er den Fahrer knapp begrüßte und sich neben ihn setzte.

In seinem Inneren aber war er tierisch nervös, viel nervöser als sonst und viel nervöser, als jemals zuvor.

Aber das war ja auch kein Wunder, denn heute, in wenigen Minuten, würden er, sechs weitere Techniker und zwei Piloten den ersten Testflug in einem Fluggerät machen, das ein völlig neuartiges Konzept verfolgen würde und ihnen den letzten weitgehend unerforschten Lebensraum dieses Planeten zugänglich machen konnte.

Und doch, mochte dieser Flug so wichtig sein, wie er wollte, während das Hovercraft sich in Bewegung setzte und auf eine der kleineren Hallen auf dem Gelände zuhielt, waren seine Gedanken letztlich doch stets auch an einem anderen Ort: Bei Alisha und ihrem Baby.

Kurze Zeit später hielt der Hovercraft vor der Halle und Jorik stieg aus, nickte dem Fahrer wortlos zu und während das Fahrzeug wieder zu seinem Ausgangspunkt zurückfuhr, betrat Jorik die Halle.

Im Inneren herrschte große Betriebsamkeit. Mehr als einhundert Personen waren damit beschäftigt, die letzten Startvorbereitungen für ihren Testflug durchzuführen.

Sofort als Jorik eintrat, wurde er von zwei Techniker vom Bodenpersonal umringt, die ihn mit letzten Informationen versorgten. Jorik hörte ihnen aufmerksam zu und nickte dann, während er immer weiter in die Halle schritt, bis er die undurchsichtige Trennwand zu seiner linken letztlich hinter sich gelassen hatte und er nun endlich auf den Hauptdarsteller des heutigen Abends schauen konnte: Die Kitaja, das erste bemannte Flugboot, das es gab.

Der Prototyp war in Originalgröße gebaut worden, damit man die notwendigen Daten, die dieser Flug bringen sollte, auch uneingeschränkt verwenden konnte, auch wenn es Jorik viele Gespräche und unendliche Nerven gekostet hatte, seine Bosse davon zu überzeugen, dass die sechzig Millionen Korentis, die die Kitaja in Originalgröße letztlich mehr gekostet hatte, als ein Modell mit etwa 75 % der Ausmaße, hervorragend angelegt sein würden.

So also hatten sie das Flugboot hier in dieser Halle endgefertigt und mit einer Länge von knapp sechzig Metern war es eine recht imposante Erscheinung, wenn es auch gegen die irrsinnig gewaltigen Flugzeuge mit Längen von bis zu zweihundert Metern und einer Kapazität von achthundert Tonnen oder tausendsechshundert Personen, die die zivile Luftfahrt seit einiger Zeit nutzte, recht unscheinbar wirkte.

Doch die Zeiten, in denen Flugboote eine derartige Kapazität benötigen würden, lagen noch in weiter Ferne. Ein Fassungsvermögen von max. hundertfünfzig Personen und zwanzig Tonnen Frachtgut waren zunächst mehr als ausreichend.

Das Flugboot selbst war schon in seinem Aussehen nicht mit den herkömmlichen, zivilen, aber auch militärischen Flugzeugen zu vergleichen.

Während es beim Militär auf Schnelligkeit und Wendigkeit ankam und im Bereich der zivilen Luftfahrt auf Transportkapazität und Kostennutzen, würde es bei der Kitaja hauptsächlich auf die Stabilität ankommen.

Das Flugboot wies daher auch nur kleine Seitenflügel auf, die auf Befehl eingefahren werden konnten. Das Heck verjüngte sich zwar, wie bei einem Flugzeug, jedoch nur in der Höhe, kaum jedoch in der Breite. Am Ende waren kompakte Aufsätze aufgebracht, die die Höhenruder beinhalteten.

Der Boden des Flugbootes blieb auch zum Bug hin abgeflacht, während die Oberkante sich nach vorn in die Höhe wölbte und erst zum Cockpit hin wieder absenkte, wo sie in eine große, konvexe Glasfront überging. An ihrem unteren Ende formte sich eine Art platte Nase nach vorn, bevor sie sich zum abgeflachten Boden hin verjüngte.

Das Flugboot besaß keine wirklichen Ecken und Kanten, alles war so konstruiert, dass die notwendigen Konturen in wohlgefälligen Rundungen eingebettet waren.

Die Triebwerke, die auch bei der Kitaja für die Fortbewegung unerlässlich waren, waren seitlich eng an den Rumpf direkt unterhalb der Flügelansätze angebracht und aus der horizontalen in die vertikale Schubrichtung schwenkbar.

Und diese Triebwerke waren - neben der neuartigen Form des Flugbootes - die größte technische Herausforderung und schließlich Errungenschaft gewesen, doch würden sie ihr grandioses Geheimnis erst während des Testfluges offenbaren.

Hoffentlich, dachte Jorik bei sich, denn sie waren noch nie in dieser Größe und unter Volllast getestet worden.

Aber Jorik war sehr sicher, dass ihr Testflug ein voller Erfolg werden würde. Er hatte nicht umsonst die letzten vier Zyklen, anfangs in jeder freien Minute, später dann als Leiter des offiziellen Forschungsprojektes, damit verbracht, die perfekte Lösung für dieses wahnwitzige Problem zu finden.

Und jetzt, heute, war es endlich soweit, dass er sich persönlich davon überzeugen konnte, was er und sein Team in so vielen Stunden geleistet hatten.

Jorik betrat das Flugboot über eine seitliche Einstiegsluke.

Im Inneren konnte Jorik auf den prall gefüllten hinteren Bereich des Laderaums schauen, in dem unzählige quaderförmige Boxen verstaut waren. Mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck ging er nach links auf eine kleine dreistufige Treppe zu, erklomm sie und fand sich sogleich im eigentlichen Cockpit des Flugbootes wieder. Im hinteren Teil, in dem er jetzt stand, waren alle nur erdenklichen Instrumente angebracht. Einige davon waren für den ordnungsgemäßen Flugbetrieb des Bootes unerlässlich und würden auch in einem seriengefertigten Exemplar vorhanden sein und von zwei Flugtechnikern bedient werden.

Heute jedoch waren zusätzliche Instrumente angebracht, die quasi jeden Quadratzoll des Bootes in jeder Sekunde des Testfluges genauestens unter die Lupe nehmen würden, um so wichtige Daten über Materialverformung, Hitzeentwicklung, Druckermüdung und noch tausend andere, hochkomplizierte Erscheinungen während des Fluges zu sammeln. Zur Bedienung dieser Instrumente befanden sich vier weitere Ingenieure an Bord.

Jorik grüßte alle sechs Männer freundlich, gelassen und mit einem Lächeln, verharrte jedoch nicht bei ihnen, sondern ging weiter zum Bug des Flugbootes.

Auf der rechten Seite konnte er ein Kontrollpult erkennen, dessen Sitz davor noch leer war. Dies war sein Platz, von dem aus er die sechs Ingenieure und all Ihre Instrumente kontrollierte und von wo aus er direkten Ausblick aus der Kanzel in Flugrichtung hatte und letztlich den beiden Piloten die Befehle über die geplanten Flugmanöver geben würde.

Ja, Jorik war der Kommandant des Flugbootes, der allein entschied, welche Flugmanöver wie auszuführen waren, um einen Test auf Herz und Nieren zu gewährleisten.

Fliegen aber konnte Jorik das Boot nicht, das mussten die beiden Piloten für ihn erledigen, die sich ebenfalls in langen Tests auf diesen Flug vorbereitet hatten, da hier letztlich ja nicht nur die herkömmlichen Pilotenfähigkeiten erforderlich waren, sondern auch die eines Seemanns.

Jorik trat neben die beiden Pilotensitze.

Der Co-Pilot, ein junger Mann von sechsundzwanzig Zyklen namens Tagh, erkannte ihn und erhob sich von seinem Sitz. „Kommandant an Bord!“ sagte er laut und reichte Jorik die Hand.

Jorik schüttelte sie und nickte ihm zu, während sich aus dem anderen Sitz der Pilot erhob.

„Jorik!“ sagte der Mann, der achtundzwanzig Zyklen älter war als Jorik selbst und schaute ihm dabei geradeheraus in die Augen. Er war nur unmerklich kleiner als Jorik, etwas untersetzt, aber dennoch körperlich durchtrainiert und auf seinem Kopf prangte eine sorgfältig polierte Glatze.

Jorik reichte ihm die Hand und lächelte ihm zu. „Captain Cosco!“ Jorik war sehr froh, ihn als verantwortlichen Piloten bekommen zu haben. Er war der beste seines Fachs und absolut zuverlässig.

„Wie weit sind die Vorbereitungen?“ wollte Jorik wissen.

„Vor einer Minute abgeschlossen!“ antwortete Cosco, während er sich wieder setzte. „Alle Systeme sind online und funktionieren einwandfrei. Die Verbindungen zu ihrem Terminal sind hergestellt und gesichert!“

„Ist das Boot korrekt beladen worden?“

„Ja Sir!“ sagte Tagh. „Ich habe den Vorgang selbst überwacht. Wir haben exakt 21,4 Tonnen Fracht an Bord. Stahlteile, ein Hovercraft, Lebensmittel, einen gefüllten Fünftausend-Liter-Wassertank, alles wie befohlen asymmetrisch eingelagert!“

Jorik nickte ihm zufrieden zu. „Zusätzlich noch drei Kisten Wein, drei Kisten Whiskey und eine Kiste Zigarren direkt aus Is Minardo!“ Während Captain Cosco bei dem Wort Is Minardo beeindruckt die Augenbrauen anhob, ohne den Blick von seinen Instrumenten zu nehmen, schaute Tagh Jorik neugierig an. „Darf ich fragen, wozu wir diese Dinge mit uns nehmen?“

Jorik lächelte. „Falls wir im Wasser Probleme bekommen sollten, müssen wir nicht nüchtern sterben!“

„Besteht Grund zur Annahme, dass es so kommen könnte?“ Cosco drehte sich auf seinem Sitz zu ihm um.

Jorik schüttelte gelassen den Kopf. „Ich habe ihnen ein gutes Boot gebaut, Captain. Es besteht kein Grund zur Sorge!“

Cosco nickte.

„Aber die Zigarren Sir!“ hakte Tagh ein. „An Bord darf nicht geraucht werden!“

„Was glauben sie, was mich das auf dem Grund des Meeres noch interessieren würde!“ erwiderte Cosco sofort.

Doch Jorik schüttelte den Kopf. „Die Zigarren sind für den Fall, dass dieser Testflug erfolgreich beendet wird. Und dann werden wir hier drinnen rauchen. Und zwar die teuersten Zigarren, die man für Geld bekommen kann. Wenn wir Erfolg haben, dann werden sich einige Dinge hier auf diesem Planeten ändern und dann soll Imrix ruhig einmal der Arsch bluten!“

Jorik schaute Tagh direkt ins Gesicht und dieser nickte ihm beeindruckt zu. Auch Cosco nickte lächelnd.

„Captain Cosco!“ sagte Jorik. „Holen sie uns die Starterlaubnis und dann nichts wie weg hier!“

„Ay!“ Cosco setzte sein Headset auf.

Jorik ging zu seinem Sitz und schnallte sich an. Er nahm ebenfalls sein Headset zur Hand und begann die Instrumentenanzeigen zu überprüfen.

Kitaja an Tower!“ sagte Cosco.

„Tagh, schließen sie die Ladeluke!“ befahl Jorik.

„Aye, Sir!“

„Tower für Kitaja!“ ertönte es aus dem Lautsprechersystem.

Im Hintergrund konnte Jorik die Hydraulik der Laderampe hören.

Kitaja erbittet Starterlaubnis für Testflug Alpha!“

Einen Moment herrschte Stille im Cockpit und Jorik nutze die Gelegenheit, um ein Foto von Alisha aus der Brusttasche seines Overalls zu holen. Er schaute es liebevoll an, küsste seinen rechten Zeigefinger und drückte ihn auf ihr Gesicht. „Ich liebe dich!“ sagte er zu dem Bild und klemmte es oberhalb der Instrumente in einen Spalt. „Wünsch uns Glück, Kleine. Wir können es brauchen!“ Er lächelte dem Bild seiner Frau nochmals zu.

„Tower an Kitaja. Sie haben Starterlaubnis für Testflug Alpha aus Hangar 19!“ Im nächsten Moment war das Flugboot erfüllt von einem metallischen Kreischen, als sich das Dach des Hangars über ihnen öffnete und die Kuppel zu beiden Seiten der Halle langsam bis zur Hälfte im Boden versank. „Viel Glück Leute“

„Also gut!“ Jorik atmete einmal tief durch. „Captain, starten sie die Triebwerke, bringen sie uns hier raus und dann lassen sie uns ein bisschen Geschichte schreiben!“

Cosco hatte die Triebwerke bereits vor einigen Minuten gezündet und sie im Leerlauf auf Temperatur kommen lassen. Als Joriks Befehl kam, brauchte er daher nur noch den Schubhebel nach vorn drücken und sofort schossen grelle Flammen aus den Schubröhren zu Boden.

Die Kitaja begann leicht zu vibrieren, der Lärmpegel im Inneren des Flugbootes war jedoch gering.

Dafür war in der jetzt halb geöffneten Halle ein gewaltiges Dröhnen zu vernehmen und auch hier bebte der Boden unter der Wucht des vertikalen Triebwerksschubs.

Cosco wartete, bis der Schub ausreichte, um die Kitaja vom Boden abheben zu lassen, dann erhöhte er die Schubleistung noch ein wenig und das Flugboot hob sich senkrecht aus dem jetzt vollständig geöffneten Hangar bis auf etwa einhundert Meter Höhe.

Cosco minderte die Schubkraft, hielt die Kitaja im Schwebflug.

Jorik wollte gerade den Kurs angeben, als sich ein Bildschirm rechts von ihm erhellte und das Gesicht eines ziemlich besorgten Mannes in seinem Alter auftauchte. Er hatte lange, braune Haare, einen kurzgeschnittenen Vollbart und trug einen Anzug. Seine blauen Augen blickten ernst und nervös.

„Oh, hallo Shim!” sagte Jorik und grinste kurz freudlos.

„Hallo Jorik!“ kam als kurze ernste Begrüßung zurück.

„Dich hätte ich jetzt fast vergessen!“ sagte Jorik.

„Sehr witzig!“ raunte Shim zurück. „Ich bin total begeistert, dass du scheinbar vorhast, mich zu ignorieren!“

„Blödsinn!“ erwiderte Jorik sofort. „Ich wollte nur mal sehen, ob du auch bei der Sache bist!“

„Du bist ein verdammter Böldmann, Jorik!“ Shim hob seine Stimme. „Natürlich bin ich bei der Sache und das weißt du. Ich bin hier so angespannt, dass die Jungs mich als Raketengeschoss nutzen könnten...!“

„Aufprallzünder oder Kernmantelgeschoss?“ fragte Jorik.

„Kernmantel. Ich würde glatt zehn Zentimeter Stahl durchschlagen!“ sagte Shim und klang dabei absolut überzeugend.

„Ja, okay Mann, es tut mir leid!“ Jorik sah ein, dass er nicht richtig gehandelt hatte, nicht schon vor dem Start mit Shim Kontakt aufzunehmen.

„Drauf geschissen!“ brummte Shim. „ Aber jetzt halte den Kontakt aufrecht. Wir werden euch von hier aus beobachten und kontrollieren. Ich schlage jetzt vor, ihr beginnt euren Flug und führt dann unseren Testplan Punkt für Punkt der Reihe nach durch!“

Jorik verzog seinen Mund. „Mann, Shim, überall nur Kontrollen. Die Piloten kontrollieren den Flug, die Techniker das Boot, ich sie – und jetzt auch noch du uns alle!“

„Und?“ fragte Shim gelangweilt.

„Ich trau mich nicht mal aufs Klo zu gehen, um zu pissen!“

Shim antwortete nicht sofort, sondern hob ein Klemmbrett in die Höhe, auf dem ein Zettel eingespannt war und schaute für eine Sekunde scheinbar angestrengt darauf. Dann schüttelte er den Kopf. „Negativ. Pinkelpausen sind für heute nicht eingeplant!“

„So ein Piss!“ sagte Jorik enttäuscht.

„Schwitz es einfach aus, alter Junge!“ sagte Shim sofort. „Und jetzt mach endlich, bevor ich vor Spannung gleich hier an Ort und Stelle explodiere...!“

Jorik nickte. „Captain?“

„Aye? “

„Bringen sie uns auf Kurs eins sechs null. Hinauf aufs offene Meer. Geschwindigkeit hundertvierzig Meilen!“

„Aye! Kurs eins sechs null. Geschwindigkeit hundertvierzig Meilen!“ Cosco betätigte die entsprechenden Schalter und Hebel.

Die Kitaja senkte für einen Moment ihren Bug, als die Triebwerke ihren Schub von vertikal auf horizontal umschalteten, dann gewann das Flugboot beachtlich schnell an Geschwindigkeit, überquerte einige Gebäude, Hallen und Hangars, teils geöffnet, teils geschlossen und überflog diverse kleine und mittlelgroße Flugzeuge.

Shim konnte ihren Flug vom Hauptkontrollgebäude des Flughafens aus gut beobachten und folgte ihrer Flugbahn durch die Glasfront hindurch.

Kurz bevor die Kitaja das Flughafengelände in Richtung offenes Meer verließ, näherten sie sich in sicherer Entfernung der Flugbahn einer großen vierhundert Meter langen Verkehrsmaschine, die gerade im Landeanflug war und damit ihren heutigen Testflug beenden konnte.

Die beiden Piloten und Jorik schauten ihr für einen Moment zu, wie sie sich wie ein riesiges Insekt mit gigantischen Flügeln auf die Landebahn setzte und begann auszurollen.

Gegen diese gewaltige Maschine wirkte die Kitaja fast verloren klein, doch Jorik war sicher, dass es eine Zeit geben würde, in der auch Flugboote, wenn auch in abgewandelter Form, derartige Dimensionen durchaus annehmen könnten.

Als das Flugboot das Festland hinter sich gelassen hatte und auf das Meer hinaus flog, erschien Shim wieder auf dem Bildschirm.

„Okay Jorik. Euer Eintrittspunkt liegt achtzig Meilen nordwestlich und ist in den Bordcomputer eingegeben worden. Der Captain soll auf Autopilot schalten!“

Jorik nickte und sah auf einem anderen Display die Küstenlinie, die sie gerade hinter sich gelassen hatten, einen grünen Punkt, der ihre eigene Position angab und einen roten Punkt, der stetig blinkte. Jorik tippte schnell etwas in seine Tastatur und der Computer errechnete einen Kurs zu ihrem Eintrittspunkt.

„Was machst du?“ fragte Shim, der sehen konnte, was Jorik tat.

„Ich lasse den Kurs errechnen!“

„Warum?“

Jorik sah ihn eine Sekunde ausdruckslos an. „Darum!“

Der Computer hatte den Kurs errechnet und gab die Daten auf das Display.

„Captain neuer Kurs: vier null Grad. Entfernung achtundsiebzig Meilen!“

„Das soll der Autopilot machen, Jorik“ sagte Shim irritiert.

„Aye!“ bestätigte Cosco.

„Gehen sie auf vollen Schub!“

„Was?“ Shim schrie es fast. „Jorik..!“

Doch Jorik reagierte nicht auf Shims Worte. „Sie haben Freigabe zum Test der Kitaja im Luftraum!“

Cosco grinste und schaute zu seinem Copiloten, der ebenfalls grinste. „Aye Sir!“ sagte er zufrieden und drückte den Schubhebel bis zum Anschlag nach vorn.

„Jorik, bist du verrückt geworden, oder was?“ Jetzt hatte Shim seine Stimme erheblich angehoben.

„Halt die Klappe, Shim!“ fauchte Jorik. „Ich will, dass der Captain das Schiff testet, solange wir zu unserem Eintrittspunkt fliegen!“

„Aber wieso? Das ist nicht unsere Aufgabe. Das wurde doch schon in früheren Tests gemacht!“

Jorik blies die Luft aus den Lungen. „Mit kleineren Maschinen und nie unter Volllast. Was nützt es mir, wenn die Kitaja im Wasser den Anforderungen standhält, aber in der Luft Probleme macht?“ Er schüttelte den Kopf. „Ich will, dass das getestet wird. Jetzt!

„Aber das hatten wir nicht vereinbart...!“

„Ist mir auch vorhin erst eingefallen!“

„Aber das ist Scheiße, Jorik!“

„Ja, ist es. Und es tut mir leid. Aber es bleibt, wie es ist!“

„Aber das kannst du nicht machen, Jorik. Das ist...!“ Shim hob wieder seine Stimme.

„Wir haben jetzt tausendzweihundert Meilen die Stunde erreicht!“ sagte Cosco.

Jorik sah zu dem aufgeregten Shim auf den Bildschirm und grinste dann.

„Bringen sie sie auf Höchstgeschwindigkeit und dann schauen wir mal, ob ich wirklich recht hatte, als ich Ihnen sagte, ich habe Ihnen ein gutes Boot gebaut!“

„Aye!“ gab Cosco zurück und beließ den Schubhebel in seiner Position.

„Shim?“ rief Jorik seinem gestikulierenden Freund auf dem Bildschirm zu.

Shims Geschrei verstummte. „Ja?“

„Geh pinkeln!“

Und im nächsten Moment brüllte das ganze Cockpit vor Lachen.

Das Flugboot war laut Angaben der Triebwerksingenieure für eine Höchstgeschwindigkeit von 1.222 Meilen in der Stunde ausgelegt.

Als Cosco auf das Display schaute, hatten sie gerade 1.268 Meilen pro Stunde erreicht!

Aber mehr würde nicht mehr gehen, das spürte er. Der Steuerknüppel begann stärker zu vibrieren und die Geräuschfrequenz der Triebwerke zeigten ihm deutlich, dass die Kitaja ihr Limit erreicht hatte.

Cosco war sehr zufrieden und Jorik ebenfalls. Eine höhere Geschwindigkeit als angegeben und das unter Volllast war ein prima Wert. Jorik sah, dass die Triebwerke zwar sehr dicht am roten Bereich der Überhitzung standen, aber keinerlei Anstalten machten, ihn zu erreichen. Auch das war zufriedenstellend.

„Ich werde jetzt versuchen, die Maschine in einen Steigflug zu bekommen, um anschließend einen Looping zu machen!“ sagte Cosco und zog im selben Moment den Steuerknüppel zu sich.

Das Schiff reagierte augenblicklich und hob den Bug an. Innerhalb weniger Momente spürten die Männer die gewaltigen Fliehkräfte, die auf sie wirkten, als sie schonungslos in die Sitze gedrückt wurden.

Cosco war wieder positiv überrascht, wie lange das Flugboot noch Höchstgeschwindigkeit hielt. Die enormen Kräfte, die auf es wirkten, ließ die Epharit-Konstruktion, die enorme Stabilität mit geringem Eigengewicht verband, immer stärker vibrieren.

Jorik schaute aufmerksam auf die Kontrollgeräte, doch alle zeigten zwar eine hohe Beanspruchung der Konstruktion, aber lange noch keinen kritischen Wert.

Als die Kitaja einen Steigungswinkel von sechzig Grad überschritt, sank die Geschwindigkeit deutlich unter sechshundert Meilen ab, doch Cosco hielt den Steuerknüppel unbeirrt fest.

„Komm schon!“ sagte er aufmunternd und als wenn das Flugboot ihm zeigen wollte, was es konnte, erreichten sie schließlich neunzig Grad Steigung und wenige Sekunden später flogen sie kopfüber parallel zur Planetenoberfläche.

Cosco lächelte zufrieden und in den nächsten zwanzig Minuten zwang er das Flugboot schonungslos durch jedes Manöver, das ihm scheinbar gerade so einfiel.

Enge Kurven in Höchstgeschwindigkeit, Steigflüge mit anschließendem Schubabriss - ein absoluter Grenzgang für die Maschine, aber auch für die Insassen – sowie Sink- und Sturzflüge mit und ohne Triebwerksschub.

Am Ende war er hoch zufrieden. „Sie hatten Unrecht, Jorik!“ sagte er schließlich.

Jorik hatte die ganze Zeit über alle Instrumente im Blick gehabt und war ebenfalls mit den Werten zufrieden. Das Flugboot hatte die höchsten Beanspruchungen über sich ergehen lassen müssen, sie gemeistert, war dabei in jeder Lage noch manövrierfähig und zeigte ansonsten ein auffallend ruhiges und ausgeglichenes Flugverhalten.

Entsprechend überrascht war Jorik über Coscos Bemerkung. „Warum?“ fragte er.

„Sie haben kein gutes Boot gebaut! Sie haben ein hervorragendes Boot gebaut!“ Er schaute zurück und blickte Jorik direkt an.

Jorik begann sofort zu grinsen. „Danke Captain!“ Er wandte sich wieder dem Bildschirm zu und konnte Shims entnervtes Gesicht darauf erkennen. „Hast du das gehört, Junge! Wir haben keinen Mist gebaut!“

„Na toll!“ Shim war nicht zu erfreuen. „Können wir jetzt endlich mit dem eigentlichen Test fortfahren?“

Jorik schaute nach vorn. „Captain?“

„Wir haben unser Ziel in zwei Minuten erreicht!“

„Na siehst du. Hat sich das pinkeln doch gelohnt!“

¤

Jorik wies den Captain an, die Geschwindigkeit auf hundertachtzig Meilen zu verringern und auf ihre ursprüngliche Flughöhe von hundert Metern zurück zu kehren.

Als Cosco die Befehle ausgeführt hatte, konnten sie am Horizont bereits erste Lichter erkennen. Sie gehörten zu gut zwei Dutzend Schiffen, die sich in zwei nebeneinander liegenden Reihen ausgerichtet und in ihrer Mitte einen etwa einen Kilometer breiten Korridor gelassen hatten. Sie gaben dem Flugboot somit eine Art Landebahn vor.

Jorik sagte Cosco, er solle zunächst einmal über die Flotte hinweg fliegen, in sicherer Entfernung wenden und dann mit dem Anflug zum Eintritt in das galpagische Meer beginnen.

„Gap?“

„Ja?“ gab einer der beiden Flugingenieure zurück, die später auch zum Stammpersonal eines Flugbootes gehören würden.

„Wie sieht es mit dem Induktionsfeld aus?“

„Alle Werte sind im grünen Bereich!“

„Dann starten sie die Maschinen!“

„Aye!“

Einen Moment später neigte sich das Flugboot nach links, als Cosco eine sanfte Wende flog. Als sie Gegenkurs erreicht hatten und die Kitaja sich wieder aufrichtete, atmete Jorik einmal tief durch.

„Captain verringern sie die Geschwindigkeit auf hundertzwanzig Meilen und gehen sie in einen leichten Sinkflug von acht Grad!“

„Geschwindigkeit hundertzwanzig Meilen, acht Grad Sinkflug. Aye!“

Jorik spürte, wie die Maschinen ihre Leistung reduzierten und sich das Flugboot ganz leicht nach vorn senkte.

Links und rechts von Ihnen tauchten wieder die Lichter der Begleitschiffe auf, diesmal aber viel näher und deutlicher.

Außerdem füllte die Meeresoberfläche stetig mehr Raum in ihrer großen Frontscheibe.

„Gap?“

„Maschinen laufen einwandfrei!“

„Captain?“

„Wir liegen bei vierzig Metern. Eintritt in dreißig Sekunden!“

„Okay Gap. Aktivieren sie das Induktionsfeld und stabilisieren sie es!“

„Aye!“

Genesis I

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