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- KAPITEL 2 -

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München (Deutschland). Anfang September 2000. Der Herbst stand bereits vor der Tür. Noch ein paar Wochen und dann würden die Wiesen im Englischen Garten ihre grüne Farbe einem Graugelb überlassen. Diese graugelbe Farbe betrachteten einige Naturvölker als einen Teil des Zyklus, den nicht nur die Natur, sondern auch alle Lebewesen zu durchlaufen hatten. Nach diesem Zyklus entsprach der Frühling der Saison der Geburt bzw. Vermehrung und hatte die Farbe grün. Danach folgte der Sommer als die gelbe Jahreszeit und bedeutete Wachstum. Die graugelbe Farbe stellte den Herbst dar und bedeutete die Vorbereitung auf den Winter, dessen graue Farbe, wie die Asche, das Ende bedeutete.

Der deutsche Innenminister, gleichzeitig bayerischer Ministerpräsident, Karl-Heinz Bertram traf den geschäftsführenden Vorstandvorsitzenden des ITMC Timothy J. Warren zum ersten Mal in München. Beide kamen Anfang des Jahres bereits zweimal in Berlin zusammen. Dieses inoffizielle Treffen fand nicht wie üblich in irgendwelchen Büroräumen statt, sondern unter freiem Himmel im Englischen Garten mitten in München.

Bertram und Warren benutzten trotz zahlreicher Bodyguards und strengen Sicherheitsvorkehrungen die entlegenen Wege. Mit ihrem Outfit sahen sie wie zwei normale Bürger aus der mittleren Sozialschicht aus, die sich zu einem gemütlichen Spaziergang an diesem Herbsttag getroffen hatten.

Die sie aufmerksam verfolgenden Bodyguards trugen einfache Sakkos und Jeans und wirkten ebenso wie gewöhnliche Spaziergänger, die sich nach etwas frischer Luft sehnten. Ihre Waffen steckten griffbereit im Hosenbund am Rücken. Die winzigen Mikrofone, über die sie einander kontaktieren konnten, befanden sich am Revers und sahen wie Stecknadeln aus.

Die meisten Blätter an den vielfältigen Bäumen sahen nicht mehr frisch aus. Sie wiesen an manchen Stellen braune Flecken auf und hingen herab, als wären sie schon startbereit, ihr restliches Dasein auf dem Boden zu verbringen, um irgendwann zu verwesen.

Der Wind aus dem Süd-Osten war nicht heftig genug, um diese herabhängenden Blätter von ihren Ästen büschelweise niederzureißen. Er reichte gerade so, sie in einem rhythmischen Wiegen hin und her zu bewegen, als handelte es sich bei ihnen um die Haare eines Kindes, über die die Hand eines Erwachsenen fuhr.

Während der deutsche Innenminister Karl-Heinz Bertram fleißig an seiner Pfeife zog, die ein Erbstück von seinem Großvater war, rauchte der geschäftsführende Vorstandvorsitzende des ITMC Timothy J. Warren eine echte kubanische Zigarre, die nicht nur einen mächtigen Durchmesser, sondern auch eine auffällige Länge hatte.

Diese Zigarren ließ er über seine Freunde in Kuba separat nach einer Tabakmischung anfertigen, die er selbst entworfen hatte. Diese Zigarren konnte man in keinem einzigen Geschäft kaufen. Somit waren sie sein Markenzeichen. Daher erfand er für sie einen neuen Namen, indem er „C“ gegen den ersten Buchstaben seines Familiennamens, also „W“ austauschte. Dadurch entstand aus dem Wort „Cigars“, der Spezialname „Wigars.“

Nachdem der deutsche Innenminister einige tiefe Züge an seiner Pfeife gemacht und eine Nebelschwade seitlich durch die Lippen herausgeblasen hatte, nahm er sie aus dem Mund heraus und hielt sie locker zwischen dem Daumen, Zeige- und Mittelfinger. Sie passte perfekt zu der Handgröße, die womöglich der seines Großvaters entsprach.

Bertram räusperte sich kurz und stellte anschließend, in einem einwandfreien Englisch die Frage, die ihn schon die ganze Zeit beschäftigte, ohne dabei seinen Begleiter anzuschauen. Seine Baritonstimme klang angenehm.

„Wie sehen die Dinge derzeit aus? Vielleicht könnten Sie mir mit einigen Sätzen berichten, was die Zukunft uns für die nächsten paar Jahre prophezeit. Für einen Vergleich mit dem letzten Stand wäre ich natürlich dankbar.“

„Noch schlechter“, antwortete der ITMC-Geschäftsführer Warren kurz angebunden. Er machte sich dabei nicht einmal die Mühe, die halbgerauchte Zigarre aus dem Mund zu nehmen, was den Innenminister sichtlich ärgerte. Denn, mit der Zigarre im Mund zu sprechen, betrachtete er nicht nur als unhöflich, sondern auch als taktlos. Er dachte unwillkürlich an Leute, die mit vollem Mund sprachen und immer wieder Teile des Mundinhaltes in Form von Tropfen durch die Gegend streuten. Manchmal landeten diese Tropfen sogar am Gesicht oder auf dem Teller des Gegenübers. Ekelhaft.

Hinzu kam Warrens nuschelnde Sprache, die mit der Zigarre zwischen den Lippen noch unverständlicher wurde.

„Schön, dass du auch nicht einen Kaugummi im Mund hast“, ging Bertram durch den Kopf und stellte seinem Begleiter dann eine weitere Frage.

„Können Sie etwas deutlicher werden?“

„Wie meinen Sie es?“, kam aus Warrens Mund; immer noch die Zigarre im Mund.

Bertram steckte die Pfeife zwischen die Lippen und versuchte, Warren nachzuahmen. „Ich meine die Zahlen. Sieht es wirklich so schlimm aus?“

Seine Sprache klang wie ein unprofessionelles Brummen eines Stofftieres, sodass Warren kein einziges Wort verstand. So blieb er plötzlich stehen und musterte Bertrams Gesicht einige Sekunden mit fragenden Blicken.

„Bitte verzeihen Sie es mir. Ich habe Sie akustisch nicht verstanden. Würden Sie bitte Ihren letzten Satz wiederholen?“, sagte er dann. Zu Bertrams Zufriedenheit nahm er aber zuvor seine Zigarre aus dem Mund.

Bertram hätte am liebsten ihn über den Unterschied zwischen Sprechen mit und ohne Zigarre im Mund hingewiesen, unterdrückte jedoch diesen Wunsch und wiederholte seine Frage.

„Wesentlich schlechter. Ich würde sogar miserabel sagen.“

„Glauben Sie, dass wir bereits die Talsohle erreicht haben?“

„Lieber Herr Minister, ich hätte so gerne Ihren Optimismus.“ Warren setzte ein künstliches Lächeln auf, wie ein Schauspieler in einem schlechten Western.

Ein Entenpaar kreuzte schnatternd ihren Weg. Sie liefen ziemlich schnell und wackelten mit ihren Hintern, als hätten sie eine Verabredung, zu der sie rechtzeitig kommen wollten.

Das Bild sah so einmalig aus, dass Timothy J. Warren stehen blieb und zu lachen anfing. Dabei vergaß er anscheinend die mächtige Zigarre zwischen seinen Lippen, die prompt quer auf dem Boden landete.

Diese Szene gefiel dem Innenminister. Er traute sich allerdings nicht, laut zu lachen und begnügte sich mit einem schadenfrohen Schmunzeln. Er beäugte die Enten eine Zeitlang und bedankte sich bei ihnen für diesen Vorfall. Eigentlich sollte seine Dankesbezeigung nur im Geiste erfolgen. Bertram fiel es nicht auf, dass er dabei seine breiten Lippen doch noch bewegte und zusätzlich auch leise flüsterte.

„Haben Sie was gesagt?“, fragte Warren.

„Nein, nein“, antwortete Bertram und wusste sofort, dass ihm ein großer Fehler unterlaufen war. Sein ohnehin rotes Gesicht nahm eine noch intensivere Farbe an, als litt er gerade unter hohem Fieber.

Warren bückte sich, als wäre nichts geschehen, lässig zum Boden und hob die Zigarre. Er blies kräftig auf das Mundende und befreite sie dadurch von einigen verdorrten Grashalmen, die durch die Feuchtigkeit an der Zigarre hafteten. Anschließend steckte er sie wieder in den Mund und zog einige Male kräftig daran. Mit jedem Zug glimmte die Spitze stärker und die hellrote Glut wanderte wie eine Amöbe mit feinen Scheinfüßchen an der obersten Tabakschicht nach vorne. Um Warren herum bildete sich eine wuchtige Rauchwolke, deren Geruch den herbstlichen Duft des Englischen Gartens überwältigte.

Bertrams Gedanken beschäftigten sich immer noch mit dem Entenpaar. Sie haben schließlich das geschafft, was er selbst als Minister nicht geschafft hatte; nämlich die Zigarre aus dem Mund dieses ignoranten Menschen zu holen, der mit seinem arroganten Gehabe ihm mächtig auf die Nerven ging.

Nach dieser kurzen Unterbrechung setzten sie ihren Spaziergang fort, ohne miteinander zu reden. Warren, der möglichst das Gespräch zu Ende bringen wollte, hielt die Stille nicht mehr aus und wandte sich mit einer Frage an Bertram, nachdem er eine lang gezogene Rauchwolke gen Himmel geblasen hatte.

„Verzeihen Sie, Herr Minister. Wo waren wir stehen geblieben?“

„Dass es sehr schlecht ausschaut.“

„In der Tat, Herr Minister, es schaut derzeit sehr düster aus. Der Handel erlebt zurzeit eine Krise, die die Menschengeschichte bis jetzt nicht gekannt hat. Die Händler und die Banken sind sehr vorsichtig geworden. Wir schreiben nur noch rote Zahlen und können unsere Ausgaben kaum noch decken. Schauen Sie sich die Immobilienkrise in Amerika an. Die Banken stehen vor dem Konkurs. Die amerikanische Wirtschaft droht jederzeit zu kippen. Die Ölpreise steigen und steigen… Die Automobilindustrie wird bald, wenn es so weitergeht nur noch eine historische Bedeutung haben. Firmen, Unternehmen, Konzerne, die bis jetzt als unverwüstlich galten, laufen wie Bettler mit offener Hand und bitten ihre Regierungen um finanzielle Unterstützung…“

Bertram begann leise zu lachen. Seine Stimme klang nicht mehr ernst, als wollte er nun einen Witz kommentieren. „Lieber Herr Warren. Das, was Sie eben erzählt haben, finde ich überwältigend. Allerdings auch belustigend. Können Sie mir bitte sagen, weswegen ich das Gefühl habe, dass Sie den Teufel an die Wand malen?“

Warren fand diese Bemerkung überhaupt nicht lustig. Auf seiner Stirn bildete die Ärgerfalte tiefe Furchen. „Auch wenn ich ein miserabler Maler bin, lieber Herr Minister, muss ich Ihnen gestehen, dass der Teufel höchstpersönlich ungeduldig vor unserer Tür steht und seinen Zeigefinger ununterbrochen auf der Klingel hält. Wenn die Wirtschaftskrise so weitergeht, dann würde es mich nicht wundern, wenn die Industrienationen sich gegenseitig zu eliminieren versuchen und kurz danach der dritte Weltkrieg ausbricht.“

„Ich mag Euch Amerikaner sehr“, sagte der Innenminister diesmal höhnisch und versuchte, sein unpässliches Lachen krampfhaft fortzusetzen. „Ihr seid ein richtig lustiges Volk.“

Warren blieb abrupt stehen. Er drehte seinen kräftigen Körper wie in einer Zeitlupe langsam zum Innenminister und fixierte seine Augen, als wollte er ihn hypnotisieren. Eine Wutwelle legte seine Nerven blank und spannte sie wie ein Draht zwischen zwei Zahnrädern. Er verspürte einen schmerzhaften Krampf in der gesamten Rückenmuskulatur. Er ballte beide Hände zu Fäusten. Am liebsten hätte er seinem Begleiter eine ordentliche Ohrfeige verpasst, was er sich natürlich niemals hätte erlauben können. Er biss die Zähne zusammen und atmete tief ein und aus, um sich zu beruhigen.

Warrens Augen wirkten unheimlich. Gespenstisch. Der Innenminister schauderte reflexartig. Eine panische Angst zog ihn in ihren Bann, sodass seine rötlichblaue Gesichtsfarbe blitzartig in eine aschfahle Blässe wechselte. Er zog instinktiv seinen Mantel enger und versteckte die Hände unter den Armen.

„Wenn Sie den Untergang der Welt als lustig bezeichnen, Herr Minister, dann bin ich gerne bereit, mit Ihnen zu lachen, auch wenn man uns Amerikanern, so wie den Engländern, einen eigenartigen Humor vorwirft.“

Bertram bereute seine Bemerkung und fluchte mit einer kaum hörbaren Stimme.

„Ich bitte um Entschuldigung. Ich hätte nicht einmal im Traum daran denken können, dass alles so schlimm ist.“

„Jetzt wissen Sie es!“, antwortete Warren in einem resoluten Ton, als wäre er ein General, der einen Soldaten tadelte.

Die von einem Ehepaar namens Mendelson gespendete Sitzbank vor ihnen sah bis auf einige farblose Stellen recht sauber aus. Bertram beschleunigte seine Schritte und, sobald sie die Sitzbank erreicht hatten, ließ er seinen adipösen Körper mit einem lauten Stöhnen einfach darauf fallen. Er hielt es nicht für nötig, Warren mitzuteilen, dass er dringend eine Pause benötigte.

Karl-Heinz Bertram war der einzige Sohn eines Metzgers und wuchs auf dem Land in der Nähe von Passau auf. Seine schulische Karriere sah nicht rosig aus. Er fiel zwar kein einziges Mal durch, es kostete ihn aber viel Energie, um weiterzukommen. Bereits in jungen Jahren trat er auf dringende Empfehlung seines Vaters der Partei bei, die in Bayern zunehmend mächtiger wurde. Und, wie es sich später bewahrheitete, behielt sein Vater Recht. Denn diese Entscheidung sorgte in seiner Laufbahn um eine Wende. Er kletterte in der Partei nach oben und gehörte bald aufgrund seines Engagements zu den führenden Persönlichkeiten im Kreisverband seiner Partei. Bereits als er das Studium in Betriebswirtschaft in München aufnahm, hatte er den Posten des ersten Vorsitzenden des Kreisverbandes inne. Auch in München setzte er seine parteipolitischen Aktivitäten fort und wurde kurz nach dem Studium Mitglied des Landtags. Nach zwei Legislaturperioden übernahm er die Führung seiner Partei und wurde zum bayerischen Ministerpräsidenten gekürt.

Als seine Partei bei den Bundestagswahlen ein beachtliches Ergebnis erreicht und mit einem Koalitionspartner zusammen die Regierung gebildet hatte, wurde er Innenminister.

Mit einer Körpergröße von 1.70 und einem Gewicht von knapp 100 kg war Bertram alles andere als sportlich. Wandern, Spazierengehen oder jedwede körperliche Aktivität waren für ihn, nach Churchills Motto, „Sport ist Mord!“ Er zog es vor, jede Strecke mit dem Auto zu fahren bzw. statt Treppen den Lift zu benutzen.

Er machte sich nichts aus seinem massiven Übergewicht und dem hohen Blutdruck. Hinzu kamen das regelmäßige Pfeifenrauchen und der Bierkonsum, oft über den Durst hinaus, die zusätzlich Herz und Lunge belasteten. Daher litt er häufig an Herz-Lungen-Beschwerden und wurde bald Stammgast der Berliner Charité.

Seine mächtige Glatze und seine dicken in der Mitte wild zusammengewachsenen Augenbrauen bildeten einen auffälligen Kontrast zu seinem gepflegten Vollbart, den er regelmäßig schwarz färbte. Das faltenreiche Gesicht ließ ihn wesentlich älter aussehen.

Im Gegensatz zu Bertram hatte der 53-jährige Warren breite Schultern und einen athletischen, durchtrainierten Körper. Der gebürtige Clevlander (Ohio) war aufgrund seiner Raffinessen in Geldgeschäften international unter dem Spitznamen „The Juggler” bekannt.

Abgesehen von seinen Whiskyexzessen im engsten Freundeskreis war das Zigarrenrauchen sein einziger Laster. Dafür joggte er allerdings jede Woche mindestens einmal an der Themse entlang und hielt sich fit. Auch wenn er leidenschaftlich Tennis spielte, war Golf für ihn der Sport der Seele und des Gehirns. Daher mietete er gleich nach seinem Umzug nach London ein schönes Einfamilienhaus in unmittelbarer Nähe eines renommierten Londoner Golfclubs.

Die Sauna im Kellergeschoss benutzte er regelmäßig und härtete seinen Körper mit Kneippschen Güssen ab. Die Begriffe Erkältungskrankheiten oder grippale Infekte fanden in seinem Sprachgebrauch keinen Platz.

„Ich sehe, Sie bedürfen wieder einer Pause, Herr Minister“, lästerte Warren, der mit der rechten Hand die Spannung seines Waschbrettbauches prüfte und keine Spuren von Müdigkeit zeigte.

„Im Sitzen kann ich besser denken“, antwortete Bertram und rang nach Luft. Diesmal allerdings wesentlich leiser. Warren sollte auf keinen Fall mitkriegen, dass der Spaziergang ihn bereits jetzt schon völlig außer Atem brachte. Er schien mit dem Ausatmen, deutliche Probleme zu haben. Es wurde von einem hochtonigen Pfeifen begleitet, das einen spindelförmigen Verlauf zeigte; am Anfang und gegen Ende der Atmung leise, in der Mitte jedoch unüberhörbar laut.

„Oh ja, ich bitte um Verzeihung, Herr Minister“, sagte Warren schmunzelnd. Er drehte seinen Kopf zur Seite, damit der Minister seinen ironischen Gesichtsausdruck nicht sehen konnte.

Beide saßen mehrere Minuten wortlos auf der Bank.

Die Gegend, wo sie saßen, war ziemlich ruhig. Kein einziger Spaziergänger entschied sich für den Weg, den sie gegangen waren. Für die Leibwächter war es natürlich ein Segen. Schon seit Wochen hatten sie keinen solch angenehmen Tag erlebt. Besonders anstrengend waren die Veranstaltungen, in denen der Innenminister durch Hunderte von Leuten zum Pult gehen und seine Rede halten musste. Das waren Momente, in denen sie regelrecht ins Schwitzen kamen. Sie mussten den gesamten Saal im Blick haben.

Bertram und Warren bliesen den Tabakrauch genüsslich in die Luft. Die Rauchsäulen, die aus ihren Mündern emporstiegen, trafen sich etwa ein Meter oberhalb ihrer Köpfe und vereinten sich zu einer größeren Wolke, die sich gemächlich mit der umgebenden Luft vermischte.

Nachdem Warren die mächtige Zigarre zu Ende geraucht hatte, schmiss er den Stummel auf den Boden und trat ihn mit seinem rechten Fuß. Er fuhr mit seiner Schuhsohle so lange vor und zurück, bis der Stummel kaum noch zu sehen war.

Bertrams Ohren hatten sich an die beruhigende Stille des Parks gewohnt. Sein mächtiger, in alle Richtungen ausladender Körper erreichte einen Zustand der maximalen Entspannung. Seine Gedanken weilten ziemlich weit von dem Englischen Garten irgendwo in der Karibik. Er saß an einer Bar im angenehmen Schatten von Palmen, wo er gerade von einer attraktiven Brünetten bedient wurde, deren knapper Bikini ihre makellose Figur kaum bedeckte.

Warren richtete plötzlich seinen Oberkörper auf und blickte auf Bertrams Gesicht.

„Und wie soll es Ihrer Meinung nach weitergehen? Wie sehen Ihre Pläne aus?“, fragte er, als hätte er ewig auf diesen Moment gewartet, um endlich diese wichtige Frage stellen zu dürfen.

Aufgrund Warrens ruckartiger Bewegung und der unerwarteten Frage, mit der er keinesfalls gerechnet hatte, erschrak Bertram und ließ seine Blicke zwischen den Leibwächtern wandern, die lässig und ohne Anstrengung die Gegend beobachteten.

„Was? Wie? Wo? Verzeihung…Haben Sie etwas gesagt?“ Bertram schlug die Augen auf und kehrte von den bezaubernden Karibikgedanken in die abscheuliche Realität der Gegenwart zurück.

„Bewundernswert, Herr Minister“, sagte Warren belustigt, „wie tief Sie in Gedanken versinken können. Ich wünschte, ich könnte auch so schnell abschalten und unangenehme Situationen verdrängen, wie Sie.“

„Sie verzeihen, Herr Warren, ich habe Sie akustisch nicht verstanden“, stotterte der Innenminister und rieb dabei mit beiden Händen seine Augen. Er glaubte die Szene in der Karibik nach wie vor zu sehen.

„Ich wollte nur erfahren, ob Sie eine Lösung für unsere prekäre Situation gefunden hätten“, antwortete Warren.

Bertram schwieg einen Moment und blickte in die Ferne. Insgeheim hoffte er, die Karibikszenen erneut zu sehen. Das, was er sah, entsprach aber nicht seinen Vorstellungen.

Zwei Radfahrer fuhren schnell nebeneinander um die Wette. Die beiden Dobermänner liefen mit herausgestreckten Zungen nebenher und hatten Schwierigkeiten mit den Radlern Schritt zu halten.

Er wandte seinen Kopf zu Warren. „Ich glaube, ich habe eine Lösung.“

„Wären Sie so gnädig und würden Sie es mir verraten?“

Bertram ließ sich Zeit mit der Antwort. Er stopfte eine neue Pfeife mit erlesenem Tabak, der das Aroma einer Nelken-Vanille-Mischung hatte, und zündete sie unter Verbrauch von mehreren Streichhölzern an.

Dann begann er langsam zu sprechen. So schnell wollte er seine Pläne nicht preisgeben.

Der Betrug

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