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- KAPITEL 5 -

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Am 20. Mai 2001, also etwa sechs Wochen nachdem sich Warren mit dem amerikanischen Vizepräsidenten Ronald G. Slawish und dem CIA - Chef Daniel Mitchum getroffen hatte, beherrschte eine mächtige Nebelwolke schon seit frühen Morgenstunden weite Teile Londons.

Die höheren Etagen vieler Häuser verschwanden buchstäblich im dichten Nebel, als hätte ein Magier sie einfach weggezaubert.

Dank des ausgebauten öffentlichen Verkehrsnetzes erreichten die meisten Angestellten des ITMC rechtzeitig ihren Arbeitsplatz, während einige wenige von ihnen mit ihren Autos im Stau auf den Strassen stecken geblieben waren.

Besucher, auf deren Plan die Besichtigung des ITMC stand, ließen sich von dem Nebel nicht erschrecken und fuhren trotzdem hin. Sie stellten sich zwar bereits auf der Fahrt zu ITMC darauf ein, dass sie aufgrund des Nebels vielleicht nur einen kleinen Teil dieses renommierten Bauwerkes sehen konnten. Insgeheim hofften sie aber, dass sich der Nebel während ihrer nicht unbeachtlichen Wartezeiten auflöste, damit sie doch noch das gesamte Gebäude zu sehen bekamen. Man musste einfach dieses Weltwunder der Moderne gesehen haben. Und die Lichtverhältnisse reichten für eine Aufnahme allemal.

Die namentlich angemeldeten Gruppen, die die Führung durch das ITMC bereits Monate zuvor gebucht hatten, hatten es wesentlich leichter. Denn sie kamen nicht nur eher dran, sondern sie durften auch einige Bereiche besichtigen, die die unangemeldeten Besucher niemals zu sehen bekamen.

„Was für ein Geräusch ist es denn?“, fragte ein junger Mann mit einer silbernen Brille seine schwedische Begleiterin, die ihn um einige Zentimeter überragte.

Beide standen in der üblichen, nicht zuvor angemeldeten Besucherschlange ziemlich hinten und warteten wie alle anderen auf den Einlass in das ITMC.

Die Freundin, eine junge Studentin, nickte im Rhythmus der aus einem Walkman dröhnenden Melodie mit dem Kopf und bewegte dazu ihren kräftigen Körper seitlich in beide Richtungen. Ihre glatten, hell blonden Haare, die ihr bis zum Kinn reichten, wedelten mit dem Kopf.

„Ich höre nichts“, antwortete sie und schüttelte dabei den Kopf, nachdem sie die Lautstärke des Walkmans nur für einen kurzen Augenblick gedrosselt hatte.

„Hör doch genauer hin. Es wird zunehmend lauter“, sagte der junge Mann. So wie er Englisch sprach, musste er französischer Herkunft sein. Er blickte auf seine Freundin hinauf und neigte seinen Kopf zur linken Schulter hin, sodass sein rechtes Ohr wie ein Empfänger zu der Richtung gerichtet war, aus der er glaubte, das ungewöhnliche Geräusch zu hören.

Der dichte Nebel behinderte jedoch jede Sicht.

„Was soll ich denn hören, Alain?“, fragte die Schwedin höflich. Nun nahm sie beide Stöpseln aus den Ohren und konzentrierte sich, das Geräusch am Himmel wahrzunehmen, das laut ihres Freundes näher kam.

„Ein Motorengeräusch, Eva. Ein Motorengeräusch, das allerdings nicht wie ein Motor klingt“, antwortete Alain.

„Ich sehe schon, Alain, du brauchst sofort ein Klavier, um deine zuneige gehenden Notenreserven aufzufüllen.“

„Ich verstehe dich nicht. Was hat meine Musik mit dem Motorengeräusch zu tun?“

„Du hast doch eben gesagt, ein Motorengeräusch, das nicht nach einem Motor klingt… Was meinst du denn damit? Willst du mich veräppeln?“ Eva sprach diesen Satz etwas lauter, sodass manche Leute sich umdrehten und Zeugen einer Beziehungskrise zu werden glaubten.

„Ich meine es ernst! Ich höre ein Motorengeräusch, das aber irgendwie…wie soll ich es sagen…ähhmmm… anders klingt! So, wie eine Mischung aus Flugzeug, Hubschrauber und Motorrad.“ Alain konnte es nicht besser beschreiben. Er war ein begabter Musiker und spielte mehrere Instrumente einwandfrei. Bereits als Kind gewann er jeden Musikwettbewerb. Man betrachtete ihn als Mozart der Zukunft.

„Flugzeug? O. K. Hubschrauber? Ebenfalls O.K. Aber Motorrad? Ich glaube, du leidest unter akustischen Halluzinationen, mein Lieber, wie alle Komponisten. Kannst du mir bitte sagen, wie ein Motorrad in den Himmel kommen soll?“, fragte seine Freundin und lächelte dabei wie eine Mutter, die die unmöglichsten Bemerkungen ihres Kindes als unterhaltsam empfand. Ihre Sommersprossen auf beiden Wangen wurden deutlicher.

Alain mit der silbernen Brille blieb stehen und durchsuchte mit zusammengekniffenen Augen genauer den Himmel, obwohl er bereits vom Anfang an wusste, dass er außer Nebel nichts sehen konnte.

„Sag mal, träumst du oder was? Du kannst stundenlang den Himmel durchsuchen. Du wirst außer Nebel nichts sehen. Und wenn du brav bist, noch einige Marsmännchen mit ihren spiralförmigen Antennen“, lästerte sie nun.

Die Leute um den jungen Franzosen herum drehten ebenfalls neugierig ihre Köpfe nach oben und durchkämmten mit zusammengekniffenen Augen den Himmel. Die Neugier des Menschen war nicht nur tödlich, sondern auch ansteckend, wie die Pest. Sie blieben gerne ausgerechnet in der Gefahrenzone stehen, um ein paar Szenen von Geschehnissen zu erhaschen.

Sie fürchteten, irgendeine wichtige Szene oder Ereignis zu verpassen. Das Verhalten der ein paar Menschen löste sofort eine Art Kettenreaktion aus, sodass nach nicht einmal einer halben Minute fast alle in der Schlange stehenden Leute in den Himmel blickten.

Aus jedem Mund kam eine andere Bemerkung:

„Was soll man da sehen?“

„Wo?“

„Nein, ein UFO!“

„Ein Motorrad am Himmel?“

„Ich sehe nur Nebel, sonst nichts!“

„Ich glaube, ich sehe etwas. Etwas Grünes.“

„……“

„Jetzt höre ich es auch“, sagte Eva plötzlich, Alains Begleiterin, und schob dabei ihre kurzen, blonden Haare mit beiden Händen hinter die Ohren.

Nun war das Motorengeräusch am Himmel so laut, dass man es nicht mehr überhören konnte. Es klang tatsächlich eigenartig; eine Art Mischung aus Motorrad, Propeller und Flugzeug.

Niemand in der Besucherschlange bewegte sich nunmehr. Alle Köpfe schauten angestrengt nach oben und versuchten herauszukriegen, woher dieses merkwürdige Geräusch kam. Auch die Angestellten des ITMC, die am Eingang standen und sich um die Besucher kümmern sollten, kamen heraus und blickten nach oben.

Sie sahen ebenfalls Nebel. Nichts Anderes als Nebel.

Was könnte hinter diesem eigenartigen Geräusch stecken? Etwas Sonderbares, Ungewöhnliches? Könnte es möglicherweise um ein UFO handeln?

Das Geräusch wurde nun plötzlich sehr laut und erreichte innerhalb von nur ein paar Millisekunden sein Maximum.

Ein etwa fünf jähriges Kind bewegte seinen Zeigefinger nach oben und holte tief Luft, um zu schreien, „ein Flugz…“, als ein ohrenbetäubender Donner jedes Geräusch und jede Stimme übertönte und in eine mächtige Explosion überging.

Der Boden wackelte heftig, wie bei einem Erdbeben der Stärke Acht.

Das Klirren der überdimensionalen Glasscheiben und das Ächzen der Wände begleiteten die Explosion.

Das gesamte ITMC-Gebäude färbte sich im Nu in rot und gelb. Eine riesige Rauchwolke stieg in den Himmel, begleitet von mächtigen Flammen, die das gesamte Gebäude umhüllten und es um mindestens zehn Meter überragten. Der Nebel bekam eine sonderbare Farbe, als würde das Feuer mit einer Milchmasse eine chemische Reaktion eingehen.

Glasscheiben, die zerbarsten, wurden um mehrere Hundert Meter geschleudert und landeten mit einem gespenstischen Klirren am Boden. Eine gigantische, dreieckige Scheibe spießte den jungen Franzosen mit der silbernen Brille von hinten durch den Brustkorb hindurch und brachte ihn zum Sturz. Hellrotes Blut spritzte in hohem Bogen und färbte seinen Körper in ein glitzerndes Rot, das sich wie Tentakel langsam in alle Richtungen ausbreitete.

Betonbrocken und große Steine regneten vom Himmel wie riesige Hagelkörner auf die Menschen. Einige legten, einem automatischen Instinkt folgend, ihre Hände schützend auf den Kopf. Es war unmöglich, sich vor diesem Betonhagel zu schützen. Zahlreiche Menschen wurden unter dem gewaltigen Steinregen regelrecht zerdrückt. Geschrei und schmerzvolle Hilferufe vermischten sich mit den herabstürzenden Wänden und klirrenden Scheiben. Unter der ausgebrochenen Panik verloren die Menschen jegliche Orientierung und liefen verwirrt herum, ohne darauf zu achten, worauf sie traten. Einige liefen sogar voller Panik und desorientiert in die Mitte des Geschehens, nämlich zum zerbröckelnden Gebäude hin.

Nur wenige Teile eines Flugzeuges lagen in der Umgebung verstreut. Die Hauptmasse des Metalls verschmalz in der enormen Hitze zu mehreren Metallklumpen.

Innerhalb von nur einigen, wenigen Minuten verwandelte sich das ITMC - Areal in ein Kriegsfeld mit Hunderten von verbrannten oder zerstückelten Leichen und einem Trümmerhaufen, der unzählige Menschen begrub.

Ein eigenartiger, Ekel erregender Geruch aus verbranntem Menschenfleisch, Gummi, Glas und Holz breitete sich aus, den jedoch die meisten der dort liegenden Menschen überhaupt nicht wahrnahmen.

Das Schmerzensgeschrei der Verletzten hallte immer wieder in der gesamten Stadt. London erlebte in diesem Moment eine der grausamsten Katastrophen in der Geschichte der Menschheit.

Inferno pur!

Der Betrug

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