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DAS GESCHÄFT

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»Die Flüchtlinge nehmen mir meine Arbeit weg!«, flucht er. Er habe sich ein Geschäft aufgebaut, einen guten Ruf und fast ein Monopol gehabt. Und nun kämen diese Flüchtlinge und machten ihm Konkurrenz.

Er ist als Kind mit seinen Eltern nach Deutschland gekommen. Das Herkunftsland seiner Familie hat er seitdem nur zwei Mal besucht. Sein Deutsch ist gut, er sieht freundlich aus. Aber er ist wütend und frustriert.

»Merkel ist schuld«, sagt er. Sie habe diese ganzen Leute ins Land geholt, und seitdem sie da seien, habe niemand mehr Respekt vor ihm.

»Hm«, antworte ich und weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Ich nehme das Weed, gebe ihm einen Zehner und verabschiede mich in Richtung Bus.

Am Busbahnhof treffe ich meinen besten Freund, den kleinen Gangster, im Gespräch mit einem Kumpel.

»Schlounak, wie geht’s, Habibi?«, fragt er und umarmt mich herzlich.

»'ana bikhayr, alhamdulillah, mir geht es gut, wie läuft das Geschäft?« Sein Freund gibt mir die Hand, wir küssen uns flüchtig auf die Wange, dann verabschiedet er sich von uns und wünscht uns Eid Mubarak zum Opferfest. Der kleine Gangster erwidert den Wunsch fröhlich, ich verkneife mir einen aggressiven Kommentar.

»Was ist denn mit dir los?«, fragt der kleine Gangster. »Darf man dir nicht mal mehr ein frohes Fest wünschen, nur weil du nicht glaubst?«

»Ich habe kein Problem damit, wenn mir jemand frohe Weihnachten oder gesegneten Ramadan wünscht. Aber das Opferfest ist nicht mein Fest. Ich esse keine Tiere. Ich erinnere mich noch genau an das Schreien der Schafe und das Spritzen des Blutes, furchtbar.«

»Das verstehe ich sogar«, sagt er und lädt mich zu sich ein. »Ich habe Feierabend, kommst du mit zu mir?«

Wir steigen in den Bus und fahren auf die andere Hafenseite.

»Hast du gehört, dass der Spieler im Krankenhaus ist?«, frage ich.

»Ja, Scheiße. Man soll nicht so viel von den eigenen Waren naschen.«

»Arbeitest du noch in der Fabrik?«

»Nee, ich jobbe jetzt in einem Imbiss. Es ging echt nicht mehr. Ich musste immer um fünf Uhr aufstehen, um rechtzeitig da zu sein. Meine Mutter hat mich dafür jeden Morgen aus Syrien angerufen, damit ich nicht verschlafe.«

Der kleine Gangster ist ein geliebter Mensch. Seine Mutter wohnt in einer zerbombten Stadt, sorgt sich aber um ihren jüngsten Sohn, der ganz allein ist in der Fremde. Mit seinen legalen Jobs verdient er kaum seinen Lebensunterhalt, deshalb versucht er, sich parallel anderweitig Geld zu verschaffen, um seiner Mutter damit über die Runden zu helfen.

Ich weiß inzwischen, dass ich ohne meine Familie leben kann, und meine Familie überlebt auch ohne mich. Den meisten meiner Freunde geht es anders. Sie müssen ihren Eltern etwas beweisen. Oder ihnen einfach das Leben retten.

Kafir

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