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DIE ALBTRÄUME

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»Heute Nacht habe ich wieder Albträume gesehen«, sage ich zu meiner Freundin. Ich sitze am Frühstückstisch, sie kommt aus dem Bad.

»Auf Deutsch hat man Albträume, man sieht sie nicht«, antwortet sie, während sie sich hektisch für die Arbeit fertig macht.

»Auf Kurdisch sieht man seine Träume«, entgegne ich leicht genervt. »Es fühlt sich auch so an wie in einem Kino, in dem nichts läuft außer Horrorfilme. Und ich kann die Augen nicht schließen. Da war eine große Demonstration in der Stadt, die Menschen hatten sich in weiße Gewänder mit spitzen Kappen gehüllt und trugen brennende Fackeln. Sie sahen aus wie der Ku-Klux-Klan, aber ich wusste, dass es Islamisten sind, die mich suchen.«

»Ach, Hase.« Sie küsst mich und lässt mich mit meinen Gedanken allein.

Die Träume kommen nicht zufällig. Sie brechen nachts über mich herein, wenn ich tagsüber zu viele schreckliche Nachrichten bekomme. Dann ist meine Zeit im Irak nicht mehr Vergangenheit, sondern läuft in meinem Nachtkino auf Heavy Rotation und zeigt sich in immer wieder neuen Bildern.

Der Auslöser ist diesmal ein Anruf von einer fremden Frau, die mich auf Facebook gefunden hat. Sie lebt in ständiger Angst vor ihrem gewalttätigen Ehemann.

»Er hat mir vorgeschrieben, was ich anziehen darf. Ich durfte das Haus nicht alleine verlassen. Ich hatte keinen Schlüssel für den Briefkasten. Aber ich kannte meine Rechte. Ich habe ihm gesagt, dass ich die Polizei rufe.«

Dafür hat ihr Mann sie geschlagen. Sie schickt mir die Fotos von ihren Blutergüssen. Und dann hat er sie zusammen mit den gemeinsamen Kindern nach Ägypten verschleppt. Inzwischen ist sie frei, aber sie muss sich vor ihm verstecken. Er schickt ihr furchtbare Drohnachrichten. Mir ist beim Hören ganz schlecht geworden.

»Wenn ich dich finde, werde ich dich schlagen, bis du nicht mehr denken kannst. Ich werde dich zerstören. Du hast mir Schande gemacht und meine Ehre gekränkt.«

Ehre. Wie sehr ich dieses Wort hasse. Und ich weiß nicht, wie ich ihr helfen kann. Diese Ohnmacht hasse ich noch mehr.

Ich räume die Wohnung meiner Freundin auf, sauge Staub, bringe den Müll weg und mache den Abwasch.

Ich liebe Ordnung. Wenn ich einen Ort in Ordnung bringe, fühlt sich die Welt ein bisschen besser an als vorher.

Kafir

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