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JUSTGASSE

Nie lockerlassen


In der Justgasse in Floridsdorf wird begeistert gebastelt, die beteiligten Damen führen dabei auch ordentlich Schmäh, wie es sich gehört, und wirken überhaupt ziemlich unerschütterlich. Und während man gemeinschaftlich einer handwerklichen Tätigkeit nachgeht, lassen sich natürlich auch gut Geschichten erzählen. Über das Thema Tod im Gemeindebau wird sonst nicht so viel gesprochen, aber natürlich kommt es regelmäßig vor, dass alte, alleinstehende Menschen in ihren Wohnungen versterben. Wie rasch das entdeckt wird, hängt auch von der Qualität der Hausgemeinschaft und der Achtsamkeit anderer Mieterinnen und Mieter ab.

Das erhellt die folgende Geschichte einer Dame, die nicht lockerließ, bevor nicht in der Wohnung ihrer Nachbarin Nachschau gehalten wurde:

„Uns is wichtig, dass wir voneinander wissen, wie’s uns geht. Das hab ich von meiner Mutter gelernt, die bei uns im Haus auf die ganzen alten Leut aufgepasst hat. Ich weiß ja nicht, ob ich das erzählt hab, aber: Die bei uns da auf der Stiege gestorben ist, da ham’s mi ja scho hoibert zum Psychiater führn woin, wie i gsogt hob: ‚I sich die Frau ned, I sich die Frau ned, da is wos passiert.‘ Olle ham gsogt, in bin spinnert, owa Tatsache is, dass die Frau wirklich tot in der Wohnung glegn is. Es hot niemanden interessiert, ned amoi die Polizei. Wei wie i dort angruafn hob, hot mir der Polizist gsogt: ‚Wann wir die Tür aufmochen und es is nix, dann miassn Sie des Schloss zoin.‘ Und i hob gsogt: ‚Kommt ma billiger ois Schloftabletten.‘ Wie i hob ned schlofen kennan wegen der Gschicht. Dann ham’s einebohrt, die Tür is aufgangen, is aber ned aufgsprungen, wei’s von innen zuagsperrt wor. Und wie i des gsehn hob, hab i mi umdraht und hob mi recht freindlich von dene verobschiedet. Und der Polizist hat gsagt: ‚Sie miassn do bleiben und die Frau identifizieren.‘ Hob i gsogt: ‚Gor nix muass i. I hob eich aufmerksam gmocht, i bin ned verwandt mit ihr, i bin ka Amtsperson, meins is gmacht, i geh.‘ Da war die Polizei sehr böse auf mich. Aber i hab die Nachbarin vier Wochen davor das letzte Moi no gsehn, da hat’s Geburtstag ghobt und a Piccolo-Flascherl Sekt getrunken. Do hob i owa scho zwa Wochen danoch an Mann mit ana Leiter organisiert, dass der durchs Fenster eineschaut – nur hot’s der ned gseng, weiß hinterm Bett glegn is. Aber i hab nicht schlafen können, weil i gewusst hab, do stimmt wos ned. Und des Komische is: Do wor a Hund in der Wohnung: Der hat nicht gebellt …“

Wiener Wohnwunder

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