Читать книгу Operation Terra 2.0 - Andrea Ross - Страница 12
ОглавлениеMars, KINZeit: 13.0.3.15.10, terrestrische Zeit: 11. Oktober 2016 nach Christus, Dienstag
m Schutze der Dunkelheit setzte die Deep Red Planet zur Landung auf dem Mars an. Solaras und Kalmes bekamen von der Ankunft allerdings nichts mit, denn beide waren im letzten Drittel der Reise von Bewusstlosigkeit übermannt worden. Verzerrte Doppelbilder, die das Sehvermögen jedes Zeitreisenden beim Abbremsen narrten, hatten ihnen neben Erbrechen und Schwindelanfällen den Rest gegeben. Andernfalls hätten sie wohl voller Erstaunen registriert, dass am Zielort bereits eine notdürftig angelegte Infrastruktur existierte, die der MarsformingCrew für zukünftige Arbeitseinsätze als Ausgangsbasis dienen sollte.
Der Raumfrachter legte nach dem Austritt aus dem Zeittunnel eine sanfte Bilderbuchlandung hin. Die Warptriebwerke wurden abgeschaltet, das unangenehme Vibrieren und Dröhnen erstarb. Tiberianische Arbeiter aus der Sektion Landwirtschaft und Versorgung hatten bei einem ersten Einsatz ein ausreichend großes Territorium von Geröll befreit und eine unterirdische Lagerhalle reaktiviert, die sogar noch aus den mehr als drei CALABTUN zurückliegenden Zeiten der Erstbesiedelung stammte.
Hier, genau an diesem Ort, an dem jetzt der Frachter auf seinen Teleskopbeinen ruhte, sollte in Kürze das erste Habitat entstehen, und gleich daneben lag die Baustelle für die vier pyramidenförmigen Atmosphärenkraftwerke.
Das tiberianische Schiff der Baureihe LHT 341120 war lediglich sieben Meter vom Eingang der Halle entfernt zum Stehen gekommen – eine Meisterleistung des Navigators, besonders wenn man bedachte, dass man am Ende des künstlich geschaffenen Wurmlochs förmlich aus dem Nichts fiel und innerhalb weniger Sekunden die manuelle Kontrolle übernehmen, sich orientieren und zudem das Aufsetzen manuell steuern musste. Die Luke der Kommandobrücke öffnete sich mit einem Zischen, woraufhin sich ein begehbarer Steg gemächlich zu Boden schob. Dezente Punktbeleuchtung wies den Weg hinunter zur staubtrockenen Oberfläche des Planeten.
Eine fünfzehnköpfige Arbeitscrew verließ die Deep Red Planet mit wackligen Knien. Alle steckten in braunen Raumanzügen, die gleichwohl mit den sperrigen Dingern von Terra so gut wie nichts gemein hatten. Sie bestanden aus einem federleichten und doch reißfesten und strahlenabweisenden Gewebe, das an seiner Innenseite für ein angenehmes Körperklima sorgte.
Hitze, Kälte und Staub konnten dem Träger nichts anhaben. Keine dicken Schläuche und keine klobigen Stiefel behinderten die extraterrestrischen Raumfahrer beim Gehen. Man wickelte sich einfach eine zirka 40 Zentimeter breite Binde eng um den Körper, einschließlich Händen und Füßen, ähnlich wie man das auf Terra nach Knochenbrüchen mit Gips handhabte – und schon verband sich das Material zu einer einzigen elastischen Hülle, die keinerlei Brüche oder Löcher aufwies. Dazu konnte man ganz normale Stiefel und Arbeitshandschuhe tragen.
Selbst luftdicht schließende Helme waren überflüssig, tiberianische Astronauten trugen lediglich leichte Schalen aus Verbundstoff zum Schutz vor herabfallender Materie. Sie schnallten sich bis zur Taille reichende, flache Rucksäcke auf den Rücken, die sich bis um die Schultern und den Hals schmiegten. Einer Unzahl an Düsen, die rund um die Schulterpartie angelegt waren, entströmte eine auf Terra noch unbekannte Gasmischung. Diese stetig wie eine Wolke um den Kopf wabernden Gase bildeten einen unsichtbaren Schutzschild vor schädlicher Strahlung, wirkten zugleich keimtötend und konnten eingeatmet werden. Zudem erzeugte eine hauchdünne, kaum sichtbare Folie die passenden Druckverhältnisse. So entfiel das Herumtragen einer zusätzlichen Sauerstoffflasche, der Kopf war von der Außenwelt hermetisch abgeschirmt.
Es galt nun, den strahlend weißen Frachter schleunigst unter rotbraunen Tarnnetzen zu verbergen, die farblich haargenau der Umgebung angepasst waren. Sobald der Mars diese Region in einigen Stunden wieder dem Planeten Terra zuwandte, durfte schließlich von dort aus kein noch so winziger Hinweis auf die Anwesenheit intelligenter Lebensformen sichtbar sein. Leider funktionierte der Tarnschild des Frachters nur bei eingeschalteten Triebwerken, sodass man hierauf nicht mehr zurückgreifen konnte.
Keinen einzigen Lichtpunkt, keine verräterische Form sollten die Teleskope ins Visier nehmen können. Fieberhaft arbeiteten die Männer und Frauen der Crew an dieser Mammutaufgabe; sie hatten während der wochenlangen Übungen auf Tiberia Perfektion erreicht.
In Rekordzeit verschwand das hauptsächlich aus Plantolaan und leichten Metalllegierungen bestehende Ungetüm vor Aller Augen. Gleich darauf entriegelte der Kapitän von der Brücke aus per Sprachbefehl die monströse Ladeluke. Der Frachtraum ließ sich dennoch ausschließlich durch eine luftdichte Schleuse betreten, weil die scharfkantigen Sandpartikel dieses Planeten keinesfalls bis in den Innenraum des Frachters gelangen durften. Das feinkörnige Zeug war leider allgegenwärtig.
Ein mühseliges Stück Arbeit lag vor der Crew. Zuerst sollten die drei kleinen, wendigen Raumgleiter entladen werden, mit denen man sich später hier fortzubewegen gedachte. Sie boten lediglich Platz für maximal drei Personen und ein wenig Gepäck, waren für Kurzstrecken vorgesehen. Gleichwohl gestattete der leistungsfähige ImpulsAntrieb beträchtliche Reisegeschwindigkeiten, sodass beispielsweise die Strecke Mars – Terra innerhalb von drei Tagen zu bewältigen war.
Anschließend kamen nach Plan die Uniblocks an die Reihe. Ein jedes dieser genormten Packstücke musste erst durch die Luftschleuse bugsiert werden, und das alles mithilfe sogenannter Aeropads, die ungefähr wie schwebende Schubkarren aussahen.
So bemerkten die beiden blinden Passagiere eine halbe Stunde nach dem Aufsetzen noch immer nicht, dass sie ihr Etappenziel erreicht hatten. Verrenkt und blass lagen sie in ihrem UniblockBehälter, der zusammen mit vielen gleichartigen Bausteinen ganz hinten an der Rückwand verzurrt stand. Solaras hatte den Platz mit Bedacht gewählt, denn diese Seite würde garantiert zuletzt entladen werden.
*
Kalmes erwachte als Erste, sie war noch immer benommen und zittrig. Starke Kopfschmerzen drohten ihr den Schädel zu sprengen, jeder Herzschlag pumpte eine neue Welle der Pein in ihr Gehirn. Übellaunig brachte sie ihren Oberkörper in die Senkrechte, ganz langsam und vorsichtig.
Die ehemalige Dozentin für Bildung und Ideologie benötigte fast zwei Minuten um vollständig zu realisieren, wo sie und Solaras sich aktuell befanden. Die Erkenntnis über ihre gefährliche Lage jagte ihr einen Schreck ein; hatte sie nicht Stimmen vernommen, die sich allmählich zu nähern schienen? Sie mussten so schnell wie möglich von hier verschwinden!
»Gefällt mir gar nicht, dass wir heute gleich mit dem Ausladen anfangen sollen. Erstens fühle ich mich nach Flügen durch den Scheißtunnel immer für den Rest des KIN wie gerädert, zweitens müssen wir für heute sowieso bald Schluss machen, damit die unterbelichtete Bagage auf Terra uns keinesfalls beobachten kann. Aber nein – man lässt uns bis zum Umfallen schuften, bloß weil unsere Frau Regentin ständig Druck macht. Soll sie ihren Knackarsch halt selbst hierher schaffen und mithelfen, wenn sie meint. Wir von Landwirtschaft und Versorgung sind doch jedes Mal die Deppen fürs Grobe«, schimpfte eines der Crewmitglieder.
»Ja, stimmt genau! Ich werde mir jedenfalls kein Bein ausreißen. Wir lassen uns Zeit damit. Mir ist sowieso schlecht, muss aufpassen, dass ich nicht alles vollkotze«, entgegnete der zweite Arbeiter und gähnte.
»Na ja, hoffen wir einfach, dass die Revolte unserer Sektion auf Tiberia in der Zwischenzeit voll in Gang kommt und sich die Verhältnisse grundlegend geändert haben, wenn wir nach dem Einsatz zurückkommen.«
»Sei lieber still! Man weiß nie, ob hier nicht ein paar Augoren installiert wurden. Tiberia ist immer und überall«, warnte der andere Mann mit gedämpfter Stimme. »Komm, zwei von den Gleitern schaffen wir noch. Wir überführen sie in die Halle, aber dann ist endgültig Feierabend!«
Die Arbeiter entfernten sich schlurfend. Sie waren noch nicht ganz an der Schleuse angekommen, da erwachte Solaras mit einem laut vernehmlichen Stöhnen aus seiner Ohnmacht. Kalmes presste ihm sofort eine Hand fest auf den Mund, doch die Männer waren bereits stutzig geworden. Sie blieben stehen.
»Hast du da hinten auch etwas gehört? Hoffentlich hat uns niemand belauscht!«
Sein Kollege winkte ab. »Ach Quatsch, wir waren die Einzigen und Ersten, die den Frachtraum seit dem Aufsetzen betreten haben. Bestimmt ist wegen dem ständigen Rütteln bloß ein Uniblock verrutscht, das hört sich manchmal so an. Los, hauen wir ab, bevor der Obermotz uns suchen kommt!«
Die Schleuse schloss sich zischend hinter den beiden, und Kalmes nahm endlich ihre Hand aus Solaras‘ Gesicht.
»He, was machst du denn? Ich konnte kaum atmen«, maulte Solaras keuchend, der noch nicht ganz bei Sinnen war. Beide Flüchtlinge holten tief Luft, dann setzte ihn seine Gefährtin kurz und knapp über die erfolgte Landung in Kenntnis.
»Wir sollten abwarten, bis sie zwei der Gleiter entladen haben. Anschließend müssen wir noch für eine Weile hier heimlich, still und leise ausharren. Wir entriegeln nach einer angemessenen Wartezeit Schleuse und Ladeluke manuell von in nen, schnappen uns den dritten Raumgleiter und machen uns unverzüglich auf den Weg nach Terra. Ein echter Glücksfall für uns, dass die Arbeiter heute nicht mehr alles auszuladen gedenken. Sonst hätten wir ganz schön improvisieren müssen«, freute sich Kalmes.
Solaras‘ Gehirn verweigerte jedoch immer noch weitgehend den Dienst, er sinnierte angestrengt.
»Und woher wissen wir, wann die Luft rein ist? Was wäre, wenn sie eine Wache aufgestellt hätten? Es gibt hier kein Fenster, durch das wir uns vergewissern könnten«, stellte er fest und rieb sich seufzend die Schläfen.
»Wir müssen volles Risiko gehen und einfach darauf vertrauen, dass die Crew nur noch am Ausruhen interessiert ist. Die werden sich bestimmt alle gleich nach dem Dienst hinlegen wollen, mir persönlich wäre schließlich jetzt auch danach. Und wieso sollten sie eine Wache am Frachter aufstellen – auf einem bis dato definitiv menschenleeren Planeten?«, grinste Kalmes augenzwinkernd.
»Stimmt … das hatte ich glatt vergessen. Weißt du was? Mir wäre lieber, wenn du heute das Denken für mich mit übernehmen könntest. Lass uns jetzt besser die Sachen zusammensuchen, die wir nachher in den Gleiter umpacken wollen.
Igitt, riecht das hier streng … wenn wir nicht bald aus diesem besudelten Uniblock herauskommen, wird mir bestimmt gleich noch einmal übel.«
*
Das Entladen des ersten Raumgleiters bereitete den tiberianischen Arbeitern keine Freude. Stürmischer Wind kam auf, trieb rotbraune Staubteufel vor sich her. Man sah kaum die Hand vor Augen. Es dauerte deswegen ungewöhnlich lange, das Fluggerät hinaus zu bugsieren und zum nahen Hangar zu überführen.
»Wir machen Schluss für heute!«, brüllte einer der Männer gegen das Tosen und Heulen des Windes an. »Die scharfkantigen Partikel ruinieren uns noch die Raumanzüge und schmirgeln womöglich die Oberflächen der Gleiter ab. Ich verspüre außerdem keine Lust, zum Schluss tonnenweise Sand aus der Schleuse zu saugen und Schäden zu reparieren. Wir machen Feierabend. Morgen ist schließlich auch noch ein KIN!«
Drinnen warteten Solaras und Kalmes darauf, dass die Männer zurückkehrten. Doch dies geschah seltsamerweise nicht. Nach einer schier endlosen Wartezeit erhob sich letztere mit schmerzenden Gliedern, streckte sich und gähnte.
»Wir müssen los. Die werten Kollegen aus der Sektion Landwirtschaft und Versorgung kommen heute Abend wohl kaum mehr zurück, haben scheinbar ihre Pläne geändert. Ich öffne die Schleuse, dann werfen wir einen vorsichtigen Blick nach draußen«, kündigte die Dozentin pragmatisch an.
»Wenn du meinst? Ich hätte lieber noch gewartet«, brummte Solaras und schüttete sich ein wenig kühles Wasser übers lange Haar. Der Gedanke, in dieser desolaten Verfassung schon in Kürze einen Raumgleiter steuern zu müssen, schmeckte ihm überhaupt nicht. Er sah immer noch verzerrte Doppelbilder.
Missmutig griff der geflohene Wissenschaftler nach den superelastischen PlantolaanBinden, mit denen er und Kalmes sich gegenseitig bis hinauf zum Hals umwickeln mussten, um jeden Millimeter ihrer Körper vor der lebensfeindlichen Außenwelt zu schützen. Binnen weniger Augenblicke konnte man zusehen, wie sich die einzelnen Wickellagen zu einem Ganzkörperanzug verbanden. Sie schulterten die Gasrucksäcke und ränderten die Schutzatmosphäre aus transparentem Kunststoff um den Hals, dann ließen sie das Gasgemisch einströmen. Die Nähte hielten dicht, die Folie blies sich auf.
Kalmes nestelte gleich darauf konzentriert am mechanischen Öffnungsmechanismus. Dieser war mehrfach gesichert, damit die hermetische Versiegelung des Laderaums auch während unsanfter Flüge sicher geschlossen blieb. Abschließend musste sie eine vierstellige Zeichenfolge einstellen, die in den Verbundstoff der Innenverkleidung, direkt neben der Vorrichtung, eingeprägt war. Der massive Riegel klackte zurück. Ein Zischen verriet dem Paar, dass die Luftschleuse sich öffnete. Solaras fuhr bei dem lauten Geräusch erschrocken zusammen.
Die Luke selbst ließ sich wiederum nur entriegeln, wenn man die Schleusentür hinter sich wieder schloss. Kalmes tat es mit flinken Fingern. Danach zog sie am Hebel, und die Lukentür glitt mit einem schabenden Geräusch zurück. Der feine Sand hatte hier offenbar schon Schaden angerichtet.
Solaras‘ Befürchtung, dass man das Schaben außerhalb des Frachters gehört haben könnte, erwies sich schnell als gegenstandslos. Der Sturm hatte noch zugenommen, zwirbelte Unmengen an Marsstaub vom Boden, peitschte ihn kreuz und quer durch die Landschaft und trug ihn weit in die Höhe.
Solaras und Kalmes lugten gemeinsam aus der Öffnung, unsicher, was sie da erwarten könnte. Sandkörner prasselten hart auf die reißfeste Folie ein, die bei tiberianischen Raumanzügen die Helme ersetzte.
»Keine Chance, in diesen entfesselten Naturgewalten etwas zu erkennen. Am besten, wir sehen uns kurz draußen um und entladen einen der Gleiter. Egal wie schlecht die Sichtverhältnisse sind – wir müssen unverzüglich los! Sollte sich das Wetter in der nächsten Zeit bessern, will die Crew bestimmt weiter ausladen«, mutmaßte Kalmes achselzuckend.
»Bei diesen extremen Windböen starten? Das wäre nicht ungefährlich!«, gab Solaras zu bedenken.
»Das weiß ich. Es hat auch niemand behauptet, dass unsere Flucht ein Zuckerschlecken wird. Falls der Start gelingt, verschafft uns der Sturm einen Vorsprung. Bis sie morgen das Fehlen des Gleiters bemerken, befinden wir uns schon auf dem halben Weg nach Terra.«
Ihr Begleiter nickte nur und stieg ins Cockpit des Raumgleiters, der der geöffneten Luke am nächsten stand. Ein Pfeifton, der immer höher wurde, signalisierte, dass er die Impulstrieb werke gestartet hatte. Kalmes raffte im Uniblock schnell ihre wenigen Besitztümer zusammen, dann stieg auch sie behände in den Gleiter. Ein Knopfdruck auf dem Panel zwischen den Sitzen, und ihr Körper wurde in den ergonomischen Schalensitz gesaugt, der sich augenblicklich ihren Konturen anpasste.
Langsam schwebte das silberglänzende Gefährt durch die Schleuse. Die Sinne der beiden Insassen waren zum Bersten angespannt. Gleich wären sie im Freien … Kalmes‘ rot geränderte Augen tasteten die Umgebung ab. Sie hätte beim besten Willen nicht sagen können, ob sich Hindernisse in der Nähe befanden. Vor der rundum laufenden Scheibe erkannte man nichts anderes als rotierende Staubschlieren, die stetig die Richtung änderten.
Gleich nach dem Verlassen der Schleuse erfasste eine Windbö das kleine Raumfahrzeug, schleuderte es scheppernd gegen die Außenwand des Frachters. Unwillkürlich schrie Kalmes auf. Solaras versuchte verzweifelt, die Steuerkontrolle zu bekommen. Vergeblich. Der Gleiter schlingerte wild hin und her, auf und ab, als besäße er gar keinen Antrieb. Es war vollkommen unmöglich, auszusteigen und die Luke des Frachters von außen wieder zu verriegeln. Sie mussten steil senkrecht aufsteigen, und das zügig.
Es war lediglich einem gnädigen Zufall zu verdanken, dass in diesem Augenblick der Wind zwar stark, aber für einige Minuten nur noch aus einer Richtung wehte. So konnte Solaras den Gleiter mit voller Kraft gegen den starken Windstrom drücken und halbwegs kontrolliert neben einer Windsäule nach oben gleiten. Dennoch wurden sie ordentlich durchgeschüttelt. Oft drehte sich das scheibenförmige Vehikel um die eigene Achse und erschwerte dem Navigator so die Orientierung.
Als sie die dünne Marsatmosphäre erreichten und das Tosen verschwunden war, atmeten beide auf. Solaras‘ Hände zitterten stark, er war einem Nervenzusammenbruch nahe. Seine CoPilotin überprüfte rasch die Bordinstrumente und stellte beruhigt fest, dass ihnen niemand zu folgen schien. Endlich konnten sie es wagen, die Innenbeleuchtung des Cockpits anzustellen.
»Ich gäbe etwas drum, jetzt eine Pause einlegen zu können«, keuchte Solaras erschöpft. »Aber es hilft alles nichts – also auf nach Terra, in unser neues Leben.«
»Tja, was soll ich dazu sagen? Ich habe ein paar TUNs mehr auf dem Buckel. Frage daher besser nicht, wie es mir gerade geht. Halte noch ein wenig durch, dann übernehme ich und du kannst dich ausruhen. Du musst mir vorher nur noch erklären, wie dieses Ding genau funktioniert. Du weißt ja, meine Sektion befasst sich normalerweise nicht mit dem Steuern von Raumgleitern«, grinste Kalmes.
Zweieinhalb KIN später kam eine mit zahllosen Lichtpunkten übersäte Kugel in Sicht. Solaras aktivierte sofort die Tarnschilde. Auch wenn sie sich Terra von der Nachtseite her näherten, war es besser, nicht leichtsinnig auf sich aufmerksam zu machen. Fluchend steuerte er den Raumgleiter zwischen ein paar scharfkantigen Stücken Weltraumschrott und Fernsehsatelliten hindurch, dann überflogen sie den Nahen Osten.
»Am besten landen wir in der altbewährten Gegend«, schlug Solaras aufgeregt vor. »Dort ist die Besiedelung nicht so dicht, und wir kennen uns fürs Erste aus.«
Er ahnte noch nicht, wie sehr er sich mit dieser Annahme irren sollte.