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Die neue Galatea

Adrienne Lecouvreur

Name: Adrienne Couvreur, auf der Bühne Lecouvreur

Lebensdaten: 5. April 1692 in Damery/Champagne – 20. März 1730 in Paris

Genre: Tragödin

Besonderheit: Die Kirche verweigerte ihr ein christliches Begräbnis

Adrienne Lecouvreur ist sowohl durch ihre schauspielerische Leistung als auch durch ihr tragisches, geheimnisumwittertes Ende berühmt geworden. Im Gegensatz zu manch anderer Berühmtheit ist ihr Grab unbekannt, denn sie wurde nicht in geweihter Erde bestattet, sondern am Rande von Paris verscharrt; vermutlich an einer Stelle, die seit Ende des 18. Jhs. überbaut ist und so keine Erinnerung mehr freigibt an eine der beliebtesten Bühnenpersönlichkeiten ihrer Zeit.

Wer war das?

Adrienne war eines der wenigen überlebenden Kinder einer einfachen Hutmacherfamilie, die unter dem trunksüchtigen Vater zu leiden hatte. Erzogen in einer der damals selten existierenden Mädchenschulen, kam sie als zerbrechliche junge Frau mit ihrer Familie nach Paris und wohnte nahe der Comédie Française bei einer Verwandten zur Untermiete. Sie fand in Monsieur Le Grand einen Gönner, der sie formte wie Pygmalion die zum Leben erweckte Statue Galatea. Sie trat angeblich erstmals 1709 im besetzten Lille auf und erwies sich als Naturtalent, das mit Leichtigkeit auch schwierige Passagen spielte. Die Kostüme musste man anfänglich ihren noch nicht vorhandenen Rundungen anpassen. Einige Jahre später kehrte sie nach Paris zurück, wo sie in Racines Mithridate erste Berühmtheit erlangte – „der junge Stern der herzoglichen Bühne“ wurde sie genannt. Viel verdient hat sie in diesen ersten Jahren nicht, denn wie alle Schauspieler jener Zeit war auch sie vertraglich dazu verpflichtet, ihre Kostüme inklusive Schmuck – die ja von gewisser Qualität und Ausschmückung zu sein hatten – selbst von ihrer Gage zu bezahlen.

Was hat sie berühmt gemacht?

Lecouvreur war bekannt und beliebt in tragischen Rollen – als sie einmal eine Molière-Komödie spielen wollte, boykottierte das Publikum sie, das sie nur als Tragödin sehen wollte. Man schrieb ihr – wie vielen anderen revolutionären Schauspielern – einen naturalistischeren, nicht mehr so gestelzten Schauspielstil zu, was aus heutiger Sicht ebenso wenig zu beurteilen ist wie im Falle von David Garrick oder Ellen Terry. Auf jeden Fall galt Adrienne Lecouvreur als die größte Schauspielerin ihrer Zeit und war Mitglied der 1680 erst nach dem Tode Molières entstandene Comédie Française, einer Art Nationaltheater. Ihr Ruhm wuchs mit den Jahren, ebenso wie ihr Rollenrepertoire, das von Elektra über Phaedra, Berenike bis zu Alkmene im Amphytrion reichte – fast alles tragische Frauengestalten.

Sie hatte zahlreiche Affären, u. a. mit einem Soldaten des Herzogs von Lothringen (oder dem Herzog selbst? Oder gar „Monsieur“, dem Bruder des Königs?), von dem sie 1710 eine Tochter bekam; sowie mit Moritz von Sachsen, einem illegitimen Sohn August des Starken. Diese Beziehung wurde ihr möglicherweise zum Verhängnis, denn sie hatte eine einflussreiche Rivalin, die Herzogin von Bouillon. Als Adrienne mit 38 Jahren starb, mutmaßten viele, die Bouillon habe sie vergiften lassen. Heutige Theorien gehen dahin, dass auch eine chronische Darmerkrankung wie Morbus Crohn die Ursache für ihren Tod gewesen sein könnte, doch mangels anthropologischer Untersuchungen ist das nicht mehr zu beweisen.

Da sie sich vor ihrem Tod nicht vor Zeugen vom Theater losgesagt hatte, verweigerte die Kirche ihr ein christliches Begräbnis. Seit der Spätantike waren „Komödianten“ exkommuniziert oder zumindest von der Kirche verdammt worden. Selbst der große Molière, der, wie wir gesehen haben, beinahe auf der Bühne starb, konnte nur unter großen Schwierigkeiten christlich bestattet werden. Bei Adrienne war es schlimmer: Nach ihrem Tod erschienen Abgesandte der Kirche in ihrer Wohnung, die ihren Leichnam fortbrachten und an einer für ihre Freunde unbekannten Stelle außerhalb der Friedhofsmauern am Seineufer (dem heutigen Marsfeld) verscharrten. Ihr enger Freund Voltaire schrieb daraufhin eine Ode an die Verstorbene, die mit dem verzweifelten Satz endet: „Dieux! Pourquoi mon pays n’est il plus la patrie/et de la gloire et des talents?“ („Warum ist mein Land nicht mehr die Heimat/sowohl des Ruhms als auch der Talente?“)

Was bleibt?

Das Schicksal der Adrienne Lecouvreur hat über ihren Tod hinaus die Menschen beschäftigt. 1902 schrieb Francesco Cilea eine Oper über sie, dazu kommen eine Operette und mehrere Filme, die sich mit ihrem Leben befassen. Im ersten davon spielte Sarah Bernhardt die Titelrolle, in einem späteren Joan Crawford.

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