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„Vater der deutschen Schauspielkunst“

Conrad Ekhof

Name: Hans Conrad Dietrich Ekhof

Lebensdaten: 12. August 1720 in Hamburg – 16. Juni 1778 in Gotha

Genre: „Menschendarsteller“

Besonderheit: „Vater der deutschen Schauspielkunst“

Obwohl heute beinahe vergessen, gilt Conrad Ekhof doch als einer der besten deutschen Schauspieler des 18. Jhs. Seine Bühnenfiguren waren realistischer und lebensnaher als alles, was man bis dahin auf der Bühne gesehen hatte. Er war ständig bestrebt, die Schauspielkunst zu verbessern, wozu auch seine eigens gegründete Schauspielakademie dienen sollte.

Wer war das?

Conrad Ekhof war der älteste Sohn eines armen Hamburger Schneiders (oder Schmiedes?), der nur mithilfe von Kirchenalmosen überhaupt die Schule besuchen durfte. Dort am Johanneum erhielt er erstmals über Schüleraufführungen Kontakt zum Theater, zudem wuchs er in unmittelbarer Nähe des Hamburger Opernhauses auf, der damals ersten öffentlichen Oper. Als 15-Jähriger ging er nach dem Tod seiner Mutter als Schreiber in den Dienst eines Postkommissars, kündigte jedoch wieder aufgrund erniedrigender Behandlung. Daraufhin verließ er Hamburg in Richtung Schwerin, wo er ebenfalls als Schreiber arbeitete. Bei dieser zweiten Anstellung hatte er die Möglichkeit, sich Bücher aus der Privatbibliothek seines Dienstherren auszuleihen und las so neben geschichtlichen Werken alle Dramentexte, derer er habhaft werden konnte.

Was hat ihn berühmt gemacht?

1739/40 ging er als Schauspielschüler zur damals schon berühmten Schönemann’schen Gesellschaft, wo er das erste seiner vielfältigen Engagements erhielt und bald ein unentbehrliches Ensemblemitglied wurde. Er spielte sowohl tragische Rollen als auch plattdeutsche Komödien, ließ sich also schon damals nicht auf einen Rollentypus festlegen. Leider war er nicht mit einem Heldenkörper gesegnet, sodass sich bestimmte Rollen von vornherein auszuschließen schienen. Doch was seinem Körper fehlte, machte seine faszinierende Stimme, die „an donnernder Macht, Zartheit und Wohllaut seinesgleichen auf der deutschen Bühne noch nicht gefunden hat“ mehr als wett (so sein Schüler August Wilhelm Iffland). Er suchte immer neue Ausdrucksformen, um authentische Menschendarstellungen auf die Bühne zu bringen und verbrachte viel Zeit mit dem genauen Studium seiner Mitmenschen. Die Truppe Schönemanns tourte vorwiegend in Norddeutschland, besonders beliebt war sie in Ekhofs Heimatstadt Hamburg. Ab 1750 war die Truppe sogar beim Herzog von Mecklenburg-Schwerin als Hofkomödianten angestellt; dies kam einer Festanstellung und somit einer Erholungspause vom unsteten Wanderleben gleich.

Die „Academie der Schönemannischen Gesellschaft“ – die erste Schauspielakademie Deutschlands

Die durch das Leben an einem Ort plötzlich reichlich vorhandene Zeit nutzte Ekhof 1753 zur Gründung seiner Schauspielakademie, die einerseits eine Erneuerung der Schauspielkunst, andererseits eine Standesverbesserung der noch immer missachteten Schauspieler zum Ziel hatte. Hierzu erneut Iffland: „Die Schauspielkunst galt in den Zeiten von 1740 … für ein mehr als leichtfertiges Wesen. Man hielt es für zweifelhaft, ob die, welche sich damit befaßten, der Seeligkeit teilhaftig werden könnten.“ Mitglieder waren seine KollegInnen bei der Schönemann’schen Gesellschaft und man tagte alle zwei Wochen Samstags zur festgelegten Uhrzeit „von zwey bis vier Uhr“.

Zunächst wurde die Entwicklung der Schauspielkunst als solches betrachtet, dann die Ausarbeitung einer „realistischeren Methode“ des Spiels, also einer möglichst getreuen Nachahmung der Natur, verbunden mit einer „Grammatik“ und bestmöglicher Bildung, die Voraussetzung dafür sein sollte, sich überhaupt „Künstler“ nennen zu dürfen. Vorhandene Stücke wurden neu bewertet und bei Nichtgefallen ausgemustert („cassirt“), da sie dem Theater „jetzt weder Nutzen noch Ehre verschaffen“ konnten (z. B. die Hanswurst-Burlesken, die schon der Neuberin ein Dorn im Auge gewesen waren). Solche Stücke durften von jetzt an nicht mehr aufgeführt werden. Auch die Reformansätze Gottscheds wurden neu überdacht und, wenn nötig, modifiziert. Kostüme, Bühnenbild und Beleuchtung – im damaligen Theater war es extrem dunkel – gehörten ebenfalls zu den Diskussionspunkten der Akademie, für die erstmals zuständige Verwalter eingesetzt wurden. Eine Hinwendung zu authentischen, zeitlich dem Stück entsprechenden Kostümen fand aber immer noch nicht statt. Nächster Punkt waren Moral und Disziplin der Schauspieler, die immer für alle ein Vorbild zu sein hatten, um nicht weiterhin aus der bürgerlichen Gesellschaft ausgeschlossen zu bleiben: „Kein Acteur oder Actrice soll mit beschmutzter Wäsche, befleckten Strümpfen oder unreinem Gesichte und Händen aufs Theater kommen.“ Eigens hervorgehoben wurde auch, dass man sich von Raufereien und Ausschweifungen aller Art fernhalten sollte. Wer dem nicht nachkam, konnte aus der Truppe entlassen werden.

Nach 17 Jahren – für einen Schauspieler damals eine erstaunlich lange Zeit – verließ Ekhof aufgrund von Differenzen die Schönemann’sche Gesellschaft. In den nächsten Jahren wechselte er mit seiner Frau Georgine, die er 1746 geheiratet hatte und die ebenfalls Schauspielerin war, von einem mehr oder weniger kurzzeitigen Engagement zum anderen – von Hamburg über Lübeck bis hin nach Danzig. 1764 schlossen sie sich der Ackermann’schen Gesellschaft an, die aufgrund ihres großen Erfolges in Hamburg sogar ein eigenes Schauspielhaus am Gänsemarkt betreiben konnte. Dort traf Ekhof auf einen weiteren Gleichgesinnten – Gotthold Ephraim Lessing, der inzwischen Chefdramaturg des Theaters war. Das ehrgeizige Projekt eines „Deutschen Nationaltheaters“ scheiterte allerdings schon nach zwei Jahren und die Truppe ging unter der Leitung von Abel Seyler wieder auf Wanderschaft nach Hannover. 1770 erkrankte Ekhof jedoch schwer und konnte lange nicht auf der Bühne stehen.

Im Jahre 1771 schließlich übernahm der wieder gesundete Ekhof die Prinzipalschaft der ehemals Seyler’schen Gesellschaft, ging zunächst nach Wetzlar und dann auf Einladung von Herzogin Anna Amalia (der Namengeberin der gleichnamigen Bibliothek) nach Weimar an den sog. Musenhof. Dieses Engagement endete leider schon bald durch einen verheerenden Theaterbrand im Jahr 1774. Ekhof und seine Leute reisten nach Gotha ans Hoftheater weiter, das sich unter ihm zu einem der wichtigsten Theater auf deutschem Boden entwickelte. Doch viele seiner Pläne mussten unerfüllt bleiben, denn schon 1778 starb Ekhof, durch die kräftezehrenden Wanderjahre geschwächt, im Alter von nur 58 Jahren. Seine letzte Bühnenrolle war prophetischerweise der Geist von Hamlets Vater. Er wurde unter einem großen „freundlichen Baum“ (Heinrich A. O. Reichard, Ekhofs Kollege in Gotha) auf dem Gothaer Friedhof beigesetzt, für einen Grabstein war kein Geld vorhanden.

Was bleibt?

Viele der Ideen, die Conrad Ekhof umsetzen wollte, wurden in den Jahren nach seinem Tod dann Realität. In der sog. Weimarer Klassik unter ihren führenden Köpfen Goethe und Schiller spielte das Theater eine entscheidende Rolle, aber auch eine Orientierung an der Klassischen Antike und die Auseinandersetzung mit der Französischen Revolution waren von Bedeutung. Zwar mag der Schauspieler Ekhof in diesem Rahmen in Vergessenheit geraten sein, seine Bühnenarbeit und seine chronologischen Schriften, möglicherweise Vorarbeiten für eine erste schriftlich festgehaltene deutsche Theatergeschichte, wirkten jedoch in der Entwicklung des deutschen Theaters noch lange nach.

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