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Hosenrollen und Theaterintendanz

Lucia Elizabeth Vestris

Name: Lucia Elizabeth Bartolozzi, verh. Vestris

Lebensdaten: Januar 1797 in London – 8. August 1856 ebenda

Genre: Komödie, Burleske

Besonderheit: Schauspielerin und Theatermanagerin

Wie aus einer gescheiterten Opernsängerin eine der gefeiertesten Berühmtheiten der Londoner Bühne der Regency-Epoche und frühviktorianischen Zeit wurde, zeigt die erstaunliche Lebensgeschichte der Lucia Elizabeth Vestris.

Wer war das?

Die Tochter eines italienischen Vaters und einer deutschen Mutter stammte aus einem künstlerischen Hause, schon der Großvater war ein berühmter Graveur gewesen. Sie selbst fühlte sich von Jugend an zur Bühne hingezogen und wollte Opernsängerin werden. Zwar hatte sie ein ansprechendes Äußeres und eine schöne Stimme, doch zur glamourösen Operndiva reichte ihr Talent nicht aus, wie ihr zahlreiche Misserfolge, etwa in Mozartpartien, schnell deutlich machten. Zugleich zeigte sie großes komödiantisches Talent, sodass sie bald nur noch in Boulevardkomödien, den sog. burlettas, auftrat, wo sie ebenfalls singen musste, aber eben keine vollständigen und anspruchsvollen Opernpartien. Bereits mit 16 Jahren heiratete sie den Tänzer Armand Vestris, dessen Nachnamen sie ihr Berufsleben lang führen sollte, obwohl die Ehe schon nach wenigen Jahren aufgrund ständiger Untreue des Ehemannes scheiterte. 1838 heiratete sie erneut: Charles Mathews, die große Liebe ihres Lebens, mit dem sie noch bis kurz vor ihrem Krebstod im Alter von 59 Jahren melancholische, pathetische Briefe wechselte, als dieser entweder auf der Flucht vor Schuldnern oder aber auf Tournee in der Provinz war.

Das machen nur die Beine von … Madame

Einen wirklich phänomenalen Erfolg feierte „Madame Vestris“, wie sie bald überall genannt wurde, jedoch in Hosenrollen. Bereits ihr erster Auftritt in Männerkleidern entfachte Begeisterungsstürme, und noch Jahre später schwärmten Zuschauer von ihren wohlgeformten Beinen. Diese wurden sogar in Gips abgeformt und an Verehrer verkauft bzw. als Schaufensterdekorationen verwendet. In der Folgezeit wurden zahlreiche Stücke mit Hosenrollen speziell für sie geschrieben oder umgeschrieben, so dass sie alles vom persischen Prinzen über Oberon und Orpheus bis zum englischen Dandy mit ihrer typischen Interpretation darstellte.

Was hat sie berühmt gemacht?

Bereits 1830, mit 33 Jahren, übernahm Elizabeth Vestris zum ersten Mal auch das Management eines Theaters, hatte sie doch ganz spezielle Vorstellungen davon, wie „ihr Theater“ zu sein habe. Sie stellte einen gewissen Anspruch nicht nur an die zu spielenden Komödien, sondern auch an das „bessere“ Publikum, das sie damit anlocken wollte. Das gelang ihr immer wieder und im Laufe ihres vergleichsweise kurzen Lebens war sie – später mit Unterstützung ihres zweiten Gatten – die Managerin des Olympic Theatre, von Covent Garden und von Drury Lane. Trotz oft ausverkaufter Häuser verschuldete sich das Paar immer wieder, was jedoch nur anfangs der luxuriösen Lebensweise zuzuschreiben war. Später war es allein das jeweilige Theater, das sie in den Bankrott und Mathews zeitweise ins Gefängnis brachte.

Realismus und Authentizität

Nicht nur die Spielweise der Elizabeth Vestris und ihres Gatten war überaus realistisch – insbesondere im Vergleich zum noch sehr beliebten pompösen Stil, den schon David Garrick bekämpft hatte –, auch die Szenenbilder und Kostüme sollten so originalgetreu wie möglich sein. Hatten frühere Theater nur einen begrenzten Fundus an Kostümen vorrätig, die nach Lust und Laune kombiniert wurden, war Vestris besessen von korrekter Recherche. Sie konsultierte zeitgenössische Gemälde der Handlung, ließ Vor-Ort-Recherchen durchführen und nahm sogar aktuelle Ausgrabungsergebnisse zum Vorbild für Kulissen und Kostüme, so etwa im Falle der Grabungen in Athen in den 1840er-Jahren. Dagegen waren Libretti und Musik leider umso weniger authentisch – eine Kompilation von umgeschriebenen, „geklauten“ und freiest adaptierten Versatzstücken aus bereits bestehenden oder neuen Stücken, zusammengetragen mit dem alleinigen Ziel der möglichst guten Unterhaltung des Publikums. Da agierten dann authentisch gewandete „griechische Götter“ in britischen Alltagsszenen oder nahmen tagesaktuelle Ereignisse aufs Korn. Dem Publikum war’s nur recht so – viele der unter der Ägide von Vestris auf die Bühne gebrachten „Extravaganzas“ waren immens erfolgreich und hatten nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung des englischen und europäischen Theaters.

Obwohl Vestris keine „ernsthafte Tragödin“ war, versuchte sie sich auch in Shakespeare-Rollen, so etwa als Ophelia. Doch ihr Genre war nun einmal die Komödie und das führte dazu, dass sie in „überarbeiteten“, das heißt leichter verdaulich gemachten Shakespeare-Stücken auftrat. Aber auch in den zu ihrer Zeit selten aufgeführten Komödien Love’s Labour’s Lost/Verlorene Liebesmüh’, das zum ersten Mal wieder seit 1605 aufgeführt wurde, und A Midsummernight’s Dream/Ein Sommernachtstraum war sie zu sehen. Hierin setzte sie ihre Tradition für Hosenrollen fort, denn sie spielte nicht etwa Titania, sondern Oberon – über die nächsten 70 Jahre sollten eine Reihe weiterer weiblicher Oberons die Bühne bevölkern.

Was bleibt?

Zwar taucht Elizabeth Vestris in den meisten Theatergeschichten nur marginal als gefeierte Darstellerin von Hosenrollen auf, doch ihre Bedeutung für die Theatergeschichte ist ungleich größer. Sie machte nicht nur die „leichten“ Komödien gesellschaftsfähig, sondern setzte auch neue Standards hinsichtlich Bühnentechnik, Kulissen und Kostüme – alles Aspekte, die von ihren Kollegen gerne übersehen wurden. Besonders die Zusammenarbeit mit dem Dramatiker James Robinson Planché und dem Bühnenmaler William Beverly war von entscheidender Bedeutung, auf die sich noch Generationen späterer Theatermacher berufen konnten.

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