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Einsamkeit und Gämsen im Karwendel

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Morgens hängen noch Wolken vom nächtlichen Gewitter am Himmel. Durch dichten Wald ziehen wir auf der breiten Forststraße ins Krottenbachtal. Bald schon wird der Weg schmaler. Nur noch ein Pfad führt durch dieses ursprüngliche Tal aufwärts. Mit der Zeit kämpft sich die Sonne durch die Wolken. Wir stapfen durch das hohe, regennasse Gras. Steil und anstrengend geht’s bergan, bis wir am Delpssee die sanften Wiesenhänge erreichen. Zwischen leuchtenden Wollgrasfeldern spiegelt sich die Sonne im Wasser. Nach vier Stunden Aufstieg haben wir uns eine Rast verdient, bevor wir über weites Wiesengelände zur Tölzer Hütte aufsteigen. Aus der Einsamkeit kommen wir ohne Übergang in den Hüttentrubel: Gleich dahinter geht es hinauf zum Schafreuter, einem beliebten Aussichtsberg. Doch auf unserem Weg nach Süden hat uns die Einsamkeit bald wieder. Die kleinen Pfade und steilen Grasberge sind keine Publikumsmagneten. Dafür bietet die Flora seltene Schätze, zum Beispiel den Ungarischen Enzian. Die Sonne steht im Zenit und brennt erbarmungslos. Endlich können wir an der Ochsentalalm unsere Wasservorräte auffüllen. Der steile Anstieg zum Hölzelstaljoch kostet uns die letzte Kraft, sodass wir uns einen Rastplatz suchen. Beim Aufbruch müssen wir feststellen, dass wir uns für den ersten Tag doch eine zu große Etappe vorgenommen haben. Der Rucksack ist schwer, die Hitze hat uns ausgelaugt. Der Weiterweg führt sehr steil zum Kamm hinauf. Erschöpft biwakieren wir an Ort und Stelle.

Gut ausgeruht ist der steile Hang problemlos zu bewältigen und der Weiterweg zum Grasberg fast ein Spaziergang. Nur eine kurze Felspassage mit losen Drahtseilen nötigt uns zur Vorsicht. Unterwegs kommen wir einigen Gamsrudeln ganz nahe. Über die Grasbergalm ziehen wir weiter zum Kompar. Ein kurzer Abstecher bringt uns auf seinen Gipfel. Von oben sehen wir zum ersten Mal den Olperer. Er sieht so endlos fern aus, wie er im Dunst des Sommertages über einem Karwendeljoch grüßt, und doch wollen wir in einigen Tagen an seinem Fuß Vorbeigehen. In der Hitze des Tages zieht sich der weitere Weg in die Länge. Endlich erreichen wir die Falzthurnalm, wo wir ein einfaches Zimmer finden und mit Kässpatzen gut versorgt werden.

Ein strahlender Morgen erwartet uns. Steil führt uns der Weg hinauf zur Dristlalm. Kurz vor der Almhütte ändert sich die Landschaft und ein lieblicher Talboden öffnet sich. Die Holzhütte steht idyllisch an einem Teich, zwischen alten, fantastischen Lärchen. Über die herrlichen Wiesenböden des Nauderer Karl schlendern wir zum Kaserjoch. Unterwegs begegnen wir einer Gruppe Jäger und später wieder Gämsen. Von beiden gibt es im Karwendel wohl viele. Traumhafte Blumenwiesen mit Kohlröserln und verschiedenen Enzianarten locken uns auf die Kaserjochspitze. Vor allem die vielen Kohlröserl »zwingen« uns immer wieder auf die Knie – sie duften verführerisch nach Vanille. Der Abstieg wird immer heißer und trockener. Wir sind froh, an der Stallenalm unsere Wasservorräte auffüllen zu können. Durch das schöne Tal kommen wir zum Parkplatz an der Bärenrast. Der »Almsteig« nach Vomperberg ist nicht so prickelnd. Aber dieser langweilige Forstweg führt uns direkt zum Gasthof Karwendelrast, unserem Tagesziel.

Nun heißt es Abschied vom Karwendel nehmen. Über einen kleinen Steig geht’s steil abwärts in die schattige Schlucht des Vomper Baches. Nur Wasserrauschen ist in der wilden, romantischen Klamm zu hören. Erst an einem kleinen Elektrizitätswerk holt uns der lärmende Alltag wieder ein. Wir erreichen die Landstraße. Über diese kommen wir nach Weer.

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