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Über die Wasserscheide – Gewitter im Hochgebirge
ОглавлениеWir haben Glück und können per Anhalter bis nach Innerst fahren. So bleiben uns etliche Kilometer Asphaltmarsch erspart. Der Aufstieg zum Geiseljoch trifft hier eine viel befahrene Radroute über die Alpen, oft werden wir von Radfahrern überholt. Beim langsamen Gehen genießen wir den herrlichen, dichten Wald. Im Unterholz wächst Farn, auf dessen Blattwerk immer wieder kleine Sonnenflecken tanzen. Auf der Weidener Hütte sehen wir die meisten Radler wieder. Unsere Etappe bis Sterzing wird die längste ohne Talabstieg zwischendurch. Um das Rucksackgewicht erträglich zu halten, wollen wir unterwegs auf Hütten essen, so auch hier.
Gut getarnt im Sommerkleid – Alpenschneehuhn
Die ersten Quellwolken schießen bereits mittags in die Höhe. Doch der Hüttenwirt beruhigt uns. Zuversichtlich ziehen wir weiter. Ein bedrohlicheres Bild bietet sich nachmittags am Geiseljoch: Über dem Zillertaler Hauptkamm hängen tiefdunkle Wolkentürme. Während wir zur Vallruckalm queren, hören wir in der Ferne erstes Donnergrollen. Ein wenig abseits der Alm bauen wir unser Zelt auf. Wir wählen den Platz sorgfältig. Ein Grasfleck mit tiefen, trockenen Gräben außen herum müsste geeignet sein. Bis es zu regnen beginnt, beobachten wir das Gewitterschauspiel. Dann scheint der Weltuntergang gekommen. Der Regen prasselt auf unser Zelt, Gespräche werden völlig unmöglich. Nach einer halben Stunde drückt Wasser von der Seite an den Zeltboden und die Schuhe unter der Apsis beginnen zu schwimmen. Das Wasser steigt bis zum Reißverschluss. Lange kann das Zelt nicht mehr dichthalten. Wir spurten aus unseren Schlafsäcken, bauen das Zelt in Rekordzeit ab. In der nahen Almhütte bitten wir um Unterschlupf.
Zeltküche am Landshuter Höhenweg, im Hintergrund Hochfeiler, Zillertaler Hauptkamm und Rotes Beil
Morgens plätschert der kleine Almbach wieder friedlich in den sonnigen Wiesen. Am Abend war er schlammig-grau und reißend. Wir kommen flott in die Nasse Tux. Erste Nebelfetzen steigen rasch höher. An den Torseen haben sie uns eingeholt. Wir haben keine Brotzeit mit Aussicht, sondern kauen bei frischem Wind und Nebel auf unseren Schnitten. In der Junsalm grübeln wir, ob das Wetter wohl halten wird, wagen aber doch den Weiterweg zu den Toten Böden. Unterwegs tröpfelt es etwas und wir suchen unseren Zeltplatz noch sorgfältiger aus als am Vortrag – möglichst wenig dem Blitzschlag ausgesetzt und dennoch absolut überflutungssicher. Dafür nehmen wir eine merkliche Schieflage in Kauf. Ein kurzer Schauer treibt uns ins Zelt. Es blitzt und donnert ein wenig, doch das war’s dann auch schon.
Über Nacht klart es auf. Die Regentropfen auf dem Zelt sind am Morgen zu winzigen Eiskugeln gefroren. Der strahlende Sonnenschein saugt den Regen aus dem Boden. Bald wabern wieder Nebel um uns, wir brechen auf. Am Tuxer Joch begrüßt uns endlich die Sonne. Die Wolken ziehen sich immer weiter zurück, direkt vor uns strahlt der Olperer. Groß sieht er aus. Hier wird uns bewusst, welche Distanzen wir zu Fuß überwinden können. Wie weit wir auch ohne Auto, Zug oder Flugzeug kommen. Das Tuxerjochhaus und das nahe gelegene Skigebiet lassen wir hinter uns und queren in den Kaserer Winkel. Üppige Blumenwiesen liegen an unserem Weg. Nach mehrmaligem Auf und Ab stehen wir in der Kleegrubenscharte. Von hier führt uns ein ziemlich neuer Weg zuerst über Wiesen, später auf gut gesichertem Pfad durch die Vordere Höllwand in die Hölle. Über Blockwerk geht es fast eben dahin zum Steinernen Lamm und zur Geraer Hütte. Da die Hütte im Naturschutzgebiet Valser Tal liegt, übernachten wir dort. Wir wollen Ärger lieber vermeiden.
Unterwegs zum Pfitscher Joch, im Hintergrund Hochfeilermassiv mit Hochferner und Griesferner, Zillertaler Alpen