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C. Standort in der Gesamtrechtsordnung

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Welchem der beiden großen Rechtskreise gehören das Urheberrecht und die Rechte des Gewerblichen Rechtsschutzes an? Dem Privatrecht, bei dem sich die Beteiligten gleichberechtigt gegenüberstehen (Koordination), oder dem öffentlichen Recht, bei dem der Bürger dem Staat untergeordnet ist (Subordination)?

Beispiele:

Unternehmer U geht vor gegen

1. Unternehmer A, weil dieser einen Gegenstand, für den U ein Patent, ein Gebrauchsmuster oder ein eingetragenes Design hat, unbefugt gewerbsmäßig herstellt (§§ 9, 139 PatG, §§ 11, 24 GebrMG, §§ 38, 42 DesignG);
2. Unternehmer B, weil dieser die für U eingetragene Marke „Orizur“ widerrechtlich benutzt (§ 14 MarkenG);
3. Unternehmer C, weil dieser in seiner Werbung behauptet, seine Säfte schmecken besser als die des U (§§ 6,3 I, 8 I UWG);
4. Unternehmer D, weil dieser seinen künstlerisch gestalteten Werbeprospekt unbefugt nachahmt (§ 97 UrhG).

In allen vier Fällen stehen sich U einerseits, A, B, C und D andererseits gleichberechtigt gegenüber: keiner ist dem anderen untergeordnet. Ergebnis also: Das Urheberrecht und die gewerblichen Schutzrechte gehören grundsätzlich dem Privatrecht an.

Im Rahmen des Privatrechts unterscheidet man bekanntlich das allgemeine und das besondere Privatrecht. Das allgemeine Privatrecht gilt für alle Bürger; es ist das bürgerliche Recht. Das Sonderprivatrecht gilt nur für bestimmte Personenkreise, z.B. für Kaufleute, für Arbeitnehmer. Wie nun das Handelsrecht das Sonderprivatrecht der Kaufleute, das Arbeitsrecht das der Arbeitnehmer darstellt, so ist auch der Gewerbliche Rechtsschutz Sonderprivatrecht, ebenso wie das Urheberrecht.

Aus dieser systematischen Stellung der genannten Schutzrechte als Sonderprivatrecht ergibt sich eine bedeutsame Erkenntnis: Sie sind im Grundsatz Spezialnormen, leges speciales, im Verhältnis zu den allgemeinen Normen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), den leges generales. Die lex specialis hat bekanntlich Vorrang vor der lex generalis. Dem BGB kommt daher nur lückenausfüllender Charakter zu. Diese Erkenntnis ist vor allem wichtig in Bezug auf den Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, ein sonstiges Recht i.S. von § 823 I BGB.

Beispiel:

Unternehmer A stellt eine Sache, auf die U ein Patent hat, gewerbsmäßig her. Hierbei wird neben § 9 PatG auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, ein sonstiges Recht im Sinne des § 823 I BGB, verletzt. Die letztere Vorschrift kommt hier als lex generalis nicht zur Anwendung, da wir in § 9 PatG eine Sondervorschrift haben.

Drücken wir es einmal anders aus: Das Konkurrenzproblem Sonderschutzrechte – BGB ist nach dem Prinzip der Subsidiarität zu lösen. Die Regeln des BGB sind subsidiär. Sie dürfen im Rahmen der Sonderschutzrechte nicht angewendet werden. Ausnahmen hiervon sind nur dann zulässig, wenn ergänzend Lücken zu schließen sind, die durch die Sonderschutzrechte nicht gedeckt und dennoch regelungsbedürftig sind. Für die Annahme derartiger Ausnahmefälle bedarf es jedoch konkreter Anhaltspunkte (BGH, GRUR 2009,871 – Ohrclips).

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Wie sich in den Sonderprivatrechtsbereichen des Arbeits- und des Handelsrechts einige Gebiete finden, die dem öffentlichen Recht angehören (z.B. das Arbeitsschutzrecht sowie die Pflichten zur Anmeldung beim Handelsregister und zur Führung von Handelsbüchern), so gibt es auch bei den gewerblichen Schutzrechten Bereiche, die öffentliches Recht sind. Es sind dies zum Beispiel die zur Entstehung des Patent-, Gebrauchsmuster-, eingetragenen Design- und Markenrechts erforderliche Mitwirkung des Deutschen Patent- und Markenamtes oder die Strafbarkeit bei vorsätzlicher Verletzung der gewerblichen Schutzrechte. Auch im Urheberrecht und im UWG finden sich Teilbereiche öffentlichen Rechts, insbesondere strafrechtliche Vorschriften.

Grundriss Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht

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