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F. Verhältnis vom Urheberrecht zu den Sonderrechten des Gewerblichen Rechtsschutzes

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Auch wenn das Urheberrecht und der Gewerbliche Rechtsschutz gewisse Parallelen aufweisen, so erfahren die beiden Rechtsgebiete dennoch eine unterschiedliche dogmatische Einordnung. Das Urheberrecht liegt auf kulturellem Sektor, der Gewerbliche Rechtsschutz, wie sein Name sagt, auf dem gewerblichen Bereich.

Dies darf aber nicht dahingehend aufgefasst werden, dass mit gewerblichen Unternehmen nur Rechte des gewerblichen Rechtsschutzes verbunden sein könnten. Es ist im Einzelfall durchaus möglich, dass im geschäftlichen Bereich Urheberrechte entstehen können.

Beispiel:

Ein Unternehmer hat für seinen Betrieb einen künstlerisch gestalteten Werbeprospekt entwickelt: Urheberrecht nach §§ 1, 7, 2 UrhG.

Maßgebend, ob ein Urheberrecht entsteht, ist allein, ob die materiellen Voraussetzungen eines Werkes vorliegen (§ 2 UrhG). Ist dies der Fall, so ist es nicht urheberrechtsschädlich, wenn dabei weitere Zwecke verfolgt werden, wie hier etwa Werbezwecke.

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Das bedeutet jedoch nicht, dass nicht an ein- und demselben Gegenstand sowohl ein Urheberrecht als auch ein technisches Schutzrecht bestehen könnte. Es ist möglich, dass das gleiche Produkt – etwa ein Bilderrahmen, eine Schnalle – durch seine ästhetische Form eine persönliche geistige Schöpfung darstellt (§ 2 II UrhG) und außerdem durch seine technischen Funktionen die Rechtsvoraussetzungen eines technischen Schutzrechtes erfüllt. Die Abgrenzung im Einzelfall kann recht schwierig sein, vor allem bei den Werken der angewandten Kunst (§ 2 I Ziff. 4 UrhG), die Gebrauchszwecken dienen. Bei solchen Gebrauchsgegenständen muss – über die technisch notwendigen oder auch nur technisch bedingten Gestaltungsmerkmale hinausgehend – ein durch eine künstlerische Leistung geschaffener ästhetischer Gehalt (Rn. 23 ff.) vorliegen, um als Werk im Sinne von § 2 II UrhG anerkannt zu werden. Bei der Formgestaltung eines Kletternetzes sah der BGH eine derartige künstlerische Leistung nicht. Die Formgestaltung dieses Klettergerätes mag man zwar als eine technische Leistung betrachten, jedoch nicht als eigenschöpferisches Kunstwerk (BGH, 12.5.2011, Az. I ZR 53/10 – Seilzirkus).

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Abgrenzungsprobleme Urheberrecht / Patentrecht treten recht häufig bei der Schnittstelle Software auf. Letztere ist dem Urheberrecht (§ 2 I Ziff. 1 UrhG) zugeordnet und dem Patentrecht (§ 1 III Ziff. 3 PatG) nicht zugänglich. Dies gilt – und dieser Ausgangspunkt ist einfach – für die reine Software als solche. Bedeutet dies aber, dass Computerprogramme dem Patentschutz gänzlich unzugänglich sind? Oder muss die „reine Lehre“ der Patentunfähigkeit Ausnahmen erleiden? Ein Beispiel aus der Praxis mag dieses zunächst theoretisch anmutende Problem beleuchten: Denken wir etwa an eine Maschinensteuerung. Früher wurden Maschinen durch Mechanik, Hydraulik, Pneumatik oder Elektrotechnik – also zweifelsfrei durch technische Vorgänge – gesteuert, heute durch ein Computerprogramm.

Es geht hier um die Problematik der Patentierbarkeit von Erfindungen, in denen Software eine Rolle spielt, also der softwarebezogenen Erfindungen, der „computerimplementierten Erfindungen“, letztlich der Softwarepatente.

Über diese Frage ob, oder inwieweit solche computerimplementierte Erfindungen – eine verbindliche Definition dieses Begriffes gibt es nicht – patentfähig sind, wurden und werden immer wieder hitzige Diskussionen geführt, was ja durchaus verständlich ist, da es hier um massive wirtschaftliche Interessen geht.

Mit dem Ziel der Harmonisierung der Patenterteilungspraxis brachte die Europäische Kommission im Jahre 2002 eine Richtlinie über „computerimplementierte Erfindungen“ auf den Weg. Nach heftigen Grundsatzdebatten wurde diese Richtlinie im Juli 2005 vom Europäischen Parlament in Straßburg abgelehnt. Somit bleibt es bei den nationalen und europäischen Handhabungen.

Nach deutscher und europäischer Rechtspraxis wurde bei computerimplementierten Erfindungen Patentfähigkeit dann anerkannt, wenn das Computerprogramm einen Beitrag leistet, um ein technisches Problem mit technischen Mitteln zu lösen (BGH, Xa 20/08, v. 22.4.2010 – Dynamische Dokumentengenerierung). Im Einzelnen sind die Grenzen hier sehr fließend.

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Das Verhältnis zwischen dem Urheberrecht und dem eingetragenen Design ist differenziert zu sehen: Urheberrechte an Werken der Literatur und Wissenschaft haben wegen des ganz anderen Gegenstandes keine Berührungspunkte mit dem eingetragenen Design. Hingegen ist die Grenzziehung zwischen Werken der Kunst, insbesondere der angewandten Kunst, und dem eingetragenen Design nicht ganz einfach, da es vom Tatsächlichen her gesehen in beiden Fällen um gestalterische Leistungen geht. Von der gesetzlichen Terminologie her betrachtet, sind die Kriterien jedoch verschieden. Beim Urheberrecht geht es um eine eigenpersönliche Schöpfung, beim Designrecht hingegen um eine Design-Leistung mit „Eigenart“. Dementsprechend stehen diese beiden Schutzrechte aus derzeitiger Sicht – früher sah man einen engen Bezug im Sinne einer Stufung innerhalb „eines wesensgleichen Schutzrechtes“ – völlig unabhängig und eigenständig nebeneinander. Es ist durchaus möglich, dass eine bestimmte Erscheinungsform eines Objektes sowohl den Anforderungen des geschützten Designs (§ 2 DesignG) als auch denen des Urheberrechts (§ 2 II UrhG) entspricht. In derartigen Fällen besteht Koexistenz von Urheberrechtsschutz und Designschutz, so dass sowohl die Vorschriften des Urheberrechts als auch die des Designrechts Anwendung finden. Ein solcher Doppelschutz ist nicht nur im Rahmen unseres deutschen Rechts möglich, sondern auch im Verhältnis des europäischen Gemeinschaftsgeschmacksmusters zu den jeweiligen nationalen Urheberrechten (Art. 96 II GGVO; vgl. Rn. 895 ff.).

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Urheberrechte und Marken schließen sich nicht aus. Sie können, je nach Sachlage, nebeneinander treten und sich gegenseitig ergänzen. Ein Beispiel:

Ein Unternehmer hat ein künstlerisch gestaltetes Zeichen entwickelt. Dieses kann Urheberrechtsschutz genießen. Wird es im Zusammenhang mit der Werbung für eine Ware oder Dienstleistung verwendet und dabei bekannt, so kann es neben dem Urheberrechtsschutz auch Schutz als Marke durch Verkehrsgeltung (§ 4 Ziff. 2 MarkenG) erlangen. Wird es als Marke eingetragen, so treffen ohnehin Markenschutz und Urheberrechtsschutz zusammen.

Grundriss Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht

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