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04 VON DER CHANCE ZUR PFLICHT

Chancengerechtigkeit ist ein etwas angestaubter Begriff, und eigentlich misstrauen wir ihm. Denn der Ausbau der nachobligatorischen Bildung hat die Chancen der Arbeiterkinder nicht verbessert, im Gegenteil: Von der Öffnung vor einem halben Jahrhundert hat vor allem die Oberschicht profitiert.1 Zwar hat die Chance, ein Hochschulstudium zu absolvieren, insgesamt zugenommen. Doch von dieser Chance haben Kinder der Unterschicht nicht viel mitbekommen. Entgegen der landläufigen Meinung ist der Prozentsatz von sozialen Aufsteigern in der Schweiz im 20. Jahrhundert stabil geblieben. Für Arbeiterkinder hat sich die Situation sogar verschlechtert.

Heute besucht weniger als ein Viertel der Arbeiterkinder ein Gymnasium, von den Akademikerkindern sind es mehr als drei Viertel.2 Bei vergleichbaren kognitiven Fähigkeiten entscheiden sich fast 90 Prozent der Akademikerkinder für ein Gymnasium und ebenso viele Arbeiterkinder für eine Berufslehre.

Für die Arbeiterkinder ist es heute schwieriger, ans Gymnasium und an die Universität zu kommen. Denn: Das Elternhaus ist der entscheidende Faktor geblieben. Akademikereltern sind darum bemüht, ihre Kinder ans Gymnasium und an die Universität zu schicken. Deshalb verschärft sich der Verdrängungskampf laufend. Heute laufen sozialer Aufstieg und Integration weniger über das Gymnasium und die Universität als über den dualen Weg: die Berufs- und Fachmaturität, die Fachhochschulen und die höhere Berufsbildung. Aber auch dort zeigt sich: An Fachhochschulen studiert eher, wer aus bildungsnahem Elternhaus kommt.

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