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Arbeit

Er fuhr sich kratzend mit den Fingern über den alters-behaarten Bauch. Dann trottete Zaplinski zur Kochnische und schaltete die Kaffeemaschine ein.

Der mit Abstand luxuriöseste Einrichtungsgegenstand in der Behausung erwachte lärmend zum Leben. Zaplinski nahm eine schon geöffnete Packung Milch aus dem Kühlschrank und schnüffelte skeptisch daran. Mit dem Ergebnis zufrieden, füllte er den Milchbehälter, stellte ein hohes Glas unter die Maschine und drückte im Display auf Latte Macchiato. Das Gerät begann krachend die Bohnen zu schreddern und blies mit einem Zischen die Milchdüse frei. Zaplinski gähnte ausgiebig und fuhr sich mit der Hand durch die wie immer widerspenstig hochstehenden und noch erstaunlich vollen grauen Haare.

Als der elektrische Barista mit der Zubereitung fertig war, genoss Zaplinski den frischen Duft und nahm seufzend den ersten Schluck. Dann ging er zurück ins Bad. In seinem Alter schaffte man es morgens nie, die Blase beim ersten Mal zu leeren.

Zaplinski hockte sich wieder auf die Klobrille und genoss mit selig-dümmlichem Gesichtsausdruck den nachlassenden Druck. Da brummte sein Handgelenk.

Die Rufnummer, die seine Smartwatch jetzt anzeigte, begann mit 4664 … Er kannte sie nur zu gut: Lagezentrum, sprich Arbeit, sprich freier Tag adé. Was soll's, anderweitige Pläne hatte es eh nicht auf seiner Agenda gegeben.

Ein junger Zaplinski wäre jetzt sofort aufgesprungen, um den Anruf entgegenzunehmen. Aber der alte Silberrücken hatte die Ruhe weg. Er nahm grundsätzlich nie vor dem dritten Klingelzeichen ab. Oft genug erledigten sich Anrufe bis dahin von selbst.

Seine Erfahrung hatte ihn auch gelehrt: Wenn man uns ruft, ist eh alles gelaufen. Feuerwehr und Notarzt: die müssen fix sein, Leben retten, okay, da ist Schnelligkeit gefragt. Aber wir, wir fegen doch nur hinterher die Scherben auf.

Unchristliche Eile schadet nur, war sein Grundsatz und den predigte er auch seinen Mitarbeitern. Zaplinski ließ also das Handy weiter dudeln und laufen, was laufen musste. Noch so ein Prinzip: Erstmal Einsatzbereitschaft herstellen! Mit anderen Worten: Geh noch mal aufs Klo, du weißt nicht, wann die nächste Gelegenheit kommt. Und fünf Meter neben einer Leiche gegen den Baum pinkeln? Das konnte in Zeiten wo ständig irgendein Honk Handyfotos von allem und jedem schoss, nur eine Idee sein für jemanden, der auf seinen kurzen Moment der Weltberühmtheit scharf ist.

Zaplinski stand auf, zerrte die Unterhose halbherzig über den schlaffen Hintern und griff sich das Smartphone vom Beistelltisch neben dem Bett. In der Telefonbuch-App wischte er sich durch zu „Kolbow, Bernhard“. Wenn das Lagezentrum ihn nicht erreichte, versuchte man es automatisch bei seinem Stellvertreter.

Der war wie gewohnt nach dem ersten Klingeln gleich dran. „Hallo Zappa. Leiche in Öffentlichkeit, Fremdverschulden. Tegeler Fließ. Magga holt dich gleich ab.“

Der Erste Kriminalhauptkommissar gähnte noch einmal mit Inbrunst. Dann machte er sich wieder auf den Weg ins Bad, unter die Dusche. Damit er fertig war, wenn Magga käme. Małgorzata Czerny, seine neue Mitarbeiterin.

Beim ersten Kennenlernen war das Gespräch auf ihre polnische Herkunft gekommen. Ihre Familie stamme aus Danzig, hatte sie erzählt und Zaplinski gefragt, wo in Polen denn seine Wurzeln liegen würden. Als er daraufhin überrascht den Kopf schief gelegt hatte, hatte sie ihm erklärt, sein Name wäre ja wohl definitiv auch polnischen Ursprungs. Das war ihm neu gewesen. Tatsächlich hatte er bisher noch nie einen Gedanken an die Geschichte seines Familiennamens verschwendet. Aber er war neugierig geworden und fand später im Internet heraus, dass Magga recht gehabt hatte.

Sein Nachname war eine Ableitung von einem Ort namens Czaplin nahe Warschau. Zaplinskis Familie allerdings lebte schon seit Generationen in Berlin und ließ sich nicht konkret nach Polen zurückverfolgen. Na gut, so ernsthaft hatte er auch nie in seinem Stammbaum nachgeforscht.

Als er schon mal dabei war, hatte Zaplinski auch seinen Vornamen durch die Suchmaschine gejagt. Eine der Bedeutungen von „Dieter“ lautete da: „Der Reiche des Volkes“, aber das passte angesichts seines Kontostandes eher nicht. Die Version „Herrscher des Volkes“ allerdings hatte Zaplinski ausnehmend gut gefallen.

Dieter Zaplinski, Herrscher des Kripovolkes von Wittenau. Das hörte sich doch passend an, fand er in einem Anflug von Größenwahn.

Vor seinem geistigen Auge sah er sich in einer Tunika mit Lorbeerkranz und in Feldherrenpose auf einem Hügel vor seinen kampfbereiten Kohorten posieren.

Bereit zum Kampf gegen das Böse.

Tod am Fließ - Zaplinski ermittelt

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