Читать книгу Petersburg - Andrei Bely - Страница 13
Ein Schreibtisch stand dort
ОглавлениеApollon Apollonowitsch suchte sich auf den laufenden Geschäftstag einzustellen; plötzlich standen deutlich vor ihm die Berichte des gestrigen Tages; er sah vor sich die gefalteten, auf seinem Schreibtisch liegenden Akten, ihre Anordnung, die von ihm auf den Akten gemachten Notizen, die Buchstabenform der Schrift, den Bleistift, mit dem er blau »Folge geben«, rot »Information« geschrieben hatte.
In der kurzen Zeit von der Treppe zum Arbeitszimmer veränderte Apollon Apollonowitsch durch eigenen Willen das Zentrum seines Bewußtseins; alles Spiel des Gehirns wurde an den Rand des Gesichtsfeldes geschoben: ein Häufchen parallel gelegter Akten aber bekam seinen Platz im Zentrum jenes Feldes.
Apollon Apollonowitsch öffnete die Tür des Arbeitszimmers.
Der Schreibtisch stand auf seinem Platz, und ihn bedeckte ein Haufen von Akten; Holzscheite knisterten im Kamin; ehe er in die Arbeit versank, wärmte Apollon Apollonowitsch seine frierenden Hände am Kamin; doch das Spiel des Gehirns fuhr fort, seine nebelhaften Flächen zu bauen und begrenzte das senatorische Gesichtsfeld.
Apollon Apollonowitsch blieb in der Tür stehen — denn — wie nun anders?
Das harmlose Gehirnspiel schob sich wieder in sein Gehirn, das heißt in den Haufen von Akten und Bittgesuchen.
Apollon Apollonowitsch erinnerte sich: das Individuum hatte er schon einmal gesehen.
Das Individuum sah er ein mal — denken Sie — im eigenen Hause.
Er weiß noch: er stieg die Treppe hinab, um zum Empfang zu erscheinen; auf der Stiege stand Nikolai Apollonowitsch und unterhielt sich, über die Brüstung gelehnt, mit jemand, der unten stand: Nikolai über seine Bekanntschaften auszufragen — dazu hielt der Staatsmann sich nicht für befugt; das Taktgefühl hinderte ihn auch damals geradeheraus zu fragen:
»Sag’ mal, Nikolinka, wer ist es, der dich da besuchte, mein Engel?«
Nikolai hätte die Augen zu Boden geschlagen und hätte gesagt:
»Nun so, Vater, mich besuchen eben . . .«
Damit hätte das Gespräch sein Ende gehabt.
Deswegen hatte auch Apollon Apollonowitsch für die Person des Individuums im dunklen Mantel, das unten stand, kein Interesse gezeigt. Der Unbekannte hatte dasselbe schwarze Schnurrbärtchen und dieselben Augen, dieselben absonderlichen Augen (solchen Augen können Sie nachts in der Moskauer Kapelle des Märtyrers Panteleymon begegnen: diese Kapelle ist berühmt durch Heilung Besessener; solche Augen würden Sie auf den Photographien sehen, die den Lebensbeschreibungen bedeutender Menschen beigegeben sind; und schließlich: solche Augen sehen Sie in neuropathischen und selbst psychiatrischen Anstalten).
Schon damals hatten die Augen sich geweitet, zu spielen, zu glänzen begonnen; also war das schon einmal gewesen und wird sich vielleicht wiederholen.
»Über alles — ja, ja . . .«
»Notwendig . . .«
»Genaueste Information . . .«
Seine genauesten Informationen bekam aber der Staatsmann nicht auf direktem, sondern auf verschlungenem Wege.
Apollon Apollonowitsch sah durch die Tür seines Arbeitszimmers: Schreibtische, Schreibtische! Haufen von Akten! Über die Akten gebeugte Köpfe! Kratzen der Federn! Knistern der umgeschlagenen Blätter! Was für fieberhaft gigantische papierne Tätigkeit!
Apollon Apollonowitsch versank beruhigt in die Arbeit.