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Der Bewohner der Inseln2)
ОглавлениеEs war der letzte Tag des Septembers.
Auf der Wassiljewskij-Insel in der Tiefe der »siebzehnten Linie« blickte aus dem Nebel ein Haus, groß und grau; vom winzigen Hofraum führte eine schwarze, etwas schmutzige Treppe hinein: es gab da Türen und Türen. Eine davon wurde geöffnet.
Ein Unbekannter mit schwarzem Schnurrbärtchen erschien an der Schwelle.
Dann begann der Unbekannte langsam die Treppe herunterzusteigen. Er kam von der Höhe des fünften Stockwerkes, vorsichtig über die Stufen tretend; in seiner Hand wiegte sich, gleichmäßig, ein nicht gerade kleines, aber auch nicht sehr großes Paket in einer schmutzigen Serviette mit rotem Rand eines abgefärbten Fasanenmusters.
Mein Unbekannter zeigte sich ungemein vorsichtig im Behandeln des Pakets.
Es war selbstverständlich die Hintertreppe, und sie war mit Gurkenschalen und mehrfach zertretenen Kohlblättern bedeckt. Der Unbekannte mit dem schwarzen Schnurrbärtchen rutschte darauf mehrmals aus.
Mit einer Hand ergriff er dann das Treppengeländer, während die andere (mit dem Bündel) in der Luft eine nervöse Zickzacklinie beschrieb; doch die Zickzacklinie betraf nur den Ellbogen; mein Unbekannter wollte offenbar das Bündel vor einem ärgerlichen Zufall bewahren: vor jähem Sturz auf die steinerne Stufe.
Auch weiter unten, bei einer Begegnung mit dem Hausmeister, der beladen mit Brennholz nach oben ging, zeigte mein Unbekannter in intensivster Weise seine delikate Sorge um das Paket, das an die Holzscheite anstoßen konnte; die im Bündel verwahrten Gegenstände mußten besonders zerbrechlicher Natur sein.
Sonst wäre das Benehmen meines Unbekannten nicht zu verstehen.
Als mein bemerkenswerter Unbekannter vorsichtig die schwarze Ausgangstür erreicht hat, prustete eine schwarze Katze vor seinen Füßen und lief mit gehobenem Schwanz, seinen Weg überquerend, davon. Das Gesicht meines Unbekannten durchzog ein krampfhaftes Zucken, den Kopf aber warf er nervös nach hinten, wobei sich ein zarter Hals zeigte.
Und nun ist er im Hofe, in dem mit Asphalt gepflasterten, von den fünf Stöcken des vielfenstrigen Riesen eingezwängten Viereck. Inmitten des Hofes standen regelmäßige Holzstapel, und man sah noch ein Stück der vom Winde abgekahlten »siebzehnten Linie«.
Der Unbekannte von der Insel haßte Petersburg schon immer: dort — dort erhob es sich, das Petersburg, aus einer dichten Wolkenwoge; dort schwebten Häuser; dort schwebte, schien es, über den Häusern etwas Gehässiges und Dunkles, dessen Atem mit dem Eis seines Granits und seiner Steine die einst grünen, lauschigen Inseln fest eingezwängt hat. Ein befremdend Kaltes, Dunkles, Schweres starrte von dort aus kämpfendem Chaos; starrte mit steinernem Blick und schlug in wahnsinnigem Flug mit seinen Fledermausflügeln; und peitschte mit schwerwiegendem Wort die Armut der Inseln, und aus dem Nebel traten Schädel und Ohren hervor: so war nämlich vor kurzem auf dem Titelblatt eines Gassenblättchens jemand abgebildet gewesen.
Der Unbekannte dachte daran und drückte in der Tasche seine Faust fest zusammen; er dachte an ein von jemand gesagtes grausames Wort, und er dachte noch, daß die Blätter an den Bäumen schon fielen.
Unsererseits sagen wir aber: O, ihr russischen Leute, ihr russischen Leute: Laßt nicht die Scharen der aus den Inseln gleitenden Schatten an euch heran! Fürchtet die Insulaner! Sie haben das Recht, sich frei im Reiche zu siedeln: sind nicht deswegen Brücken, schwarze und graue, über die lethischen Gewässer zu den Inseln gespannt? Abbrechen sollte man sie . . .
Zu spät . . .
Die Polizei dachte nicht daran, die Nikolajewsche Brücke fortzuschaffen; nun wälzten sich dunkle Schatten über die Brücke; unter diesen Schatten spannte sich auch der düstere des Unbekannten. In der Hand dieses Schattens wiegte sich gleichmäßig ein nicht ganz kleines und doch nicht allzu großes Paket.