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Vorwort
ОглавлениеMeine erste Begegnung mit Jonny Fischer liegt bald drei Jahre zurück. Damals hatte ich für die »Schweizer Familie« ein Doppelinterview mit Divertimento, einem der erfolgreichsten Schweizer Comedy-Duos, geplant. Doch Manu Burkart, Jonnys Bühnenpartner, war kurzfristig verreist. Ich musste mit Jonny vorliebnehmen und war nicht sicher, ob ein halbes Duo für eine ganze Geschichte genügen würde. Darum war ich zuerst enttäuscht. Dann überrascht. Und am Ende begeistert.
Während unseres Gesprächs hatte Jonny mehr Einblick gewährt, als es in einem Doppelinterview möglich gewesen wäre. Er hatte einen Spaltbreit die Tür zu seinem Innern geöffnet und erzählte vom streng christlichen Elternhaus, in dem er aufgewachsen war. Vom moralischen Zeigefinger, unter dem er gelitten hatte. Vom chronisch schlechten Gewissen. Vom Drang, sich zu übernehmen bis zur totalen Erschöpfung. Er hatte nicht mehr erzählt als nötig. Aber gerade genug, um mich neugierig zu machen. Denn an jenem Mittag im November 2018 beschlich mich das vage Gefühl, dass sich hinter diesem humorvollen, intelligenten und eloquenten Menschen ein Abgrund auftat.
Ohne zu wissen, was auf mich wartete und ob daraus am Ende tatsächlich ein Buch entstehen würde, fragte ich Jonny, ob er die Tür noch etwas weiter aufstossen und mir seine ganze Geschichte erzählen würde. Er war einverstanden.
Über ein Jahr lang führte mich Jonny durch sein Leben und zeigte mir Räume, deren Türen für Aussenstehende seit Jahren verschlossen und verriegelt gewesen waren. Aus gutem Grund. Dahinter verbargen sich Ereignisse, die für ihn selbst Jahre später nur schwer zu verarbeiten waren. Jonnys Vater war Gründer und selbsternanntes Oberhaupt einer radikalen Glaubensgemeinschaft und hat seinen Sohn Jonathan psychisch misshandelt. Der extreme Glaube im Elternhaus führte zu einem Trauma, an dem Jonny beinahe zerbrochen wäre. Und mit ihm Divertimento.
Mit jedem Treffen gewann ich mehr Klarheit: Jonnys Lebensgeschichte war Stoff für ein Buch. Allein schon deswegen, weil es fast schon an ein Wunder grenzt, dass aus dem versehrten Sektenjungen Jonathan der populäre Künstler Jonny Fischer werden konnte. Ein Mensch, der in einem langwierigen Prozess wieder Vertrauen gewonnen hat in sich und das Leben. Seine Geschichte zeigt, dass die Versöhnung mit sich selbst ein Weg sein kann, ein schlimmes Trauma zu überwinden. Diese Erkenntnis führte zur Gewissheit: Jonny Fischers Biografie musste niedergeschrieben werden. Hier ist sie.
Angela Lembo-Achtnich, im Frühling 2021